Polt - die Klassiker in einem Band
angestellt?“
„Ich war immer als Gast geladen.“
„Und als der Herr Hahn tot war, hast du dich selbst eingeladen, oder wie?“
Bartl lächelte verschwörerisch. „Hab ich. Schlau, nicht wahr? Und niemand hat mich fortgejagt.“
„Haben diese Leute Angst vor dir, weil du vielleicht etwas Schlimmes über sie weißt?“
„Alles weiß ich.“
„Was zum Beispiel?“ Bartl schwieg. „Sag einmal, so unter uns Männern“, fuhr Polt fort, „was ist denn die Grete Hahn für eine?“
„Der dürfen Sie nichts tun! Die hat nie mitgelacht, wenn die anderen gelacht haben.“
„Aber der Herr Swoboda und der Herr Pahlen, die haben gelacht, oder wie?“
„Jetzt lachen sie nicht mehr so viel.“
„Also glaubst du, daß einer von denen dir eins über den Kopf gegeben haben könnte?“
Bartl tastete nach dem Verband. „So etwas tun bessere Herrschaften nicht.“
„Aber wer sonst?“
„Vielleicht doch einer von denen, weil sie ja nichts mehr zu lachen haben.“
„Und was hast du so spät am Abend am Fußballplatz gesucht?“
„Dort ist doch der Hintereingang vom Stelzer.“
„Und?“
„Da stehen die Kisten mit den leeren Flaschen, aber ganz leer sind sie nie.“
„Ich verstehe. Und du warst jeden Abend dort?“
„Ich darf doch nichts verkommen lassen.“
„Ja dann! Gute Besserung.“ Der Gendarm stand auf.
„Wollen Sie nichts mehr wissen von mir?“
„Nein“, brummte Polt. „Du sagst es mir ja doch nicht.“ Dann rief er aus dem Verwaltungsbüro des Krankenhauses seine Dienststelle an, berichtete kurz und erfuhr, daß Inspektor Kratky mit einigen Leuten in Burgheim eingetroffen war und dringend mit ihm sprechen wollte. Eine Stunde später saß ihm Polt gegenüber.
„Wie geht es dem Herrn Bartl?“ fragte der Kriminalbeamte aus Wien.
„Gar nicht so übel, den Umständen entsprechend. Andererseits war er noch nie so nüchtern. Das macht ihm schwer zu schaffen.“
„Sein Problem. Jedenfalls werden die Herren Swoboda und Pahlen noch interessanter für mich. Wir haben uns in Wien ein bißchen umgetan, und ich sage Ihnen, mein lieber Herr Polt, da stimmt mich so manches ziemlich nachdenklich. Dieser Florian Swoboda zum Beispiel und seine sylphidenhafte Angetraute. Ich war in ihrer Wohnung: Zimmer, Küche, Kabinett in der Nähe des Südbahnhofs. Ein desolates Zinshaus, Armeleutegeruch, wenn Sie wissen, was ich meine.“
Simon Polt schaute überrascht hoch.
Kratky blätterte in seinen Notizen. „Gut, nicht? Aber es kommt noch besser. Swobodas Haus in Burgheim gehört einem Herrn, der Ihnen vertraut sein dürfte.“
„Albert Hahn?“
„Exakt. Auch der teure Geländewagen ist nur geliehen.“
„Und was hat Swoboda zu den gelockerten Ziegeln im Keller gesagt?“
„Da hat er sich ganz gut herausgeredet. Manchmal hätten Hahn und er als freundschaftlich verbundene Weinkenner Flaschen ausgetauscht, und das sei eben durch ein Loch in der Trennmauer am bequemsten gewesen. Zwischendurch wurde es wieder mit Ziegeln verschlossen, damit man sich gegenseitig nicht störte.“
„Und dieser Pahlen? Was ist mit dem?“
„Da liegen die Dinge anders. Er führt ein ganz normales Leben, das zu seinem Einkommen paßt. Sein einziges Problem ist die Geisha Bar.“
„Wie bitte?“
„Sie haben mir doch von den eigenartigen Umständen erzählt, unter denen der junge Hackl in Wien festgenommen wurde, als er mit Albert Hahn zusammenkrachte.“
„Und das war womöglich in dieser Geisha Bar?“
„Aber ja doch.“ Kratky strich mit einer affektierten Handbewegung über sein schütteres Haar. „Dieses Nachtlokal ist eigentlich ein Relikt aus einer Zeit, in der die Branche noch so etwas wie sündhafte Unschuld kannte. Da konnten biedere Familienväter in den besten Jahren wohlig schaudernd in die Abgründe des Lasters blicken und anderntags ihr schlechtes Gewissen in die unerbittlich strenge Erziehung der Nachkommen investieren. Sei’s drum. An sich ist nicht mehr viel los in der Geisha Bar: Ein letzter Stammgast, weit über sechzig, harrt noch aus, trinkt Früchtetee mit mütterlichen Schönen der Nacht und plaudert mit ihnen über alte Zeiten. Dann und wann verirren sich ein paar Betrunkene in die Bar, oder ein pickeliger Student kommt herein, der es einmal ganz verrucht haben will. Gegen Mitternacht rückt dann eine der Damen ihr Teehäferl zur Seite und begibt sich auf die kleine Bühne, um sich sichtlich gelangweilt auszuziehen. Anschließend bestellt der Stammgast Sekt, greift einer der
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