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Polt muss weinen

Polt muss weinen

Titel: Polt muss weinen
Autoren: Alfred Komarek
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recht«, sagte Swoboda leichthin. »Sie sollten eben nicht die Ehre sittsamer Weiber in Frage stellen.«
    »Also was ist jetzt?« beharrte Polt.
    Swoboda ließ die Schultern hängen und wurde übergangslos ernst. »Glauben Sie nicht, Herr Inspektor, daß die Grete und ich jemals Lust daran gehabt haben, und es ist ja auch immer nur passiert, wenn wir beide stockbesoffen waren. Da gibt es ein Gedicht von Theodor Kramer. Warten Sie… >Sommer in Bayswater< ist der Titel… ich schleich mich zu dir, aber nicht um zu ruhn, / ich lehr dich, was käufliche Weiber nur tun…«
    »Kramer?« Polt grübelte. »Der war doch aus einer Weingegend?«
    »Niederhollabrunn.« Swoboda lächelte versonnen. »Gedichte sind sonst nicht meine Sache. Aber der Kerl liest sich wie schwerer Wein. Lassen wir das.«
    »Wie ist das mit Bruno Bartl? Hat er von Ihnen und Frau Hahn gewußt?«
    »Jetzt fangen Sie schon wieder an, mich zu ärgern. Dieser Mensch hat sich doch längst das Hirn weggesoffen. Ein lebender Leichnam mit recht spaßigen Halluzinationen. Lassen Sie mich mit dem in Frieden. Aber der liebe Albert hat uns eines Tages dabei erwischt.«
    »Und?«
    »Und! Und! Erst hat er herzlich gelacht, dann wollte er, daß wir weitertun. Ich habe natürlich nicht mehr gekonnt, da hat er mich in den nackten Arsch getreten und mich mit dem Fuß auf ihr niedergehalten. Als ich es endlich schaffte wegzurennen, stieß er die Grete über die Stiege hinunter. Den Rest wissen Sie vermutlich schon von ihr.«
    »Ja. Und Sie haben ihr nicht geholfen?«
    »Wie denn? Ich konnte doch kaum noch stehen, so blau war ich.«
    »Zum Rennen hat’s aber gereicht.«
    »Vielleicht sollten Sie noch wissen, heldenhafter Hüter der Gesetze, daß ich nicht nur ein Angeber, sondern auch noch ein Feigling bin.«
    »Gut. Und was hat Ihnen der Bartl getan?«
    »Nichts, in Dreiteufelsnamen.«
    »Kommen wir auf Albert Hahn zurück. Spätestens seit dem Tritt in den Arsch haben Sie ihn ja nicht mehr wirklich geliebt, oder?«
    »Ich lasse Sie einen weiteren Blick in die Abgründe meiner schwarzen Seele tun: Einerseits juckte es mich ordentlich in den Fingern, dieses Aas um die Ecke zu bringen, andererseits hat er schon am nächsten Tag kein Wort mehr über die leidige Angelegenheit geredet und mich mit einem schönen Batzen Geld verwöhnt.«
    »Weiß Ihre Frau davon?«
    »Lassen Sie die gefälligst aus dem Spiel.«
    »Da fällt mir etwas ein: Angenommen, Bruno Bartl hätte die Ereignisse damals ja doch mitgekriegt und - noch einmal angenommen - bei Ihnen den Verdacht erweckt, er könnte irgendwann Ihrer Frau davon erzählen. Sie und Bibsi, ihr liebt einander doch, wie? Wäre das nicht ein recht passabler Grund gewesen, eine in Ihren Augen für die Menschheit ohnehin entbehrliche Existenz auszulöschen?«
    Florian Swoboda schwieg. Mit ruhiger Hand goß er sein Glas voll, wollte trinken, schob es dann aber von sich und sagte: »Bingo.«
    »Womit?«
    »Mit einem ordentlichen Holzscheit, das im Hof vom Stelzer gelegen ist. Ich hab’s dann in den Bach geworfen. Irgendwie scheint auch mit meiner Verbrecherkarriere etwas nicht zu stimmen: Statt die Welt von Albert Hahn zu befreien, habe ich einen elenden Säufer erschlagen.«
    »Nicht einmal das.«
    »Was sagen Sie da? Er lebt?«
    »Ja. Einigermaßen. Zu trinken hätte er halt gern.«
    »Darauf, Herr Gendarm, wollen wir anstoßen. Außerdem muß die Bibsi jetzt wenigstens nicht mehr lügen wegen mir.«
    »Ich habe Sie immer für einen völlig uninteressanten Menschen gehalten«, sagte Polt langsam, »aber als Verlierer sind Sie gar nicht so übel.«
    »Bin ich doch.« Swoboda grinste verschwommen. »Der arme Bartl.«
     
    Der Anfang vom Ende
     
    Üblicherweise nahm Polts Kater Czernohorsky Beweise menschlicher Zuwendung huldvoll und ohne nennenswerte Reaktion entgegen. Manchmal, und das geschah sehr selten und ohne erkennbaren Anlaß, fand er es aber auch angebracht, von sich aus seinen Gastgeber und Mitbewohner mit Innigkeit und Nähe zu beschenken. Dann plazierte er sein ausladendes Hinterteil auf Polts Knien, stemmte die Vorderpfoten besitzergreifend in dessen Bauch, schnurrte heftig und legte hemmungslose Hingabe in den Blick seiner bernsteinfarbenen Augen.
    Am Abend des Tages, an dem Florian Swoboda verhaftet wurde, war es wieder einmal soweit. Der Gendarm kraulte das Tier sorgfältig, wenn auch ein wenig unkonzentriert hinter den Ohren. »Eigentlich müßte ich recht zufrieden sein, mein lieber Herr Kater. Kratky ist mit einem
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