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Pommes rot-weiß

Pommes rot-weiß

Titel: Pommes rot-weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Güsken
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Neapel.
    Als ich mich auf das Bett hockte, knirschte es unter meinen Füßen. Auf dem Boden lag ein zerbrochener Bilderrahmen. Das Foto war brutal herausgerissen worden und ein Teil steckte noch darin. Der Kopf auf dem Bild war skalpiert worden.
    Es war eindeutig nicht Henks Kopf. Der winzige Rest Papier zeigte mehr Haar, als Henk jemals besessen hatte. Es war auch kein Rahmen für eigene Porträts, sondern einer für den Nachttisch mit einem ausklappbaren Fuß auf der Rückseite. Solche Bildhalter waren für das Foto der Ehefrau gedacht, da man es zur Wand drehen konnte, wenn eine andere zu Besuch war.
    Wie ich Henk kannte, hatte er ein Bild von seiner Babsi in dem Rahmen aufbewahrt. Die beiden Italiener hatten ihr Bild wahrscheinlich aber nicht an sich genommen, weil sie ihr Typ war. Bei aller Unhöflichkeit hatten der parfümierte de Niro und sein Killer mit der Gottesmutter auf dem Arm mir offenbar abgekauft, dass ich keine Ahnung hatte, wo er steckte. Also versuchten sie es bei seiner Freundin. Babsi war aus ihrer langjährigen Praxis mit Serienmorden sicher einiges gewohnt, aber ich war mir nicht sicher, ob sie sich einen kleinen Witz verkneifen konnte, wenn er gerade nicht recht passte.
    Ich musste sie warnen.
    »Barbara Bonneck. Sie können nach dem Piepton eine Nachricht hinterlassen«, informierte mich der Anrufbeantworter. »Sollte etwas Dringendes sein, dann erreichen Sie mich in der Leichenhalle der Uniklinik. Aber keine Sorge, mir geht es gut.«
    Ich hoffte, dass das wirklich der Fall war. Als ich auflegte, fiel mein Blick auf Henks Aquarium. Ein riesiger Klotz aus Wasser und Glas mit wild wuchernden Wasserpflanzen darin und einem hässlichen Taucher aus Plastik, von dessen Helm Luftblasen aufstiegen. Sonst regte sich nichts. Wo war der Schwarm bunter Neonfische, auf den Henk so stolz war, seine lebend gebärenden Zahnkarpfen, schwarze, mollige Dinger, und die siamesische Saugschmerle, die ich ihm geschenkt hatte?
    Sie alle und noch einige andere Bewohner des künstlichen Gewässers trieben mit dem Bauch nach oben an der Oberfläche. Einige waren bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, weil sie als Erste verendet waren und ihren hinterbliebenen Artgenossen als Nahrung gedient hatten. Henk, der die meisten von den Viechern mit Namen gekannt hatte, würde das einen Schock versetzen.
    Die zwei stumpfen Typen, deren Leben darin bestand, für ihren Chef Leute zusammenzuschlagen, bevor sie sie abknallten, waren nicht dumm. Ohne es zu wissen, hatten sie Henks wunden Punkt gefunden: seine Fische. Besser konnten sie ihm nicht klar machen, dass sie nicht zu Scherzen aufgelegt waren. Nur damit du siehst, wie es kleinen Fischen ergeht, wenn sie sich mit den großen anlegen, teilten sie ihm mit.
    Ich starrte die silbrig schimmernden Fischleichen an. Unschuldige kleine Geschöpfe, die niemandem etwas zuleide getan hatte. Man konnte nur hoffen, dass der Schlamassel, den mein Partner sich eingebrockt hatte, dieses Opfer wert war.
     
     
    Bei mir zu Hause gab es kein Aquarium. Hin und wieder verschafften sich Mäuse Zutritt zur Wohnung und fraßen sich durch meine Schränke. Mein Vermieter, den ich um Hilfe in dieser Angelegenheit gebeten hatte, hatte sich kurzerhand auf die Seite der Nager geschlagen und behauptete, dass sie für ihn keine Schädlinge seien, sondern Haustiere.
    Diesmal fand ich eine draußen vor der Türe. Sie war schon hart und jemand hatte sie in die Zeitung von heute eingewickelt und auf meine Fußmatte gelegt. Für mich bestand kein Zweifel daran, dass es die Fischmörder gewesen waren. Offenbar hatten sie kürzlich einen Mafia-Film im Kino gesehen und glaubten jetzt, mir mit dieser Art von Botschaft Angst einjagen zu können: Die Katze sagt der Maus, ich weiß, wo du wohnst. Also glaube nicht, du kannst ihr entkommen.
    Ich warf die Zeitung mitsamt Inhalt in den Mülleimer. Wenn die wirklich glaubten, dass sie mich mürbe machen konnten, dann lagen sie damit gar nicht so falsch.
    Als das Telefon klingelte, zuckte ich zusammen. Der Hörer rutschte mir aus der Hand und hätte beinahe die Fensterscheibe eingeschlagen.
    Martens senior war dran. »Wie kommen Sie in dem Fall voran?«
    »Ganz gut«, sagte ich automatisch und zerbrach mir dabei den Kopf, welchen Fall er meinte. Henk und seine Verfolger waren im Moment wichtiger. »Leider habe ich noch nichts Konkretes für Sie.«
    »Haben Sie meinen Scheck erhalten?«
    Über die blöde Maus in der Zeitung hatte ich meine andere Post ganz vergessen. Ich

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