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Pommes rot-weiß

Pommes rot-weiß

Titel: Pommes rot-weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Güsken
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Nasentropfen nicht dabei«, gab Tilo zu bedenken.
    »Sie können hier auch was anderes trinken«, erklärte ich.
    »Na gut. Einen heißen Tee, bitte. Kamillentee.«
    »Tut mir Leid.« Das Mädchen verdrehte die Augen. »Wir sind hier nicht die Uniklinik.«
    »Dann einen Zitronentee. Aber ohne Zucker, bitte.«
    »Also wie war das mit dem ersten Mord?«, wollte ich wissen.
    »Es ist drei Wochen her. Ich kam abends nach Hause. In Kims Teil der Wohnung war Licht, also glaubte ich, dass sie zu Hause sei.«
    »Ihre Schwester.«
    »Mit ihr wohne ich zusammen. Weil mein Vater meint, sie könne auf mich aufpassen.« Er grinste selbstmitleidig und zog die Nase hoch. »Im Flur war kein Licht. Ich trat ein, und noch bevor ich den Lichtschalter gefunden hatte, stolperte ich über etwas Weiches. Es waren zwei Beine, die Beine eines Mannes, der in einen gelben Sack eingeschnürt war.«
    »Also haben Sie das Gesicht des Mannes gar nicht sehen können.«
    »Ich habe nur seine Beine gesehen, weil die Plane aufging, als ich darüber fiel. Und dann hörte ich Schritte – ich habe gemacht, dass ich wegkam. Eine Woche später habe ich Blutflecken im Bad entdeckt und einen Revolver gefunden.«
    »Den haben Sie dann Ihrem Vater anvertraut.«
    »Weil er mir nicht glauben wollte! Mit dem Ding hatte ich etwas Handfestes. Aber er wollte das Blut sehen und das war plötzlich nicht mehr da.«
    »Wieso glaubten Sie, der Tote sei Hendrix?«
    »Ich dachte, er ist es… wer sollte es denn sonst sein? Ich hatte seinen Wagen auf der Straße gesehen, direkt vor dem Haus geparkt. Und dann das Licht in der Wohnung. Er besaß einen Schlüssel. Es war nicht das erste Mal, dass er eine Nacht dort verbrachte, auch wenn Kim nicht da war.«
    »Was hat Ihre Schwester dazu gesagt?«
    »Nichts. Sie hat mich ausgelacht. Aber das tut sie immer. ›Das hättest du wohl gerne‹, hat sie gemeint.«
    »Und, hätten Sie’s gerne?«
    »Er ist mir nicht gerade sympathisch. Ein Angeber. Genau das Richtige für Kim.«
    »Mit ihr verstehen Sie sich also auch nicht besonders.«
    Tilo schniefte. »Im Grunde ist sie ein netter Kerl. Sie zeigt es nur nicht so.«
    »Nehmen wir also an, jemand will Sie reinlegen. Dann stellt sich die Frage, wem es etwas bringen würde, wenn Sie als Idiot dastehen. Bedenken wir auch, dass es Hunderte von Möglichkeiten gibt, einen Mann lächerlich zu machen.«
    Tilo nickte bestätigend und entfaltete eins von seinen bereits benutzten Taschentüchern. Zu spät bemerkte er, dass er die falsche Seite angefasst hatte.
    Ich reichte ihm ein unbenutztes. »Was dich angeht«, dachte ich, »gibt es Tausende.«
    »Wieso versucht er das ausgerechnet mit eingebildeten Leichen?«
    Er nahm einen Schluck aus der Tasse, die inzwischen vor ihm stand, und verzog den Mund. »Der Tee ist sauer.«
    »Kein Wunder«, sagte ich. »Ist ja auch kein Zucker drin.«
    »Ich habe sie mir nicht eingebildet«, widersprach Martens. »Mit meinen eigenen Augen habe ich die Toten gesehen. Damals den im Flur und heute den in meinem Bett.«
    »Also gut, stellen wir das zurück.« Ich hob beschwichtigend die Hände. »Können Sie sich irgendjemanden denken, der Ihnen was anhängen will? Sind Sie einem auf die Füße getreten?«
    Tilo Martens hatte sich den Rotz von den Fingern gewischt und nahm einen davon, um auf mich zu zeigen. »Heißt das, dass Sie mir jetzt glauben?«
    In seinen vom Schnupfen geröteten Augen lag Erwartung, aber ich bemerkte auch einen Anflug leichter Enttäuschung, wie bei einem leidenschaftlich Leidenden, der sich auf die ärztliche Nachricht vorbereitete, dass ihm jetzt nichts mehr fehlte.
    »Ob ich Ihnen glaube, ist nicht die Frage«, wich ich aus. »Ihr Vater hat mich beauftragt, herauszufinden, wieso ihn eine seltsame schwarze Gestalt terrorisiert, und dabei die Vermutung geäußert, dass diese Gestalt etwas mit Ihnen zu tun hat. Also versuche ich…«
    »Die Vermutung geäußert!«, äffte er mich nach. »Die Vermu-« Er holte ausgiebig Luft, ließ langsam den Mund aufklappen, dass ich Sorge hatte, er würde ersticken. Dann, völlig unvorbereitet wie ein atomarer Erstschlag, traf mich sein gewaltiger Nieser. Der Boden vibrierte, der Kellnerin, die am mindestens fünf Meter entfernten Tresen stand, fiel ein Glas aus der Hand und in den Tabakschwaden hingen noch für ein paar Augenblicke Kondenströpfchen.
    »Dann unterhalten Sie sich doch mit meinem Vater«, stieß er mit nasaler Stimme hervor. »Der kann Ihnen immer alles ganz genau sagen.«
    Wenigstens

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