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Pommes rot-weiß

Pommes rot-weiß

Titel: Pommes rot-weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Güsken
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Thriller, mein Lieber, ist das Einzige, was überleben wird.«
    »Überleben? Wen?«
    »Shakespeare hat nichts anderes als Thriller geschrieben. Sehen Sie sich seine Stücke an. Sehen Sie genau hin. Was glauben Sie denn, was Macbeth ist?«
    Da er in seinem Element war, war ich vorsichtig. »Ein Thriller«, schlug ich vor.
    »Bei Macbeth ist bei mir der Groschen gefallen. Das war wie eine Offenbarung. Der Mord an König Duncan, Hexen, dunkle, böse Gestalten, der blutige Dolch – das ist der Stoff, aus dem die Thriller sind! Damals habe ich mir gesagt: ›Wenn man Theater im Film zum Thriller machen kann, wieso nicht Thriller vom Film auf die Bühne bringen?‹ Also habe ich mir erst mal ein paar Hitchcock-Klassiker vorgenommen. Psycho schlug ein wie eine Bombe. Dann kam – Moment mal…«
    »Zu Weihnachten Die Rückkehr der reitenden Leichen. Wegen der enorm großen Nachfrage.«
    »Genau. Dann Alien und Terminator II. Der ist nicht ganz so gut gelaufen. Für nächstes Jahr habe ich mir Das Schweigen der Lämmer vorgenommen.«
    »Dann sind Sie also so etwas wie ein Pionier auf Ihrem Gebiet.«
    Kasolasko grinste siegessicher. »Immerhin sind wir eine brauchbare Alternative zur endlos gackernden Comedy und in Plastikfolie verpackten Musicals von der Stange. Diese Sachen laufen doch nur weiter, weil sie keinen Abstellknopf haben.«
    »Noch nie daran gedacht, etwas weniger Blutrünstiges zu machen als reitende Leichen?«
    »Wissen Sie, was mir neulich noch gekommen ist?« Kasolasko sah träumerisch dem Qualm seiner Zigarette nach. Dann malte er mit seinem Arm etwas in die Luft. »Man könnte Schimanski oder Derrick als Oper bringen. So richtig getragen, in Versform und mit viel Herzschmerz. Ich kenne einen, der mit Musik in dieser Richtung experimentiert. Das könnte den Spielplan der Weinstube sensationell bereichern.«
    »Endlich eine Weinstube, in der wirklich geweint wird.«
    »Aber mein Ding ist das nicht. Mein Anliegen ist der Special Effect. Da kannst du alles auf der Bühne machen. Du fühlst dich wie Michelangelo. Die Duschszene in Psycho, das ist für den Thriller dasselbe wie die Sixtinische Kapelle für die Kunstgeschichte.«
    »Tja, das ist echt interessant. Aber ich glaube, ich werde dann jetzt…«
    »Die meisten denken nur an Blut, zerschmetterte Schädel und Hirnflüssigkeit. Igitt! Damit wollen sie nichts zu tun haben. Aber ich sage Ihnen, auf diesem Gebiet kann man eine Menge machen. Ein glaubwürdiges Gemetzel auf der Bühne, das ist eine Kunst, die es in sich hat…«
    Wenn ich ihn ließ, würde er bis morgen weiterreden. Ich wusste nicht so recht, wie ich ihn stoppen sollte.
    Gerade in diesem Moment öffnete sich die Tür.
    »Sag mal, willst du eigentlich die ganze Nacht weiterquatschen? Ich dachte, du kommst irgendwann ins Bett.«
    Das also war Maren. Die Rothaarige aus dem Theatercafé. Jetzt hatte sie winzige verschlafene Augen und trug nichts weiter als ein Handtuch, das von den Ausmaßen her eher zum Taschentuch als zum Kleidungsstück taugte.
    »Wir reden gerade«, erklärte Kasolasko vorwurfsvoll.
    Ich lächelte Maren an. »Er kommt jetzt. Ich bin so gut wie weg.«
    Sie wartete.
    »Also gut«, motzte Kasolasko. »Okay, ich komme.«
    Die Rothaarige ließ ihr Handtuch fallen und verzog sich wieder ins Bett.
    »Also dann«, grinste Kasolasko. »Ich sehe gerade, ich habe Ihnen noch gar nichts zu trinken angeboten…«
     
     
    Es war längst nach drei Uhr, als ich in meine Wohnung stolperte. Den Wagen hatte ich nicht wieder gefunden und zu dieser späten Stunde waren selbst die ausgetretenen Gässchen der Altstadt wie ausgestorben, so dass ich niemanden nach dem Weg hatte fragen können.
    Kasolasko, den ich jetzt Rudi nannte, hatte mir irgendein portugiesisches Gesöff aufgedrängt, das einen außer Stande setzte, den eigenen Flur entlang zum Schlafzimmer und ins Bett zu tappen. Glücklicherweise hatte ich einen Anrufbeantworter, dessen freundliches Blinken mir als Leuchtfeuer diente. Zum Dank rief ich den Anruf ab, den er auf dem Herzen hatte.
    »Das ist mal wieder typisch«, beschwerte sich eine Stimme, die ich seit Ewigkeiten nicht mehr gehört hatte. »Du treibst dich rum und bist nicht zu erreichen, wenn man dich braucht. Also hör zu: Ich bin ein Riesenidiot, auf deinen Anrufbeantworter zu sprechen, aber ich habe keine andere Wahl. Die Sache ist die: Es gibt da eine Frau, der ich voll vertraut habe. Selber schuld. Jetzt hat sie mich reingelegt und ich sitze ziemlich in der Scheiße. Tja,

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