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Pommes rot-weiß

Pommes rot-weiß

Titel: Pommes rot-weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Güsken
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ausgeschnittene Artikel über skandalöse Verhältnisse. Aufrufe, Schuldzuweisungen, Sammlungsbefehle. Witze mit politisch korrekter Pointe, über die man nicht lachen musste, sondern die einem zu denken gaben.
    Als ich halbwegs trocken zurückkehrte, saßen drei Leute in der Küche. Mannie Gerresheim trug eine weinrote Hose und ein giftgrünes Hemd, als wollte er die Farblosigkeit der Berufskleidung in seiner Freizeit wettmachen.
    »Mich können Sie damit nicht täuschen«, sagte ich.
    Mannie grinste. »Ach komm, jetzt hör doch auf, Mann!«
    »Sie haben mich gestern in der Altstadt überfallen und…«
    »Mann, seh ich vielleicht so aus, als hätte ich jemanden überfallen?« Er breitete die Arme aus wie ein Pfarrer, der die Gemeinde zum Gebet rief. Jetzt sah er wirklich nicht mehr so aus.
    »Ich wüsste schon, wer Sie verprügelt haben könnte«, sagte Melanie und stellte mir eine Tasse Kaffee hin.
    »Na endlich«, freute ich mich.
    »Roch der Mann nach Schweiß?«
    »Was?«
    »Hatte er Schweißgeruch?«
    »Wieso?« Ich schnüffelte in Mannies Richtung und erntete von ihm einen wütenden Blick.
    »Wenn ja, dann war es der Gorilla Ihres Auftraggebers.«
    »Schrader heißt der Mann«, erklärte Alf. »So viel haben wir schon rausgekriegt.«
    »Wir?«
    »Die Aktionsgruppe Mölling. Wir sorgen dafür, dass der Mord an ihm nicht vertuscht und vergessen wird.«
    »Und deshalb spuken Sie vor seinem Grundstück herum?«
    »Buh!«, machte Mannie.
    »Wir spuken nicht«, dozierte Alf herablassend. »Es handelt sich um eine gewaltfreie Aktion mit Symbolcharakter, die darauf abzielt, Schuldgefühle in der Person des Schuldigen zu mobilisieren und als Selbstzerstörungskräfte gegen denselben zu nutzen. Lesen Sie Gandhi. Lesen Sie Helferich.«
    »Helferich?«
    »Ernst Helferich, ein Soziologe, der zu Anfang dieses Jahrhunderts hier im Viertel gelebt hat, der aber bis Ehrenfeld und Nippes bekannt war. Er hat sich besonders mit…«
    »Schon gut«, unterbrach ich ihn. »Ersparen Sie mir Ihre Diplomarbeit.«
    »Dieser Schrader ist gefährlich«, meinte Melanie ernst. »Das ist ein Mörder, den müsste sich einer vornehmen.«
    »Was meinen Sie mit vornehmen?«, erkundigte ich mich vorsichtig. »Zusammenschlagen, entführen oder abknallen?«
    Sie zog eine mitleidige Grimasse. »Klar, dass Sie mir jetzt mit Recht und Ordnung kommen. Bei so einem nehmt ihr es immer ganz genau.«
    »Das kommt ganz drauf an«, widersprach ich. »Wenn der Preis stimmt, bin ich dabei. Ich verhökere mich immer an den Meistbietenden.« Ich stand vom Tisch auf. »Danke für den Kaffee.«
    »Was werden Sie jetzt unternehmen?«, fragte Melanie.
    Während ich meine nasse Sommerjacke überstreifte, trat ich vor das schwarze Brett neben der Tür und ließ einen kurzen Blick über Zeitungsausschnitte und Kampfparolen schweifen.
    »Ich werde meinem Auftraggeber raten, seine Selbstzerstörungskräfte zu pflegen, und dafür eine Menge Geld kassieren. – Wer ist das?« Ich deutete auf ein Foto zwischen den Schnipseln.
    »Das ist Marius«, erklärte Melanie, die neben mich getreten war. »Keine sechs Wochen, bevor er…«
    »Nein, ich meine den Mann neben ihm.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Irgendein Freund oder Kollege.«
    Ich tippte auf Freund, nicht nur, weil die beiden so lässig und ungezwungen in die Kamera lächelten. Mölling hatte sogar den Arm um die Schulter des anderen gelegt. Außerdem kannte ich den Mann. Das ungewohnte Outfit – Jeans, Lederjacke und Sonnenbrille – machten mich zunächst unsicher und ließen mich näher herantreten, um genau hinzusehen. Dann hatte ich keinen Zweifel mehr: Möllings Freund hieß Heino Hendrix.

14
     
     
     
    Als ich nach Hause kam, war es schon nach fünf, aber der Tag hätte ebenso gut schon um drei zu Ende gewesen sein können. Es war längst dunkel, aber nicht, weil der Abend nahte, sondern weil die Sonne sich gesagt hatte, dass sie bei der alltäglichen trüben Suppe auch daheim bleiben konnte.
    Ich fand die Wohnungstür offen vor und war sofort auf der Hut. Auf Zehenspitzen schlich ich hinein und knipste kein Licht an.
    »Henk«, flüsterte ich in das Dunkel. »Bist du das?«
    Es herrschte ein seltsamer Geruch. Er war unangenehm, abgestanden und doch aggressiv beißend, trotzdem konnte ich ihn nicht sofort identifizieren. Als es mir gelang, war es zu spät.
    Direkt neben mir atmete jemand. Mir wurde schlecht.
    »Ich hab doch jesacht, du solls irjenzwo anders schnüffeln!«
    »Was wollen Sie

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