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große geometrische Formen überall, doch
     jetzt ersterben die Muster unerklärlicherweise, bis nur noch drei kleine Linen mit jeweils drei Klecksen übrig sind, die erst
     horizontal und dann vertikal aufblinken,
ad infinitum
. Es erscheint mir richtig, hier
ad infinitum
zu sagen, denn wir wissen aus Erfahrung, dass solche Muster die letzte Position des aktuellen Spiels darstellen. Sie werden
     sich nicht mehr weiter verändern.
    «Es ist ein Code», sagt meine Großmutter schließlich. «Ein Code, von dem er glaubt, dass du ihn knacken wirst.»
    «Aber das kann ich nicht   …»
    «Jetzt natürlich noch nicht. Aber vielleicht später, wenn du erwachsen bist. Du weißt doch, dass du all seine Papiere erben
     wirst, wenn er stirbt?»
    Ich nicke stumm, obwohl ich das keineswegs wusste.
    «Er glaubt, dass du den Code einmal entschlüsseln wirst, wenn du das willst, und dann kannst du deine eigene Entscheidung
     treffen, was du damit anfängst. Für ihn ist das eine schwierige Situation. Er will auf keinen Fall, dass der Schatz gehoben
     wird, gleichzeitig möchte er aber zu gern als derjenige in die Geschichte eingehen, der das Stevenson-Heath-Rätsel gelöst
     hat. Vielleicht ist der Fundort ja eines Tages kein Vogelschutzgebiet mehr, oder vielleicht willst du den Schatz auch gar
     nicht selber heben, sondern gibst die Koordinaten an die archäologische Abteilung einer Universität weiter, die dann eine
     richtige Ausgrabung organisiert   …»
    «Warum macht er das nicht?»
    «Weil er Universitäten hasst.»
    «Ach ja.» Wir lächeln beide.
    «Vielleicht gibt es auch irgendwann wieder Krieg, oder du kommst eines Tages in die Lage, dass du nicht mehr alles hast, was
     du zum Leben brauchst. Dann ist der Schatz da, und du hast den Schlüssel dazu. Es bleibt dir überlassen, was du damit tust.»
    «Außer es gibt gar keinen Schatz», sage ich probehalber. Ich habe darüber nachgedacht, dass mein Großvater meinte, das Stevenson-Heath-Manuskript
     könnte auch eine Fälschung sein. Selbst wenn es Francis Stevenson tatsächlich gab, was ja den Beweisen nach nicht bezweifelt
     werden kann, kann das Manuskript doch eine Fälschung sein.
    Meine Großmutter nickt. «Außer es gibt keinen Schatz», bestätigtsie. «Aber das spielt dann eigentlich auch keine Rolle mehr. Dein Großvater hat das Rätsel gelöst, das ist es, was er der
     Welt gern mitteilen würde.»
    «Und die Lösung steht tatsächlich hier in meinem Medaillon?», frage ich.
    «Ja.»
    «Kennst du sie?»
    «Nein.»
     
    Nach endlosen Stunden voller Toast und Langeweile kennen wir jetzt die genaue Anzahl der Wörter und Buchstaben auf jeder Seite
     des Voynich-Manuskripts. Doch jetzt verlangt mein Großvater, dass ich all diese Zahlen in ihre Primfaktoren zerlege. Ich wusste
     gar nicht, wie kompliziert die Sache mit den Primzahlen eigentlich ist, bis er mir zum ersten Mal die Primfaktorzerlegung
     erklärt. Jede Zahl, erfahre ich, ist entweder selbst eine Primzahl oder lässt sich als Produkt von Primzahlen ausdrücken,
     weswegen man die Primzahlen auch als Bausteine des Universums bezeichnet. Die Zahl 2 ist eine Primzahl, ebenso wie die 3,
     die 5, die 7, die 11, die 13, die 17 und die 19 und so weiter, bis hin zur Unendlichkeit (besser bekannt als Aleph Null).
     Eine Primzahl lässt sich durch keine andere ganze Zahl außer 1 und sich selbst teilen. Folglich ist 4 keine Primzahl, weil
     sie aus 2 ⅹ 2 besteht. Die Zahl 361 setzt sich aus 19 ⅹ 19 zusammen, also 19 2 . Die Zahl 105 besteht aus den Primzahlen 3 ⅹ 5 ⅹ 7.   Die Zahl 5625 setzt sich aus 3 2 und 5 4 zusammen oder aus 3 ⅹ 3 ⅹ 5 ⅹ 5 ⅹ 5 ⅹ 5.
    Wenn wir diese Daten für sämtliche Seiten des Voynich-Manuskripts beisammen haben, kann mein Großvater es offenbar besser
     analysieren. Er hat natürlich schon die ganze Zeit alle möglichen Hypothesen im Kopf. Werden die Zahlen – oder die Primfaktoren,
     wenn wir sie dann haben – ein Muster offenbaren? Werden die Wörter pro Seite Quadratzahlenergeben (was nicht der Fall ist), oder entspricht die Anzahl der Buchstaben einer Zahl aus der Fibonacci-Sequenz (das weiß
     er noch nicht genau)? Wird sich herausstellen, dass alle Zahlen, die sich aus diesem Buch ergeben, Primzahlen sind? Solche
     verblüffenden Fragen sind der Grund, warum er mich diese Arbeit machen lässt, und obwohl ich es natürlich aufregend finde,
     mit einer so wichtigen Aufgabe betraut zu sein, ist mir auch klar, dass es eine halbe Ewigkeit dauern wird. Es hat ja