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rechtwinkligen
Dreiecken die Summe der Flächeninhalte der Kathetenquadrate gleich dem Flächeninhalt des Hypotenusenquadrats ist), kann man
nicht einfach hingehen, sich lauter rechtwinklige Dreiecke anschauen, ihre Seiten ausmessen und anschließend sagen: «Doch,
stimmt, alles in Ordnung.» Ein Beweis klärt ganz schlicht und elegant, dass es bis in alle Ewigkeit bei allen rechtwinkligen
Dreiecken genau so und nicht anders sein muss. Es gibt ziemlich viele Beweise für den Satz des Pythagoras.
Manchmal werden die Axiome, also die Grundlagen, auf denen Beweise beruhen (beispielsweise etwas wie «1+1 =2»), als «selbstverständlich»
bezeichnet. Andere wurden auch bereits bewiesen.
Zwei Punkte lassen sich immer mit einer Geraden verbinden. Alle rechten Winkel sind einander gleich. Alle zusammengesetzten
Zahlen sind das Produkt kleinerer Primzahlen.
Lauter Axiome. Im Grunde sind sie wie Startpunkte, von denen man zu einer Reise aufbricht. Man geht irgendwo los und gelangt
über verschiedene Anweisungen an einen anderen Ort. Um den Anweisungen folgen zu können oder sie überhaupt nur zu bekommen,
muss man aber natürlich den Startpunkt kennen. Wenn man zwar die korrekten Anweisungen hat, aber vom falschen Punkt losgeht,
landet man womöglich ganz woanders. Und wenn man einen Beweis auf der Grundlage eines in sich falschen Axioms formuliert,
ist das Ergebnis völlig falsch.
Um die Zeit von Hilberts Vortrag hatte die Mengenlehre einen Haufen mathematischer Probleme aufgeworfen. Eine konsistente
Mathematik braucht Mengen, die einem sagen, wie die Dinge sind und wie sie nicht sind, welche Ideen dieselben Eigenschaftenteilen, auf denselben Regeln basieren (oder auch, welche verschiedenen Unendlichkeiten man erhalten kann). Axiome basieren
auf Mengen. So kann man beispielsweise sagen: «Die Menge der Dreiecke ist die Menge aller dreiseitigen, zweidimensionalen
Formen mit drei Winkeln, deren Summe 180 Grad ergibt.» Solange man sich auf Dreiecke auf einer Ebene und nicht beispielsweise auf einer Kugel bezieht, kommt man damit
ganz gut durch. Doch 1903 wartete Bertrand Russell plötzlich mit verschiedenen Paradoxa auf, um das Problem zu illustrieren,
dass eine Menge oder Klasse sich nicht selbst enthalten kann. Man denke nur an den Barbier von Sevilla. Er rasiert jeden Mann,
der sich nicht selbst rasiert. Rasiert sich der Barbier also auch selbst? Wenn ja, dann rasiert er sich nicht, wenn nein,
dann müsste er sich rasieren. Das ist genauso wie das Lügnerparadox! Trotz seiner offensichtlichen Liebe zum Paradoxen machte
Russell sich an den Versuch, solche Probleme zu lösen, und verfasste zusammen mit seinem Lehrer Alfred North Whitehead die
Principia Mathematica
, die 1910 erschienen. In drei dicken Bänden fasst das Werk alle grundlegenden mathematischen Axiome und Regeln zusammen.
Danach war die mathematische Welt erst einmal wieder in Ordnung, zumindest so weit, wie sie es vorher auch gewesen war, ehe
irgendwelche teuflischen Paradoxa alles verdarben. Doch dann kam Kurt Gödel und brachte alles wieder durcheinander, indem
er 1930 zwei Lehrsätze bewies, die später als Gödel’sche Unvollständigkeitssätze bekannt werden sollten. Darin erklärte er,
wie man grundlegende Paradoxa im mathematischen System aufdecken könne. Und er verwendete einen Code dafür.
So, wie ich das verstehe (und ich bin immerhin noch ein Kind, es ist also die extrem vereinfachte Version), hat Gödel einen
tollen Weg gefunden, Aussagen in Zahlencodes zu verwandeln. Dafür wies er jedem einzelnen Teil einer mathematischen oder auch
anderweitigen Aussage eine Zahl zu undbildete dann aus diesen Zahlen eine einzigartig große Zahl. Eigentlich auch nichts anderes als ein Geheimcode! Natürlich war
Gödels Code etwas komplizierter, aber nehmen wir einmal an, wir würden verschiedenen mathematischen Symbolen folgende Zahlenwerte
zuweisen:
Alle Symbole haben jetzt eine Zahl, mit der man arbeiten kann. Die Aussage «1+1 =2» würde in diesem Codesystem also durch
die Sequenz 6, 3, 6, 5, 7 dargestellt. Aber das richtig Tolle kommt erst noch. Um eine einzigartig große Zahl daraus zu bilden,
verwendet man Primzahlen. Man nimmt die Reihe der Primzahlen – zur Erinnerung: Sie beginnt mit 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19
und so weiter – und potenziert die erste Primzahl mit der ersten Zahl aus der erstellten Sequenz, dann die zweite Prim- mit
der zweiten Sequenzzahl und immer so weiter.
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