Poppenspael
nach der Frühbesprechung möglichst
unauffällig an seiner offenen Bürotür
vorbeischleichen will. Der Hauptkommissar hatte schon geahnt, dass
er nicht ohne eine Standpauke davonkommen würde.
»Du bist sicher
schon von dem kleinen Missgeschick unterrichtet worden?«,
versucht er die Sache herunterzuspielen.
»Kleines
Missgeschick, kleines Missgeschick«, murmelt Püchel
aufgebracht und zieht eine Zigarette aus der Schachtel.
»Ehrlich gesagt, manchmal zweifle ich wirklich an deiner
Kompetenz, Jan! Stephan kann man so einen Alleingang ja nachsehen,
aber du bist der Vernünftigere von euch beiden. Wie konntet
ihr nur ohne jegliche Unterstützung so ein aberwitziges
Husarenstück durchziehen und die Kollegen und euch selbst in
Lebensgefahr bringen? Nicht auszudenken, wenn das schiefgegangen
wäre!«
»Dein ewiger
Zweifel an meiner Kompetenz geht mir langsam auf den Senkel,
Heinz«, protestiert Swensen. »Warum machst du immer
gleich solch ein Spektakel, es ist schließlich überhaupt
nichts passiert.«
»Hätte
aber, mein Lieber, hätte aber!«
»Wir haben zwei
Ganoven aus dem Verkehr gezogen, die das Büro von Petra
Ørsted überfallen haben. Vielleicht sind die beiden
sogar unsere Täter! Was willst du mehr? Außerdem, auf
wen hätten wir, deiner Meinung nach, denn warten sollen? Wenn
der Kahn erst auf offener See gewesen wäre, hätten wir
diese Typen bestimmt nicht mehr von Bord gekriegt, das ist dir doch
auch klar!«
»Das mag ja
richtig sein, Jan, aber ich kann bei solchen Wild-West-Methoden
nicht einfach die Augen zumachen. Ich bin hier für den Laden
und euer Wohl verantwortlich und außerdem geht’s dabei
auch immer um meinen Kopf!«
»Aber du bist
auch der Erste, der mit Freuden vor die Presse tritt und die
Erfolge der Inspektion preist, mein Lieber.«
»Okay, bevor das
ausufert, beenden wir das Thema hiermit«, sagt Püchel
scharf, zündet sich seine Zigarette an und nimmt einen tiefen
Zug. »Das kommt nicht noch mal vor, klar! Sag das bitte auch
deinem Kollegen, wenn du ihn das nächste Mal siehst. Ende der
Durchsage!«
Swensen ist
erleichtert, dass der Rüffel kurz und schmerzlos ausgefallen
ist, zumal der Chef nicht ganz unrecht hat. Er bleibt einen Moment
gedankenverloren auf dem Flur stehen, sieht dem Polizeirat nach,
der mit einer Rauchfahne im Büro verschwindet, und hört
im Weitergehen Silvia seinen Namen rufen.
»Was hältst
du von der heutigen Frühbesprechung, Jan? Mich verwirren die
Ermittlungsergebnisse zunehmend. Mittlerweile haben wir so viele
Spuren, dass ich nicht mehr einschätzen kann, welche wir
vorrangig bearbeiten sollten.«
»Wenn die Waffe
des Russen vom LKA Kiel als Tatwaffe identifiziert wird, ist unser
Fall gelöst, schneller, als wir es uns in den kühnsten
Träumen ausgemalt haben«, meint der Hauptkommissar,
während sie sein Büro erreichen.
»Kann ich mir
aber nicht ernsthaft vorstellen, Jan. Die russische Mafia schickt
doch keine Killer nach Husum, um drei Frauen eines
Puppenspielerfestivals zu ermorden.«
»Wir kennen das
Motiv nicht, Silvia. Vielleicht hatten sie es nur auf die
Steuerberaterin abgesehen und haben die beiden Zeuginnen gleich mit
getötet. Es könnte sich dabei um irgendeine Schieberei
handeln, in die diese Getreidefirma Asmussen involviert ist und wo
mit allen Mitteln etwas vertuscht werden soll.«
»Könnte was
dran sein, Jan, aber mir kommt dieser Dr. Keck besonders suspekt
vor. Bei dem ist was im Busch, ein verheirateter Mann streitet sich
öffentlich mit der Ahrendt, zwei Tage, bevor sie ermordet
wird. Der ist so was von verdächtig, zumal wir wissen, dass
der Mann in der Tatnacht gleich gegenüber Bereitschaft im
Krankenhaus hatte. Der Typ braucht sich nur heimlich aus dem
Krankenhaus geschlichen zu haben, Gelegenheit hatte er bestimmt
dazu. In Bereitschaft werden die Ärzte nur geweckt, wenn es
einen Notfall gibt. Also, das Alibi ist löchrig wie ein
Käse.«
»Solange nichts
endgültig feststeht, bleiben alle Spuren
heiß.«
»Ich finde, wir
sollten losziehen, um uns den Keck
vorzuknöpfen.«
»Kannst du einen
Moment warten, ich will am Samstag zu meiner Freundin ziehen. Aber
wenn ich an unseren Mordfall denke, sehe ich allmählich
schwarz. Ich muss deshalb unbedingt noch zusätzliche Leute
anheuern, damit die Umzugsfirma nicht ellenlang warten muss, bevor
es überhaupt erst losgehen kann.«
»Du kannst so
einen Umzug doch nicht nebenbei bewerkstelligen, Jan. Mach einen
Tag frei. An Stelle deiner Freundin wäre ich jetzt
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