Poppenspael
und zu mal eingeladen. Die sind doch alle stinkreich
und bestimmt gut versichert.«
»Na, das ist ein
wirklich überzeugendes Argument. Sie sind vielleicht ein
Früchtchen, plündern die Kunden Ihrer Frau aus, weil die
genug Kohle haben. Hat Ihre Frau denn nicht genug verdient? Die
hatte doch immerhin ein Steuerberatungsbüro, hatte sogar
Angestellte. Das muss doch genug abgeworfen
haben.«
»Mit Geld konnte
ich meiner Frau nicht kommen, die hat mich als hundertprozentigen
Versager hingestellt, wenn ich meinen Anteil für die Familie
nicht selbst zusammenbekommen konnte.«
»Und dann haben
Sie beschlossen, sie aus dem Weg zu räumen, damit sie das
nicht erfährt?«
»Unsinn, ich
habe meine Frau nicht umgebracht!«
»Wo waren Sie
denn in der Nacht von Montag zu Dienstag um 11 Uhr, Herr
Ørsted?«
»Zu Hause, ich
bin früh schlafen gegangen. Meine Frau war auf diesem Festival
und kam immer erst spät nach Mitternacht
zurück!«
»Ihre Söhne
haben uns aber gesagt, dass Sie erst in der Nacht nach Hause
gekommen sind.«
»Dann war ich
nach der Arbeit eben noch einen trinken, was weiß
ich!«
»Ach nee, und wo
waren Sie einen trinken, wenn man fragen darf?«
»Irgendwo, in
irgendeiner dieser Kneipen in Husum, keine Ahnung mehr, irgendwo am
Hafen.«
Silvia Haman fragt
sich gerade, ob sie das Katz-und-Maus-Spiel noch länger
mitmachen will, als die Tür aufgerissen wird und der
Weißkittel in den Raum tritt.
»Ich muss Sie
auffordern, jetzt abzubrechen. Der Patient kann nicht länger
belastet werden!«
»Ich bin ja
schon weg! Also, Herr Ørsted, für Sie ist das
allerdings keine Entwarnung, Sie wandern aus diesem Bett direkt in
die Untersuchungszelle, das kann ich Ihnen
versprechen.«
Silvia Haman
lässt sich das Verhör im Krankenzimmer noch einmal durch
den Kopf gehen, während sie gleichzeitig darüber
nachdenkt, ob Sören Ørsted wirklich der Mörder aus
dem Schlosspark sein könnte.
Der Mann hat
völlig naiv zugegeben, in der Tatnacht in einer Kneipe in
Husum gewesen zu sein. Ist so was stimmig? Entweder ist das eine
Riesendummheit von ihm oder der Mann hat sich nur ein raffiniertes
Alibi zurechtgelegt. Beides passt nicht ins Bild der bisherigen
Ermittlungen.
Die Hauptkommissarin
fährt mit dem Dienstwagen auf der Bundesstraße 200 nach
Husum zurück und passiert gerade die Ortschaft Hoffnung. Die
Hoffnung stirbt zuletzt, denkt sie und muss grinsen, weil ihr dabei
der Streifenpolizist einfällt, der nicht
ordnungsgemäß auf seinem Stuhl sitzen geblieben war. Sie
hatte nicht widerstehen können, ihn vorhin gehörig
zusammenzufalten.
»Was glauben Sie
wohl, warum Sie hier mit Ihrem Hintern auf dem Stuhl sitzen sollen,
werter Mann?«, hatte sie ihn beim Verlassen des Zimmers
angeblufft.
»Ich war nur
schnell einen Kaffee holen«, hatte er sich
verteidigt.
»Der Mann im
Zimmer ist schon mal abgehauen. Sie kleben hier auf Ihrem Posten,
und wenn der Typ das Zimmer verlässt, kleben Sie an seinen
Hacken, und selbst wenn er pinkeln geht, haben Sie ihn im
Auge.«
Silvia Haman hat in
der Zwischenzeit gelernt, es mit den Männern aufzunehmen. Das
war nicht immer so gewesen. Schon in der Schule wurde sie wegen
ihrer maskulinen Erscheinung gehänselt. Ihr Kopf ist rhombisch
geformt, dazu das breite Kinn, das entsprach nicht dem
Schönheitsideal der meisten Jungen. Ihre gemeinen Sticheleien
liefen zwar meist hinter ihrem Rücken, aber ab und zu bekam
sie es doch mit, die Blicke von oben herab, die ungeduldigen
Seufzer oder das heimliche Augenverdrehen. Manchmal hatte sie daran
gezweifelt, geglaubt, sie würde sich das alles nur einbilden.
Doch es war keine Einbildung, denn selbst auf der Polizeischule gab
es später eine offene Feindschaft, und sie wurde dort nur das
Flintenweib genannt. Zähne zusammenbeißen, es ohne
Murren ertragen, war ihre Devise gewesen, dazu den Wahlspruch ihrer
Mutter im Ohr: Was dich nicht umwirft, macht dich hart. Diese
Übermutter, die zeitlebens darunter gelitten hatte, keinen
Sohn geboren zu haben. Alles zusammen hat ihre Wut auf die Kerle
nur gesteigert, und manchmal kocht sie halt über, immer noch,
selbst nachdem sie zur Hauptkommissarin befördert worden ist
und sich nicht mehr die Butter vom Brot nehmen
lässt.
Pohlenz, dieser
hinterlistige Puppenspieler, erinnert sie sich. Der hat mich
gestern doch glatt vorgeführt. Lügt mir ins Gesicht,
behauptet frech, die Ahrendt nicht zu kennen, und heute in der
Frühbesprechung stellt sich heraus, der hat sogar ein
Verhältnis
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