Poppenspael
schon
stinksauer.«
»Ein Tag allein
nützt mir da gar nichts, ich muss noch die Möbel
auseinanderbauen und all so ’n Zeug. Also bis
gleich!«
»Na, alles
klar?«, fragt Silvia Haman, als Swensen kurze Zeit
später zu ihr in den Dienstwagen steigt.
»Gar nichts ist
klar, der Umzugsdienst hat keine zusätzlichen Leute. Ich muss
mir wohl eine Alternative ausdenken.«
»Ich würde
es nicht verschlampen, Jan, sonst hängt euer Hausfrieden schon
schief, bevor du eingezogen bist. Das ist der Rat einer
Frau.«
»Danke, lass uns
fahren!«
Silvia Haman
spürt, dass ihr Kollege nichts mehr hören will, steuert
den VW-Golf vom Hof der Inspektion, biegt links in die
Herzog-Adolf-Straße und passiert gleich darauf das
Nissenhaus.
»Ich hab
übrigens Rebinger gebeten, für uns das Vorstrafenregister
durchforsten zu lassen«, unterbricht die Hauptkommissarin das
Schweigen. »Und du wirst es nicht glauben, der hat das
völlig unbürokratisch erledigt und überfreundlich
gesagt, er würde uns bei der Aufklärung des Mordfalls
jederzeit behilflich
sein.«
»Der steht
mächtig unter Druck, würde ich sagen, macht alles, damit
wir ihm keine unangenehmen Fragen stellen«, wirft Swensen
ein. »Was wolltest du denn Wichtiges
wissen?«
»Die
Ørsted-Jungs gingen mir die ganze Zeit nicht mehr aus dem
Kopf. Und nun sind die auch noch ohne Vater. Da dachte ich, es
wäre an der Zeit, sich den Sportlehrer Werner genauer
anzuschauen. Und was glaubst du? Bingo! Gestern Abend hat Rebinger
durchgegeben, dass er fündig geworden ist. Gegen Werner lief
vor 15 Jahren ein Verfahren wegen sexueller Nötigung.
Während seines Studiums soll er sich an einer Kommilitonin
vergangen haben. Hat damals sechs Monate auf Bewährung
bekommen. Das macht doch nachdenklich, oder?«
»Hey, da
rückst du erst jetzt mit raus? Das gehört doch in die
Frühbesprechung.«
»Du hast gesagt,
dass dieser sexuelle Übergriff nur als ein Gerücht an der
Schule existiert. Da wollte ich erst einmal
abwarten.«
»Aber deine
Information wirft doch ein ganz anderes Licht auf seine Aussage.
Was wäre, wenn die Lechner dieses Gerücht doch kannte?
Sie war die Rektorin und hätte den Werner bestimmt sofort zur
Rede gestellt.«
»Sie könnte
ihm Konsequenzen angedroht haben …«
»Eben! Das
unterstreicht umso mehr, dass wir jeder Spur konsequent nachgehen
müssen. Wir haben hier gerade nur ein wenig hin und her
gedacht, und schon hat Werner definitiv mit unserem Fall zu
tun.«
»Also, statten
wir auch diesem Mann heute noch einen Besuch ab«, stellt
Silvia Haman fest und fährt den Wagen forsch auf einen der
freien Besucherparkplätze vor dem Kreiskrankenhaus. An der
Information fragen die beiden Kriminalisten, ob Oberarzt Keck
Dienst hat und wo sie ihn erreichen können. Im dritten Stock
erfahren sie, dass gerade Visite ist und der Doktor sich im Zimmer
332 aufhält. Swensen und Haman bauen sich vor der Tür auf
und warten.
»Je weniger wir
uns bewegen, umso mehr sind wir uns der Zeit bewusst«,
hört Swensen die Stimme seines Meisters. »Bewegen wir
uns im Rhythmus des Universums, befinden wir uns in der
Zeitlosigkeit.« Der Hauptkommissar lehnt sich an die Wand.
Gegenüber hängt der übliche Marc Chagall, der auf
keinem Krankenhausflur fehlt.
Bleib geduldig im Hier
und Jetzt, beruhigt er sich, warte nicht darauf, dass etwas
geschieht.
Das ist einer der
Momente, in dem Swensen sich Lama Rinpoche an seiner Seite
wünscht, damit der seine Weisheiten in der Praxis
erläutern könnte. Aber wahrscheinlich würde er nur
besonnen und beharrlich im Raum stehen, um ihn nur zeitlos
anzulächeln.
Die Tür von
Zimmer 332 geht auf und ein Pulk Weißkittel treibt die
Gedanken des Hauptkommissars wie eine Wolke davon.
»Dr.
Keck!«, ruft Silvia aufs Geratewohl.
Ein Mann mit
flachsblondem Kurzhaarschnitt dreht sich um, während die
anderen ohne ihn weiterziehen. Der mittelgroße Mann mustert
das ungewöhnliche Duo überrascht. Bevor er etwas sagen
kann, hält Silvia Haman ihren Dienstausweis hoch:
»Kriminalpolizei Husum, wo können wir ungestört
reden?«
»Das geht gar
nicht, ich bin …«
»Wir wollen
über Ronja Ahrendt sprechen«, unterbricht Swensen mit
kühlem Unterton. »Wenn Sie keine Zeit haben, kommen wir
gern nach Feierabend zu Ihnen nach Hause, wenn Ihnen das lieber
ist?«
»Nein! Ist schon
gut, wenn es nicht so lange dauert.«
»Also, was gibt
es über Ronja Ahrendt zu sagen?«
»Das gesamte
Team ist völlig geschockt. Seit der
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