Populaermusik Aus Vittula
mit dem Gas runter, wichen Steinen aus.
Die eine Regel war, nie ins Gesicht zu schießen. Dafür gern auf den Arsch oder die Schenkel. Da brannte es am meisten und verursachte große blaue Flecken. Wir schielten zum General. Er lag immer noch vollkommen unbeweglich da. Der Feind war nun so nahe, dass man den Text auf den Reklamemützen lesen konnte. Die Außenbordmotoren wurden abgestellt, die Boote schlossen auf und glitten langsamer werdend ans Ufer. Der Junge im Bug stand auf, um mit dem Fuß abzubremsen.
Da schoss der General. Direkt in den Schenkelmuskel des Jungen. Wir Übrigen donnerten die erste Salve los. Ein bleischwerer Wespenschwarm verließ seinen Bau und fand brennend sein Ziel. Die Opfer schrien vor Schreck und Schmerzen auf, verflucht, was wir feuerten! Sie schossen zurück, ohne besonders viel zu treffen, bis sie endlich wieder ihre Motoren in
Gang bekamen. Eine Salve nach der anderen. Stechende Schlangenbisse am ganzen Körper. Sie suchten hinter der Reling Schutz, warfen sich flach zu Boden. Langsam glitten die Boote davon, fuhren weg. Und wir mussten lachen, wir brüllten vor Lachen, sodass wir uns im Moos kugelten.
Sie gingen ein paar hundert Meter weiter stromaufwärts an Land. Mehrere hinkten. Wir lachten nur noch lauter und zogen uns dann für weitere Attacken in den Wald zurück.
Wir hatten schon so eine Art Strategie, zumindest anfangs. Aber bald war es nur noch ein Schießen und Wegrennen, und dazwischen im Sumpfporstgras Deckung suchen. Ich versuchte bei Niila zu bleiben. Fühlte mich durch seine Feuerkraft ein wenig beschützt. Aber er zielte wie ein halbblinder Alter und traf fast nie, was nach Meinung aller das reine Glück war. Wir lagen da und keuchten nach einem Sprint, die Hände vor dem Mund, um die Geräusche zu dämpfen. Wunderten uns, wo unsere Kumpel blieben. Spähten ins Walddunkel, hörten jemanden rennen und Schüsse. Aus der anderen Richtung Schreie, wilde Flucht.
»Wir müssen dahin«, zischte ich.
Da klopfte Niila mir auf den Rücken. Nur wenige Schritte von uns entfernt standen vier feindliche Jungs mit erhobenem Gewehr. Sie grinsten und zielten auf uns, während wir auf die Beine kamen. Ich warf mein Gewehr ins Moos. Niila umklammerte seins.
»Lass die Knarre los, bevor wir dir die Eier wegschießen!«, befahl der Längste von ihnen.
Niila hatte die Augen vor Angst weit aufgerissen. Sein Unterkiefer mahlte. Ich löste vorsichtig seinen krampfhaften Griff um den Kolben. Da hörte ich ihn flüstern:
»Schieß du ...«
»Leg das Gewehr auf den Boden!«, schrie der Lange mit Stimmbruchsstimme, er hatte genügend amerikanische Krimis im Fernsehen gesehen.
Ich nickte unterwürfig. Beugte mich langsam mit Niilas Waffe in der Hand hinunter. Und dann, bevor jemand reagieren konnte, schoss ich dem Stimmbruchstypen direkt in die Lende.
Er brüllte wie ein Tier. Fiel kopfüber zu Boden. Schüsse wurden auf uns abgefeuert, während wir im Zickzack wegliefen. Ich spürte einen brennenden Schmerz im Hintern. Niila, dem es gelungen war, auch mein Gewehr zu schnappen, schrie auf und fasste sich an die Schulter. Aber wir waren frei, wir jubelten voller Triumph und stürzten zwischen den Bäumen davon, dass die Äste uns ins Gesicht schlugen.
Nach dieser Tat stieg unser Ruf beträchtlich. Dem Jungen musste die Kugel mit der Spitze eines Fahrtenmessers herausoperiert werden. Es wurde auf Niila und mich eine Prämie ausgesetzt. Eine Stange finnische Zigaretten für denjenigen, dem es gelang, uns zu fassen.
Gefangene zu machen, war eines der größten Vergnügen in dem Krieg und gleichzeitig vielleicht auch das Schwierigste. Einmal gelang es Niila und mir, uns an einen der Strandvägen-jungs heranzuschleichen, als er sich gerade hingehockt hatte, um zu scheißen. Der Ruf von Niilas Maschinengewehr hatte sich schnell verbreitet, und Niila versicherte ihm ziemlich überzeugend, dass er das Arschloch des Jungen punktieren würde, wenn er sich nicht freiwillig ergab. Bleich und zitternd zog unser Opfer seine Hosen hoch, ohne dass er sich hatte abwischen können. Dann führten wir ihn in unser Stammlager. Der Jubel war gewaltig. Ihm wurden mit seinen eigenen Schnürbändern die Hände auf den Rücken gebunden, und dann wurde er an eine Kiefer gefesselt, bevor die obligatorische Folter begann. Sie bestand daraus, dass der General mit einem Schnappmesser vor seinem Gesicht herumfummelte, ihn bedrohte und erschreckte. Es ging um Schwänze, die gekürzt, und Ameisenhaufen, die
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