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Populaermusik Aus Vittula

Titel: Populaermusik Aus Vittula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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nachgespannt hatte, verbesserte sich das Ergebnis, doch eine Mordwaffe wurde es nie. Nach der Schule übte ich auf eine Scheibe an der Garagenwand zielen. Die Kimme konnte man nicht richten, also musste man etwas nach oben und nach links halten. Vater versuchte es einmal, wurde aber sauer, weil er nie die Scheibe traf, und gab seiner Weitsichtigkeit die Schuld.
    Durch die Luftgewehre wurden die Jungsbanden wilder und großkotziger. Man trieb sich in Horden herum, verschwitzte, aufgeblähte Jungs mit schmutzigen Hosenknien, man pinkelte kreuzweise, ritzte Fotzen in die Scheunen wände, lernte neue Schimpfwörter und fluchte, so gut man konnte. Es war geil, zusammen zu sein. Man fühlte sich stark. Und wenn man schließlich auf eine andere Bande traf, ebenso aufgeputscht und bewaffnet, konnte das Ergebnis nur eins sein: Luftgewehrkrieg.
    Um die Einmischung Erwachsener zu vermeiden, verlegte man den Krieg lieber in die weit gestreckten Waldgebiete auf der anderen Seite des Flusses. Ich wollte schrecklich gern mit dabei sein, wusste aber nicht, ob ich einen Platz bekommen würde. Ich hatte gerade erst in der Siebten angefangen und wurde von den älteren Schülern Kaninchen genannt, ich hatte kein Moped, und mit meinem Gewehr war kein großer Staat zu machen. Niila dagegen gelang es, sich von einem Cousin ein ostdeutsches Maschinengewehr mit erschreckender Durchschlagkraft zu leihen. Es konnte quer durch eine Hartfaserplatte schießen, während meines kaum eine Kuhle hinterließ.
    Eines Nachmittags beschlossen wir, die Front zu besuchen. Wir schwangen uns auf unsere Räder und rollten über die alte Brücke. Bald ließen wir Fluss und Stadt hinter uns, und ein Kiefernwald voller Gestrüpp begann. Wir kamen am Sägewerk vorbei, bogen ab auf einen holprigen Waldweg und versteckten unsere Räder in einem Weidengestrüpp. Der Wald war unheimlich leise. Irgendwo in der Nähe fand der Krieg statt, aber alles wirkte ruhig und still. Es roch nach Herbst. Feuchte Pilze breiteten ihre braunen Kappen aus, zitternd von den Würmern. Ich schnappte mir ein paar überreife Blaubeeren und sog den wässrigen Saft ein.
    Plötzlich war ein trockener Knall zu hören, und Niilas Schirmmütze flog vom Kopf. Bevor der Heckenschütze erneut laden konnte, schrie ich, dass wir verdammt noch mal Freiwillige seien. Da kam ein Junge von einem Baum heruntergeklettert und murmelte entschuldigend, dass sein Finger gegen den Auslöser gekommen sei und die Hauptstreitkräfte weiter hinten seien. Wir folgten einem kleinen Pfad und kamen bald an ein Lagerfeuer, an dem gut zehn Jungs Kaffee tranken und Snus reinschoben. Die meisten waren ein oder zwei Jahre älter als wir, einige hatten Tarnkleidung und Mützen vom Zivilschutz. Sie spuckten braun aus und betrachteten uns kritisch. Der General, ein kräftiger Junge aus Paskajänkkä mit flaumigem Schnurrbart, zeigte auf eine Kiefer mit Zapfen, die zehn Meter entfernt stand. Ich zielte und hielt dann nach oben und links. Ein Kiefernzapfen sprang beim ersten Versuch ab. Niila, der noch nicht hatte üben können, schoss beim ersten Mal daneben. Auch der zweite Schuss war eine Niete. Der dritte ebenso. Die Jungs kicherten und meinten, er solle zur Hölle fahren. Der vierte Schuss ging daneben. Niila begann zu schwitzen. Der General wurde wütend und fauchte, er solle nach Hause zu seiner Mama gehen. Niila lud schweigend nach. Pumpte. Pumpte. Und pumpte immer weiter, ohne sich von dem Hohngelächter beeindrucken zu lassen. Dann schoss er direkt ins Feuer. Das knallte. Dann spritzten zwei braune Strahlen aus dem durchbohrten Kaffeekessel heraus.
    Die Jungs standen mit offenen Mündern da. Sie starrten Niilas Gewehr an. Dann den Kaffee, der zischend in die Glut lief. Dann erbot sich ein Junge, Niila nach Strich und Faden zu verdreschen, wartete aber noch ab, da Niila schon wieder geladen hatte und von neuem pumpte.
    »Ich bringe morgen einen neuen Kessel mit«, erklärte Niila seelenruhig.
    Der General spuckte ins Feuer. Schließlich nickte er. Wir waren angeworben worden.
    Anschließend lagen wir im Ufergestrüpp, die ganze Bande, stumm und regungslos, die Augen an der Kimme. Sie kamen in zwei Booten, in langen, schlanken, tornedalschen Flusskähnen. Sechs Jungs in dem einen, sieben in dem anderen. Alle waren bewaffnet und zielten auf das Waldufer, bis auf die beiden, die sich um den Motor kümmerten. Sie hatten den Hinterhalt nicht entdeckt, hielten sich aber sicherheitshalber bereit. Kamen immer näher. Gingen

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