Port Vila Blues
gerade großzügige Gelände des Gefängnisses. Unterdessen holperte das Taxi weiter über die schlechte Straße und Wyatts Zahn begann zu schmerzen.
Als es nach Port Vila hineinging, wurde die Straße wieder flacher. Das Taxi kroch die schmale Hauptstraße entlang, vorbei an kleinen Bankfilialen, Cafés und Gemischtwarenläden. Zwischen den Gebäuden konnte Wyatt einen Blick auf den Hafen erhaschen, auf zwanzig, dreißig Yachten, die dort festgemacht hatten, und auf Reriki Island etwas weiter hinten in der Bucht. Eine aufgebläht wirkende, rostige Silhouette am Ende der Insel entpuppte sich als ein auf seinem Deck liegendes Schiffswrack auf einer Korallenbank. An verschiedenen Stellen im Hafengebiet lagen vor sich hin rostende Frachter, die zwischen den Inseln verkehrten. Trotz all der Taxis und Fußgänger, trotz des Lärms und der Farben war es ein seltsam ruhiger, ein wenig dynamischer Ort.
Das Taxi tuckerte jetzt die Hügel hinauf und ließ die Gebäude und Lagerhäuser hinter sich. Der Highway war buchstäblich in die Hügel geschnitten worden und Wyatt beschlich das Gefühl, begraben zu sein, so nah rückten die scharfen Gesteinskanten an das Taxi heran.
Dann führte die Straße wieder bergab, verlief parallel zu einer Reihe luxuriöser Villen, die oben, auf den Klippen standen und auf die Bucht hinaussahen. Eine Minute später hielt das Taxi am Straßenrand. »Wir sind da, Sir«, sagte der Fahrer. »Tausend Vatu bitte.«
Es gab keinen Bürgersteig, sondern nur einen Pfad durch Dreck. Wyatt sah hohe Zäune und Hecken, sah Ziegeldächer, die sich dahinter duckten. Er bezahlte, stieg aus und ging zu De Lisles Haus, die Augen wegen des grellen Lichtes zu Schlitzen verengt.
Drei Meter hoch, aus gehärtetem Stahl, oben mit Stacheldraht umwickelt, zusätzlich geschützt durch eine Alarmanlage und Überwachungskameras — genau wie vor De Lisles Anwesen in den Hügeln hinter Coffs Harbour. Wyatt checkte beide Ecken an der Vorderfront des Grundstückes: Sowohl rechts als auch links verlief der Sicherheitszaun hangabwärts bis zum Wasser. Genau in der Mitte der Straßenfront befand sich ein verschlossenes Tor, dahinter eine kurze Auffahrt, die sich an der Eingangstür vorbeischlängelte.
Es gab drei Möglichkeiten hineinzugelangen: Eine Leiter an den Zaun lehnen und einen Sack über den Zaun werfen, vorausgesetzt, er konnte Leiter und Sack beschaffen; sich durch den Stahldraht schneiden, vorausgesetzt, er bekam in Port Vila alles, was er dafür brauchte, und konnte die Aktion durchziehen, ohne von der Straße beobachtet zu werden; das Schloss im Tor aufbrechen, vorausgesetzt, ihm fiel so etwas wie ein Reifenstemmeisen in die Hände, vorausgesetzt, er konnte beim Betreten des Grundstückes Alarmanlagen und Kameras ausweichen. Wyatt schlenderte am Zaun entlang, pfiff dabei leise vor sich hin, um Hunde auf sich aufmerksam zu machen. Offensichtlich gab es keine.
Er ging hinüber auf die andere Straßenseite zu einer Bank, die vor der Mauer eines kleinen Marktes stand. Nach Einschätzung des Hafenmeisters von Suva würde De Lisle nicht vor Ablauf der nächsten vierundzwanzig Stunden hier eintreffen. Wyatt hatte schnell erfasst, dass es in dieser Ecke des Kumul Highways weder Hotels noch Motels gab, wo also sollte er Posten beziehen, wo konnte er warten und beobachten?
Die Insel. Von dort aus hatte man einen Blick auf Port Vila und die Klippen und Villen am Kumul Highway. Wyatt hielt ein Taxi an und war zwei Minuten später auf einem kleinen, schmutzigen Parkplatz in der Nähe der Kaimauer.
Von hier konnte er die Insel deutlich sehen, ein hügeliges Gebilde mitten im Hafen, mit einem Gürtel tropischer Bäume und Hütten auf Pfählen oberhalb der Wasserlinie. Etwas zurückgesetzt standen zwei weitere Reihen mit Hütten und im Zentrum der Insel befand sich ein großer Komplex, in dem, wie Wyatt vermutete, die Verwaltung der Anlage, Restaurants und Bars untergebracht waren. Zwischen den Bäumen am obersten Punkt der Insel war noch ein Dach zu sehen. Wyatt hatte im Pacific-Rim-Bordmagazin gelesen, dass zu Zeiten des Kondominats der britische Commissioner unter diesem Dach residiert hatte.
Der Minibus des Reriki Resorts hatte bereits eine Ladung Passagiere vom Flughafen hierher transportiert. Wyatt stellte sich zu ihnen unter das Wellblechdach der Anlegestelle für die Inselfähre. Ein oder zwei musterten ihn neugierig. Er nickte ihnen mit einem verhaltenen Lächeln zu, nicht weil ihm danach war und man im selben
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