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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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Bankers im Rahmen einer offiziellen Untersuchung genannt und der Mann war aus dem Land geflohen.
    Wyatt warf einen Blick in jeden Laden, an dem er vorbeiging. Sah man ab von all dem Glas, Neon und den bekannten Markennamen, dann waren die Regale spärlich bestückt, die Waren teuer und sowohl Ladenbesitzer als auch Kunden machten einen eher niedergeschlagenen Eindruck. Und die Luft, die zwischen den Häusern hing, war gesättigt mit Dieselabgasen.
    Wyatt dachte darüber nach, dass wenn es ihm gelänge, wieder einen Vermögensstock aufzubauen, er sich auch eine neue, passende Identität zulegen sollte, Dokument für Dokument, bis sie eine realistische Oberfläche hatte: Steuernummer, Bankkonten, Pass, Einkommensnachweise, Eintragung ins Grundbuch, Investmentzertifikate. Würde er Vermögen solide anlegen, könnte er von den Erträgnissen leben.
    »Und was fange ich mit dem Rest der Zeit an?«, murmelte er vor sich hin, als sein Blick an einem von der Sonne gebleichten Backenzahn hängen blieb, der auf dem Schild eines Zahnarztes abgebildet war, das in einer Gasse hinter einem Café hing. Ein Pfeil wies auf eine Treppe mit ausgetretenen Stufen.
    Vorsichtig ging Wyatt die Treppe hoch. Er hatte gelernt — und er glaubte daran —, dass ein Mann auf einer Treppe am verletzlichsten sei. Das Terrain ist unsicher, man kann sowohl von oben als auch von unten leicht ins Visier genommen werden und man wird behindert durch das Geländer. Doch es war nur eine normale Treppe, über die man in eine Reihe kleiner, luftiger Räume gelangte, die sich über einem Laden für Angelzubehör befanden. Die Zahnärztin saß allein am Empfang und begrüßte Wyatt mit einem breiten Lächeln, das ihm direkt in den Kiefer fuhr. »Sie armer, armer Mann«, sagte sie. Ihr Englisch hatte einen leichten Akzent. Sie war mollig und mitfühlend und nahm ihn sogleich am Arm.
    »Könnten Sie mich drannehmen?«
    Sie wies auf die leeren Räume und die offenen Türen. »Natürlich.«
    Sie drückte ihn in den Behandlungsstuhl und knipste das silbrige Licht über ihrer beider Köpfe an. Dann streifte sie sich Latexhandschuhe über. Wyatt schoss durch den Kopf, dass er für sein Vorhaben ebenfalls Latexhandschuhe benötige.
    »Weit aufmachen, Mister.«
    Ihre Hände waren geschickt im Umgang mit Haken und Spiegel. Sie roch nach Kaffee und Mangos; seine Schulter verschmolz nahezu mit ihrem weichen Oberschenkel. Fast ein wenig widerstrebend trat sie zurück. »Der muss raus.«
    »Ja.«
    »Ich werde Ihnen eine Spritze geben. Danach werden Sie für ein paar Stunden eine gewisse Taubheit spüren, vielleicht wird eine kleine Schwellung Ihre Attraktivität etwas beeinträchtigen, aber dafür haben Sie weniger Schmerzen.« Sie berührte sanft sein Kinn und grinste ihn an. »Ich möchte Sie nur ungern leiden sehen, Mister.«
    Sein Lächeln kam völlig spontan. Sie war wie Balsam für sein an Unsicherheiten so reiches Leben, sie und das Lachen, das tief aus ihrem Innern zu sprudeln schien. The University of Adelaide stand auf einem gerahmten Diplom an der Wand. Wyatt fragte sich, ob diese mürrischen Europäer überhaupt etwas hatten mit ihr anfangen können. Zwischendurch läutete das Telefon und sie ging in das angrenzende Zimmer. Er stand auf, steckte sich ein Paar Latexhandschuhe ein und setzte sich wieder in den Behandlungsstuhl, während sie drüben irgendjemanden beschwatzte, sie aufzusuchen und den Termin auf keinen Fall zu verschieben.
    Zwanzig Minuten später war er wieder draußen, musste sich jedoch mit beiden Händen am Geländer festhalten, um die Stufen hinabzusteigen. Zwar hatte er keine Schmerzen und fühlte sich auch nicht benommen, aber das Gefühl, es könne so sein, hatte ihn im Griff. Eigentlich wollte er nach Reriki, doch nach fünf Minuten machte er kehrt und ging in den Laden für Angelzubehör, der sich unter der Zahnarztpraxis befand. Da er sich noch nicht zutraute, den Mund aufzumachen, zeigte er auf ein langes, schmales Messer und legte das Geld auf die Ladentheke. Er selbst berührte das Messer überhaupt nicht, sondern transportierte es in einer Papiertüte.
    Gegen vier Uhr am Nachmittag war er wieder in seiner Hütte. Während seiner Abwesenheit hatte De Lisles Yacht am Kai festgemacht. Alles an der kleinen, dicken Gestalt, die jetzt die Stufen zwischen dem Haus auf den Klippen und der Kaimauer hinauf- und wieder hinunterlief, sprach von Panik.

    SECHSUNDDREIßIG

    Nachdem er den karierten Koffer auf Reriki in Empfang genommen hatte,

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