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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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Flugzeug gesessen hatte, sondern weil man es von ihm erwartete und er auf keinen Fall Aufmerksamkeit erregen wollte. Dann legte die Fähre an und man ging an Bord.
    Das Wendemanöver dauerte dreißig Sekunden, die Überfahrt zur Insel zwei Minuten. Wyatt nahm die vertäuten Yachten genau in Augenschein. Sydney, Southampton, Vancouver, Catalina Island. An den Takelagen kleinerer Yachten hingen T-Shirts, Handtücher, Shorts, und Unterwäsche zum Trocknen. Ein Mann besserte ein Segel aus. Auf einem roten Trimaran spielten zwei Paare Karten; die Männer trugen Shorts und Bärte, die Frauen Bikinioberteile und Sarongs. Mit ihrer Gleichgültigkeit gegenüber der Fähre und dem Leben, das sich jenseits des Hafens abspielte, formulierten sie auf lässige, müßige Weise ihre Überzeugung, zu den Privilegierten zu gehören.
    Nachdem man ihm den Koffer abgenommen hatte, stieg Wyatt den steilen Pfad zum Hauptgebäude hoch. An der Rezeption wartete ein gutes Dutzend Leute darauf, einchecken zu können. Wyatt drängelte sich nach vorn an den Tresen. »Ich habe nicht gebucht. Haben Sie noch etwas frei?«, fragte er mit einem Lächeln der Entschuldigung.
    Der Angestellte lächelte zurück. »Kein Problem, Sir. Es ist außerhalb der Saison.«
    Wyatt stellte sich an das Ende der Schlange, als eine Frau mit einer Blume im Haar hinter dem Tresen hervorkam und ihn in einen kleinen Wartebereich führte. Kurz darauf erschien eine Kellnerin mit einem Tablett in der Hand, auf dem einige Drinks standen. Das war hier nun mal Usus, also nahm sich Wyatt ein großes, gekühltes Glas mit was auch immer und bedankte sich. Er nippte nicht einmal daran. Sein Koffer, so bemerkte er, stand zusammen mit anderem Gepäck auf einem Holzgestell, das aussah wie die Kanzel einer finanzschwachen Kirche. Dann wurde er an den Tresen gerufen. Er überreichte seinen falschen Pass, füllte das Anmeldeformular aus und nahm die Schlüssel entgegen. Der Gepäckträger begleitete ihn zu Nummer 5, einer Pfahlhütte in der zweiten Reihe. Wyatt gefiel, was er sah. Direkt hinter der Tür war eine Nische mit Kleiderschrank, Kühlschrank und einem Waschbecken. Links kam man ins Bad. Durch die Tür geradeaus gelangte man in das eigentliche Zimmer. Es war sehr geräumig und verfügte über ein französisches Bett, bequeme Rattansessel und einen Glastisch, ferner waren da noch ein kleiner Schreibtisch, ein Fernseher, Telefon und Leselampen neben dem Bett und einige Drucke an der Wand. Die Klimaanlage summte leise vor sich hin und der Deckenventilator über dem Bett war nicht in Betrieb. Als Erstes stellte Wyatt den Deckenventilator an und die Klimaanlage aus, sah unter dem Bett nach, im Kleiderschrank und hinter dem Duschvorhang. Als Nächstes rief er den Zimmerservice an und orderte einen Gin Tonic. Als der Drink gebracht wurde, nahm Wyatt ihn mit hinaus auf den Balkon. Das Violett des Abendhimmels wirkte auf die Umgebung wie ein Weichzeichner. Wyatt machte es sich in einem Rattansessel bequem und beobachtete das funkelnde Lichtermeer im Hafen und auf den Schiffen, beobachtete, wie das Wasser dunkler und dunkler und schließlich schwarz wurde. Vis-à-vis, in De Lisles Haus, funkelten keine Lichter und die private Anlegestelle blieb leer.

    FÜNFUNDDREIßIG

    Dieser Urlaubsort nährte Illusionen. Als am nächsten Morgen die Dämmerung anbrach, machte sich Wyatt auf den Weg über die Pfade, die die Teile der Insel miteinander verbanden, und er stieß auf Hütten, die entlang der Hangseite in Reih und Glied standen, verdeckt durch Kokosnusspalmen, Baldachine aus blühenden Kletterpflanzen und kleinen, fast als komisch zu bezeichnenden Bäumen, die an Gespenstschrecken oder Wandelnde Blätter erinnerten, ihre freiliegenden Wurzeln zur Schau gestellt wie Beine von Insekten.
    Dann ging der Pfad in einen Wanderweg über, der durch dichte, zu beiden Seiten haushoch wachsende tropische Vegetation führte. Der Boden unter seinen Füßen gab nach und Wyatt genoss das Gefühl, ein Einzelgänger zu sein, der einzige lebende Mensch, der Zeuge wurde, wie der Himmel aufhellte, der riechen konnte, wie die Luft zunehmend wärmer, angenehmer wurde. In tauschimmernden Netzen, gesponnen von Baum zu Baum, sah er große Spinnen auf der Lauer liegen. Ihre Geduld erinnerte ihn an das Leben, das er für sich gewählt hatte, und ihre Bestimmung führte ihm vor Augen, wie wenig er es sich leisten konnte, dazusitzen und zu warten, er war hier, um anzugreifen.
    Er brauchte nur dreißig Minuten, um sich

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