Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
Vom Netzwerk:
Kapitän eine weitere Verzögerung von etwa fünfzehn Minuten an. Wyatt spürte, wie die Anspannung nachließ.
    In Port Vila schloss er sich den Passagieren an, die den vorderen Ausgang der 747 benutzten, trat hinaus in die Luft von Vanuatu und wurde sofort von alten Empfindungen gefangen genommen. Es war eine Mischung aus Leuten, an die er sich erinnerte, aus Orten, Geräuschen und hohen Risiken, zum Leben erweckt durch tropische Düfte und die schwülwarme Luft, die sich jetzt auf seine Haut legte. Er war wieder in Indochina, zehn Monate, bevor die Regierung die Truppen zurückbeordern sollte, eine Zeit voller Risiken, er selbst auf der Flucht, nachdem er den Sold einer Basis in Long Tan geraubt hatte. Und es sollten noch vier Jahre vergehen, bis Wyatt wieder nach Hause zurückkehrte, mit neuer Identität, die Fähigkeiten vervollkommnet und noch weniger bereit, ein angepasstes Leben zu führen.
    Auf ihrem Weg zur Pass- und Zollkontrolle zerstreuten sich die Passagiere auf dem Asphalt, um sich bei der Pass-kontrolle wieder in drei Schlangen zusammenzufinden: eine kurze mit Einwohnern, die nach Vanuatu zurückkamen, zwei längere mit Besuchern, in der Hauptsache australische und neuseeländische Touristen, aber auch eine Hand voll Geschäftsleute.
    Nach zehn Minuten Wartezeit in der Schlange hatte Wyatt die Sache hinter sich und holte sein Gepäck. Es war ein Faltkoffer aus Leder, den er am Flughafen von Melbourne gekauft und mit Sachen gepackt hatte — T-Shirts, Taschenbücher, einiges aus der Apotheke —, die er mehr oder weniger wahllos in den Läden gekauft hatte, die man sowohl im Auslands- als auch im Inlandsterminal fand. Er hoffte, damit ohne Probleme durch die Gepäckkontrolle zu gelangen. Schließlich hatte er nichts zu verzollen, aber jede Menge zu verbergen. Ein Zollbeamter, der versuchen würde, aus dem Inhalt des Koffers Rückschlüsse auf Wyatts Leben zu ziehen, dürfte am Ende mit mehr Fragen als Antworten zurückbleiben. Aber man winkte ihn durch in die Ankunftshalle. Etwas unschlüssig stand er am Hauptausgang. Es war eine kleine Halle mit nicht mehr als einer Bankfiliale, einem Duty-free-Shop und einer Touristeninformation. Nun, als Erstes brauchte er Geld. Er ging hinüber zur Bank, wechselte hundert Dollar und bekam kleine, einheimische Banknoten. Anschließend machte er sich auf die Suche nach einem Telefonbuch; De Lisle war eingetragen: eine vierstellige Hausnummer am Kumul Highway.
    Wyatt verließ den Terminal. Über Augenhöhe hingen diverse Schilder unterschiedlicher Hotels und Hotelanlagen: Le Lagon, White Sands, Radisson, Royal Palms, Reriki Island. Er stellte sich an das Ende einer Schlange vor einem Minibus, bekam jedoch mit, dass die Leute dem Fahrer Gutscheine in die Hand drückten. Er trat wieder aus der Schlange und ging zurück, vorbei an einer Reihe von Bussen und nahm sich ein Taxi.
    Es war ein recht neuer, aber bereits ziemlich verbeulter blauer Datsun. Wyatt fiel auf, dass das Lenkrad links war. Den Koffer in der Hand, setzte er sich auf die Rückbank und nannte dem Fahrer eine Adresse zwanzig Hausnummern hinter der De Lisles.
    Der Fahrer nickte. Er redete nicht und Wyatt hatte auch nicht die Absicht, ihn zu ermuntern. Auf dem Beifahrersitz saß ein kleines Mädchen. Ihre Haut hatte einen Kupferton und das kurze, störrische Haar war rotblond. Sie trug ein blau-gelbes Baumwollkleid und sie starrte Wyatt ernst an, während ihr Vater das Flughafengelände verließ und sich auf den sechs Kilometer langen Weg nach Port Vila machte, eine schmale, holprige Strecke.
    Nachdem er sich aus Indochina abgeseilt hatte, war Wyatt in Zentral- und Südafrika aktiv gewesen, hatte Smaragde und De-Beers-Diamanten geschmuggelt. In gewisser Weise hatte der Handel rechts und links der Straße nach Port Vila etwas von Afrika: die Gemischtwarenläden in den einfachen, flachen Häuschen, die entweder weiß gestrichen waren oder nur die Farbe von Zement hatten, die Coca-Cola-Werbung, die Palmen und Kletterpflanzen, magere Hunde, die im Dreck schnüffelten, und vor allem die Menschen; barfuß, bekleidet mit bunter, einfacher Baumwolle, saßen sie vor den Läden, auf den Stufen der Veranden und beobachteten die vorbeifahrenden Autos. Manche Bäume sahen zerfleddert aus, hier und da gab es eine eingestürzte Mauer oder das Wellblech des einen oder anderen Daches war mit Steinen beschwert, als ob häufig Stürme über den Inseln tobten. Dann stieg die Straße kurz an und Wyatt sah hinunter auf das nicht

Weitere Kostenlose Bücher