Porterville - Mystery-Serie: Edition I (Folgen 1-6)
bis über den Kopf in meinen Problemen in der Stadtverwaltung steckte. Rhonda wollte Entschädigung für die langen Jahre der Entbehrung, die sie und wir alle durchmachen mussten, bevor die Revolution gegen den alten Bürgermeister gelang. Nachdem sich Rhonda Rückendeckung bei meinem Freund und unserem neuen Bürgermeister Takumi Sato geholt hatte, kam ich ihr entgegen, lenkte ein, stillte ihren Hunger nach Status. Wir bewohnen jetzt ein repräsentatives Haus aus dem 19. Jahrhundert am Marion Boulevard, viel größer, als wir es je brauchen würden, haben einen Gärtner und eine Haushaltshilfe. Doch das bewirkte keinen Umschwung in unserer Ehe, Rhonda wollte mehr, ihr Hunger nach Geltung und Beachtung ließ sich mit diesen Dingen nicht stillen.
Ich weiß nicht, ob es letztendlich die Liebe, unsere verflossene Liebe war, die ihr fehlte und die sie kompensiert haben wollte. Tatsache ist, dass Rhonda seit einigen Monaten oft morgens schon eine Flasche aufmacht, wenn ich das Haus verlasse, und wenn ich abends von der Arbeit zurückkomme, ist meistens eine zweite leer. Deswegen habe ich auch keine Skrupel, Emily mit zu Charlotte zu nehmen, oder sie den halben Tag in der Obhut meines Vaters zu lassen.
Rhonda torkelt nicht und sie lallt auch nicht. Sie wird nicht auffällig oder unangenehm, aber sie bleibt permanent in einem benebelten, leicht betäubten Zustand. Ich will nicht, dass sie so auf Emily aufpasst. Ich will nicht, dass Emily ihre Mutter so sieht.
Meine Versuche, Rhonda zum Entzug zu bewegen, waren bislang fruchtlos und wahrscheinlich zu halbherzig. Jetzt sprechen wir einfach nicht mehr darüber. Vielleicht nutze ich die Situation ihrer selbstgewählten Hilflosigkeit und ihren benebelten Zustand auch aus. Das tue ich sogar ganz sicher, aber ich weiß nicht, was ich an der Situation ändern sollte, ohne mich selbst zu belügen. Ich will nicht zu Rhonda zurück. Charlotte und ich sind glücklich, auch wenn das schlechte Gewissen permanent an uns nagt. Und was Rhonda will, weiß ich nicht, und ich kann es ihr nicht geben, wahrscheinlich weiß sie es selbst auch nicht.
„Wir lassen uns was einfallen wegen Emily“, sage ich zu Charlotte und sie nickt.
„Du musst los“, sagt sie. „Floyd, Walt, Rebecca und die anderen warten wahrscheinlich schon.“
Ich schmunzle. Ob sie nun meine Geliebte ist oder nicht, Charlotte bleibt weiterhin meine Sekretärin, die meine Termine wachsam im Auge behält. Ganz gleich, ob es die Termine als Leiter der Schulbehörde, Beauftragter für die Jugend und Aufseher über den Wohnungsmarkt betrifft, oder ob es um ein Attentat auf Takumi Sato geht: Charlotte wacht über meinen Kalender und mich.
Ich streife das Hemd über und binde mir die Krawatte, während ich sage: „Du musst ins Rathaus zurück. Einer von uns sollte immer da sein und unsere Leute auf Kurs halten. Wenn jemand fragt, sag, ich treffe mich mit einem Mieterverband in der Hollum Street. Ich bring Emily zu meinem Vater und treffe mich dann mit den anderen. Hoffentlich hat Morris alles vorbereitet. Jetzt darf nichts mehr schiefgehen.“ Ein Gedanke blitzt in meinem Kopf auf, ich mache eine Pause und sage dann: „Und pack ein paar Sachen, nur für den Fall, dass du die Wohnung schnell verlassen musst.“
Charlotte legt die Stirn in Falten, als sie das hört. Sie sieht angespannt aus und ich lege meine Hand sanft auf ihre Wange.
„Bist du dir sicher? Ganz sicher, dass du diesen Weg mit mir gehen willst?“
Charlotte nickt. „Bis ans Ende, Jeff. Wo immer du hingehst, komme ich mit.“
Ich gebe ihr einen Kuss und blicke dann zu Emily, die glücklich und in sich versunken in die Tasten des Klaviers haut. Es klingt, als spiele sie eine schauerliche Abschiedsmusik für Charlotte und mich.
- 3 -
Ich drücke mich an den Ordnern vorbei, zeige meine Eintrittskarte. Die Fans haben bereits mit ihren Sprechchören begonnen, und der Gesang dröhnt durch das Stadionrund. Die Ränge sind überfüllt. Wie immer. Es war Satos persönliches Anliegen, das Stadion so schnell wie möglich wieder bespielbar zu machen, nachdem es für Wochen und Monate zunächst eine Kaserne für unsere Leute war und dann als Hauptquartier von Captain Kelloggs IFIS, der Instanz für Innere Sicherheit, diente. Jetzt gehört es wieder den Bürgern der Stadt. „Brot und Spiele“ hat Sato lächelnd gesagt. „Es hat sich nichts geändert, Jefferson, Brot und Spiele machen sie glücklich.“
Brot gibt es auch im Stadion. In Form von Hotdogs, die mit
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