Porträt eines Süchtigen als junger Mann
ruhig wie möglich, lege zwei Zwanziger und einen Zehner für die Rechnung über 35 Dollar hin und gehe zum Aufzug.
Durch die Nacht quillt dichter Rauch, und bis zum nächsten Nachmittag ziehe ich neun von den sechzehn Tüten weg. Noch nie habe ich in so kurzer Zeit so viel geraucht – zwei Tüten, mit mindestens einer anderen Person geteilt, wären normalerweise schon eine reife Nacht. Meine Haut prickelt vor Wärme, und ich bin mir jedes Atemzugs und jedes Herzschlags bewusst. Meine sämtlichen Kleider und Toilettensachen sind im Hotelzimmer verstreut, und ich habe immer noch zu viel zum Rauchen, als dass ich mich mit dem Gedanken, das Zimmer zu verlassen, anfreunden könnte. Ich rufe den Taxifahrer vom Abend zuvor an und hinterlasse ein Dutzend Nachrichten. Er ruft nicht zurück. Das Packen und Aufräumen nimmt Stunden in Anspruch, mit Hunderten von kleinen Boxenstops, um zwischendurch zu rauchen und zu trinken.
Drei Stunden vor dem Flug schaffe ich mich schließlich nach unten in die Halle. Beim Abmelden fallen mir in Türnähe fünf oder sechs Männer zwischen 40 und 60 auf. Alle haben etwas unbestimmt Bestimmtes an sich – graue Hosen, festes Schuhwerk, Windjacken. JC Penney von Kopf bis Fuß. Sie reden leise miteinander, und es scheint – auch wenn ich mir nicht sicher bin –, dass sie allesamt Ohrhörer mit dezent im Hemd versteckten Kabeln tragen. Sonst ist niemand in der Halle. Am Taxistand steht ein einziger Wagen.
Das ist er
, höre ich einen der Männer sagen, oder meine es zumindest, als ich durch die Automatiktür hinaus auf den Fußweg trete. Und als ich ins Taxi steige, sehe ich, wie alle fünf oder sechs das Hotel verlassen und zu zwei, drei vor dem Gebäude parkenden Autos marschieren. Der Fahrer sieht mich wissend an und sagt mehr im Ton einer Feststellung als einer Frage:
Continental
, den Namen meiner Fluglinie, aber woher weiß er das? Ich frage ihn, und er sagt:
Wir sind in Newark, da fliegen alle Continental
. Ich blicke auf das Namensschild an der Plexiglas-Trennscheibe und sehe, dass es genau wie bei dem Taxi gestern von einem Stück Pappe verdeckt ist. Panik erfasst mich. Er lässt den Wagen an, fährt los, und als ich sehe, dass sich die Wagen mit den JC Penney-Typen an uns heften, ist mir klar, dass ich gerade die Grenze von einer Welt zu einer anderen überquere. Schon sehe ich vor mir, wie ich an diese Taxifahrt zurückdenken werde, die das Ende meines Lebens als freier Mensch markiert.
Man wird mich verhaften. Ich habe eine Tüte Crack und eine in Papier gewickelte vielgerauchte Pfeife in der Tasche meiner Jeans. Ich weiß nicht, wohin damit. Aus dem Fenster werfen? Nein, die Typen, wer immer sie sind, kleben an uns. In den Papierkorb, wenn wir anhalten? Nein, aus dem gleichen Grund. Zwischen die Sitzpolster eines Wagens, den wahrscheinlich ein verdeckter Drogenfahnder lenkt? Natürlich nicht. Runterschlucken? Vielleicht. Aber die Glaspfeife … was mache ich mit der Glaspfeife? Die Auswege blitzen auf und verpuffen einer nach dem anderen, während wir uns im Schneckentempo dem Flughafen nähern. Keiner ist machbar.
Vorm Verlassen des Hotels dachte ich, es wäre gut, was mitzunehmen, damit ich auf der Flughafentoilette noch einmal dröhnen könnte, bevor ich an Bord gehe. Zu spät wird mir angesichts des Terminals klar, was für eine hirnverbrannte Idee das war. Wir halten im Drop-Off-Bereich, und ich sehe, dass einer der Wagen direkt hinter uns ist. Ich drehe den Kopf weg, als ich aussteige und den Fahrer bezahle, den das Geld nicht zu interessieren scheint.
Mein einziger Gedanke auf dem Weg in das Gebäude ist wann. Wann werden sie mir auf die Schulter tippen und mich auffordern, meine Taschen zu leeren und mein Gepäck zu öffnen? Bei der Abfertigung? Der Sicherheitskontrolle? Am Flugsteig? Es scheint mir unmöglich, dass ich bis zum Flugsteig komme.
Piloten in Uniform gehen auf die ihnen eigene Art zu ihren Flügen. Ich stelle mir ihre unbeschwerten Familien in den hübschen, aber nicht allzu wohlhabenden Vororten von Connecticut, New Jersey und New York vor. Ihre Söhne, die kleine Modellflugzeuge basteln und damit angeben, dass sie die ganzen Namen kennen – Cessna, Piper Cub, Mooney, 747. Ich sehe die TWA -Uniform und die Mütze meines Vaters an dem altmodischen Kleiderständer in seinem Zimmer hängen und weiß noch, wie schön ich die Sachen fand, als ich jung war. Er sah wie ein Filmstar aus in der gebügelten dunklen Hose und den
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