Porträt eines Süchtigen als junger Mann
gestärkten weißen Hemden. Mein Vater.
Wie konnte das passieren
, höre ich ihn fragen, wenn er erfahren wollte, was hier abgeht.
Wie ist es dazu gekommen, Willie?
Vom Abfertigungsschalter zur Sicherheitskontrolle ist es nicht weit. Ich habe keine Ahnung, was ich tun oder wohin ich gehen soll. Wenn sie mich verhaften wollen, warum haben sie es nicht schon getan? Ich spiele mit dem Gedanken, umzukehren und ein Taxi in die Stadt zu nehmen, aber mir kommen Zweifel an meiner Wahrnehmung. Es muss an den Drogen liegen, muss Paranoia sein. Ich bin eine zu kleine Nummer im großen Gesamtplan, als dass man meinetwegen ein Hotel überwachen und einen Trupp JC Penney-Figuren auf mich ansetzen würde.
Trotzdem muss ich das Crack und die Pfeife loswerden. Ich sehe eine Toilette links vom Sicherheitsbereich und gehe schnurstracks hinüber. Als ich eintrete, ist sie leer. Zwei Kabinen und drei Pissbecken. Ich gehe zu einer Kabine in der Absicht, die Tüte und die Pfeife hinunterzuspülen, aber als ich drin bin und die Tür verriegle, sehe ich, dass das Wasser im Klo nur rieselt und anscheinend ohne Unterbrechung läuft. Die Spülung funktioniert nicht. Nebenan das Gleiche. Ich halte es für möglich, dass sie die Spülungen außer Betrieb gesetzt haben, damit ich mein Zeug nicht verschwinden lassen kann. Ich komme mir vor wie ein Tier in der Falle. Dann höre ich jemanden eintreten, lasse schnell die Hose runter und setze mich aufs Becken. Minuten vergehen, und ich rühre mich kaum. Erst versuche ich, keinen Laut von mir zu geben, dann wird mir klar, dass er natürlich meine Füße sieht und es besser ist, wenn ich mich normal verhalte. Als müsste ich mal. Der da reingekommen ist, geht nicht, und in meiner Phantasie füllt sich der Raum lautlos mit einem ganzen Einsatzkommando aus Polizei und Fahndern der Rauschgiftbehörde. Es ist mir fast unmöglich, nicht unter der Klotür durchzugucken, ob da wirklich das befürchtete Heer von Schuhen und Stiefeln lauert. Aber irgendwie möchte ich doch lieber so lange es geht im Ungewissen bleiben. Links von mir ist der Toilettenpapierspender, und langsam reiße ich ein paar Blätter von der Rolle, tue so, als ob ich mich abwische, und gebe die Geräusche von mir, die man auf dem Klo so macht. Irgendwann kommt mir dann in den Sinn, dass ich nur eine Chance habe: Ich muss die Fingerabdrücke von der Pfeife und der Tüte wischen, Toilettenpapier drumwickeln und beides im Kunststoffgehäuse des Spenders verstecken. Flüchtig denke ich zwar daran, wenigstens das Crack ins Klo zu werfen, damit es sich im Wasser auflöst und dann hoffentlich restlos verschwindet, aber etwas in mir hält mich davon ab; ich bringe es nicht über mich, mitanzusehen, wie sich der Stoff in nichts auflöst. Ich male mir die unterschiedlichen Strafmaße aus – mit Crackbesitz zehn Jahre Haft, nur mit Pfeife Bewährung? Trotzdem wische ich sowohl Pfeife als auch Tüte ab, wickle sorgfältig beides in Toilettenpapier und verstaue es im Spender. Das tue ich so leise wie möglich, dann ziehe ich meine Jeans hoch, schnalle den Gürtel zu und öffne die Tür der Kabine, als wäre es für mich die letzte Sekunde in Freiheit.
An der Wand neben dem Eingang steht ein Flughafen-Sicherheitsbeamter. Er sieht mich direkt an, als ich zum Waschbecken gehe. Und als ich auf dem Weg nach draußen an ihm vorbeikomme, tritt er auf die Kabinen zu, und unsere Arme streifen sich leicht; dann bin ich in der Halle, lasse die Sicherheitskontrolle links liegen und gehe zum Aufzug.
Ich bemühe mich, auf der Fahrt nach unten zur Gepäckaufgabe ruhig zu bleiben. Für mich steht außer Frage, dass der Sicherheitsbeamte geradewegs zu dem Toilettenpapierspender gegangen ist. Ich drehe mich nicht um, doch ich spüre die Blicke von hundert Cops und Drogenfahndern auf mir, als ich an den Drehkreuzen vorbei zum nächsten Aufzug gehe. Rund zwanzig Minuten laufe ich herum, ehe ich zur Sicherheitskontrolle zurückkehre. Ich stelle mich an die Treppe, die zur zweiten Etage hinaufführt, und beobachte die lange Reihe von Touristen, Geschäftsleuten und Studenten, die darauf warten, sich ihrer Gürtel und Schuhe zu entledigen, bevor sie die Metalldetektoren passieren. Ich sehe einen Mann mit grauer Hose, Acrylpullover und einfachen Schuhen. Es ist einer von den JC Penney-Typen aus der Hotellobby, und jetzt steht er hier, ein paar Meter entfernt, und sieht mich voll an. Direkt hinter ihm, Richtung Abfertigungsschalter, ist eine ältere Frau,
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