Poseidons Gold
noch Fälschungen gefragt!« Insgeheim wußte ich, daß ich beim Aufdröseln von Festus’ Machenschaften unweigerlich auf die eine oder andere (allerdings sicher nicht gefragte) stoßen würde.
»Gegen eine gut gemachte Fälschung ist nichts einzuwenden«, spann Papa den Faden weiter. Er wirkte äußerlich gefaßt, aber ich sah ihm an, daß er sich elend fühlte. »Und die besten unserer heutigen Reproduktionen werden natürlich irgendwann selbst einmal Antiquitäten sein.«
Ich grinste tapfer. »Das muß ich mir merken, Papa! Sobald ich mal flüssig bin und ausreichend Lagerplatz habe, werde ich in einen guten römischen Praxiteles investieren.« Natürlich beeindruckte diese versteckte Anspielung auf die Armut der Familie Didius unsere Gastgeber erst recht nicht.
Geminus rieb sich die Nase und sagte kopfschüttelnd: »Nein, nein, mein Sohn! Mit einem Lysippus bist du weit besser beraten.«
»Ja, gewiß. Der bildschöne Alexander hier in der Galerie ist mir natürlich gleich aufgefallen!« Vertraulich wandte ich mich an unsere Gastgeber: »Also den echten Auktionator, den erkennen Sie schon an der Physiognomie. Abgesehen vom unsteten Blick – den er kriegt, weil er so oft nicht existierende Gebote aus der Luft greifen muß – hat er einen Zinken wie eine Mohrrübe, die gegen eine Wand geprallt ist. Und das kommt daher, daß der arme Mann sich immer an der Nase zupft, wenn er den Kunden zu fragwürdigen Investitionen rät …« Nein, so kamen wir nicht weiter. Ich beschloß, der Farce ein Ende zu machen. »Papa, Carus und Servia wissen bereits, worin sie investieren möchten. Sie wünschen sich einen Poseidon, und zwar einen von Phidias.«
Der pingelige Cassius Carus musterte mich kühl. Doch es war Servia, Finanzier des Duos, die, nachdem sie sorgsam die dichten weißen Falten ihrer Mantille geglättet hatte, das Wort ergriff. »Nein, es handelt sich hier keineswegs um eine künftige Investition. Das fragliche Kunstwerk gehört uns nämlich schon!«
XLIII
Ich sah, wie mein Vater die Hände zusammenpreßte.
Kurz entschlossen löste ich mich von der aufgezwungenen Doppelrolle und legte eine härtere Gangart ein. »Ich bitte um Vergebung, aber ich bin erst ziemlich spät in diese Geschichte eingestiegen. Mit Ihrer Erlaubnis würde ich mich daher gern rasch vergewissern, daß ich die Fakten auch richtig im Kopf habe. Also: Mein älterer Bruder Festus hat angeblich in Griechenland eine bescheidene Statue erworben, die mutmaßlich Poseidon darstellt und dem Phidias zugeschrieben wird?«
»Und die dem Vernehmen nach von uns erworben wurde!« Carus bildete sich offenbar ein, daß er mich an Schlagfertigkeit übertrumpfen könne.
»Pardon, ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber haben Sie eine Quittung?«
»Ja, selbstverständlich!« antwortete Servia. Sie verhandelte anscheinend nicht zum ersten Mal mit meiner Familie.
»Ich habe die Belege gesehen, Marcus«, flüsterte Papa, doch ich hörte gar nicht hin.
»Und in besagtem Papier hat Festus Ihnen den Poseidon überschrieben?« Carus nickte. »Ja, aber Festus ist tot. Und was, bitte schön, geht uns das Ganze an?«
»Genau meine Rede!« Papa straffte sich. »Ich habe meinen Sohn Festus von der väterlichen Autorität losgesprochen, als er eingezogen wurde.« Das stimmte zwar vermutlich nicht, doch konnten Außenstehende es auch nicht widerlegen. Im übrigen klang es ganz plausibel, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, warum Papa und Festus sich mit solchen Formalitäten hätten rumschlagen sollen. Die Unabhängigkeit vom Vater erstrebt nur der Sohn, der zuvor unter der autoritären Fuchtel seines Erzeugers gelitten hat. In der Familie Didius hatte nie eine derart hierarchische Ordnung existiert, was unseren illustren Gastgebern vermutlich jeder Plebejer auf dem Aventin breit grinsend bestätigt hätte.
Zum Glück verkehrten Carus und Servia nicht in unserem Viertel. Doch der Hausherr wies Vaters Einwand kalt lächelnd zurück. »Ich erwarte von einem Vater, daß er die Verantwortung für die Schulden seines Sohnes übernimmt.«
»Potzblitz und Stiertestikel!« Vielleicht hielten Carus und Servia das ja für ein Zitat aus einem orientalischen Religionskult, Nein, wohl doch nicht.
»Mein Papa ist sehr erregt«, entschuldigte ich Geminus bei dem noblen Paar. »Wenn jemand behauptet, er schulde ihm eine halbe Million, dann verliert mein Vater leicht die Fassung.«
Carus und Servia starrten mich an, als hätte ich in einer Fremdsprache zu ihnen
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