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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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nicht abgewöhnt. Ich hätte wetten mögen, daß er den Rotschopf mit demselben Spielchen zum Wahnsinn trieb – und wahrscheinlich immer noch mit Absicht. Vielleicht war an dem Tag, als Censorinus dran glauben mußte, das Messer in seinem Beutel jenes alte von Mama gewesen.
    Mein Vater konnte also den Soldaten getötet haben. Aber warum? Ich ahnte den Grund: wieder mal Festus. Geminus hatte wohl versucht, seinen Lieblingssohn zu decken.
     
    Ich stand immer noch draußen und hing meinen verzweifelten Gedanken nach, als wir schon wieder Besuch bekamen. Es war so kurz nach Vaters Aufbruch, und ich war innerlich so sehr mit Geminus beschäftigt, daß ich, als ich auf der Treppe Schritte hörte, unwillkürlich dachte, er käme zurück, weil er Umhang oder Hut vergessen hätte.
    Alte Füße waren es, die sich da näherten, doch sie gehörten zu jemand viel Leichtgewichtigerem als mein Papa, der, wie Sie inzwischen wissen, sehr gut beieinander ist. Der Unterschied war mir gerade höchst erleichternd klargeworden, als der Neuankömmling auch schon über die Schwelle stolperte. So zusammenhanglos dauerte es einen Moment, ehe ich die sorgenvolle Stimme erkannte, mit der er nach mir fragte. Als ich vom Balkon hereinkam, kümmerte Helena sich um den alten Mann. Der Anblick meines sorgenvollen Gesichts ließ sie erstarren. Die Lampe, um die ich mich eigentlich hatte kümmern wollen, flackerte wie verrückt, und Helena ging hin, sie auszublasen.
    »Na so was, Apollonius! Helena Justina, das ist mein alter Lehrer, von dem ich dir neulich erzählt habe. Apollonius, Sie sehen ja furchtbar aus. Was ist passiert?«
    »Ich weiß nicht«, keuchte er. Für ältere Herrschaften war dies offenbar ein schlechter Tag an der Brunnenpromenade. Erst war mein Vater hustend und käseweiß hereingewankt, und nun hatten die sechs Treppen auch dem armen Apollonius fast den Garaus gemacht. »Kannst du kommen, Marcus Didius?«
    »Jetzt verschnaufen Sie erst einmal! Mitkommen – wohin?«
    »Ins Flora. In der Caupona ist irgendwas passiert, das weiß ich genau. Ich habe Petronius Longus eine Nachricht geschickt, aber er hat sich bis jetzt nicht gemeldet, und da dachte ich, du könntest mir vielleicht einen Rat geben. Du kennst dich doch aus mit Krisensituationen …«
    Und ob ich mich damit auskannte! Schließlich steckte ich ja bis zum Hals in einer drin.
    Helena hatte schon meinen Umhang aus dem Schlafzimmer geholt. Sie reichte ihn mir und sah mich dabei prüfend an, behielt aber ihre Fragen für sich.
    »Ganz ruhig, alter Freund.« Ich empfand eine seltsame Sympathie für Menschen, die wie ich in der Klemme steckten. »Erzählen Sie mir erst mal, was Sie so verstört hat.«
    »Das Lokal hat gleich nach der Mittagszeit dichtgemacht …« Das Flora war nachmittags nie geschlossen. Solange die kleinste Chance bestand, einem Gast eine Kupfermünze für ein lauwarmes gefülltes Weinblatt abzuknöpfen, schloß das Flora überhaupt nicht. »Seitdem kein Lebenszeichen. Der Kater kratzt an der Tür und miaut ganz schrecklich. Die Stammgäste haben erst eine Weile an die Läden gehämmert, dann sind sie gegangen.« Für Apollonius gab es wahrscheinlich keinen anderen Ort, wo er hätte hingehen können. Wenn er die Caupona unerwartet verschlossen fand, dann setzte er sich wohl hoffnungsvoll auf sein Faß und wartete ab. »Komm bitte mit, Marcus, wenn’s irgend geht. Da ist irgendwas passiert, ich hab’s im Gefühl!«
    Also küßte ich Helena, nahm meinen Umhang und begleitete den Alten. Der alte Mann konnte nur sehr langsam gehen, so daß Helena, als sie beschloß, nicht allein zurückzubleiben, keine Mühe hatte, uns einzuholen.
     
    Petronius kam kurz vor uns im Flora an. Ich war froh darüber, obwohl ich auch allein reingegangen wäre. Wie heikel das für mich gewesen wäre, war Apollonius natürlich nicht bewußt. Doch solange ich im Mordfall Censorinus noch zu den Verdächtigen zählte, war es besser für mich, am Tatort in amtlicher Begleitung zu erscheinen.
    Die Caupona sah so aus, wie der Alte gesagt hatte: Die beiden großen Läden vor den geräumigen Zugängen zu den Straßentheken waren geschlossen und von innen verriegelt. Außer mitten in der Nacht hatte ich die Caupona nie so verbarrikadiert gesehen. Petronius und ich warfen vom Gehsteig aus Steinchen gegen die beiden kleinen Fenster im Obergeschoß, aber nichts rührte sich.
    Zwirn, der ganz verzweifelt am Türpfosten genagt hatte, schoß auf uns zu, in der Hoffnung, daß wir was zu fressen

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