Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
»Ich denke schon, ja. Du bist frei, Falco. Ich werde Marponius melden, daß die Fahndung nach einem Tatverdächtigen im Falle Censorinus eingestellt ist.«
    Keiner führte Freudentänze auf. Helena mußte sich erst einmal vergewissern. »Also was war los in der Nacht, als Censorinus starb? Er muß den Kellner erkannt haben, wahrscheinlich sogar während seines Streits mit Marcus. Später hat er sich Epimandos vielleicht vorgeknöpft, und als die arme Seele merkte, daß es ihm an den Kragen ging, wußte er wohl nicht mehr aus noch ein. Falls Censorinus ein gemeiner Kerl war, hat er Epimandos womöglich damit gedroht, ihn zu seinem Herrn zurückzuschicken, und dann …«
    Ihr war so unwohl bei dieser Rekonstruktion, daß Petro sie an ihrer Statt zu Ende brachte. »Epimandos hat ihm was zu trinken raufgetragen. Censorinus war sich anscheinend der Gefahr nicht bewußt, in der er schwebte. Wir werden nie erfahren, ob seine Drohungen ernst gemeint waren. Epimandos war auf jeden Fall vor Angst wie von Sinnen – und das hatte tödliche Folgen. Verzweifelt (und sehr wahrscheinlich betrunken), wie er war, erstach er den Soldaten mit einem Küchenmesser, das er mit nach oben genommen hatte. Seine Furcht davor, zu dem sadistischen Sanitätsoffizier zurück zu müssen, erklärt auch die Brutalität der Tat.«
    »Aber warum ist er hinterher nicht geflohen?« fragte Apollonius gedankenvoll.
    »Wohin denn?« hielt ich ihm entgegen. »Nein, nein, diesmal hatte er niemanden, der ihm geholfen hätte. Er hat versucht, mit mir darüber zu sprechen.« Beim Gedanken an Epimandos’ klägliche Versuche, mich auf sich aufmerksam zu machen, überkam mich ein hilfloser Zorn auf mich selbst. »Ich hab seine Fragen als Neugier abgetan – ihn als den üblichen Sensationshungrigen abgewimmelt, der nach einem Mord herumhängt und sich wichtig macht. Ich hab ihn einfach beiseite geschoben und Rache geschworen.«
    »Du warst selbst in einer sehr schwierigen Lage«, meinte Apollonius tröstend.
    »Nicht so sehr wie er. Ich hätte merken müssen, daß der arme Mensch vollkommen hysterisch war. Nachdem er den Soldaten getötet hatte, ist er geradezu erstarrt. Das habe ich schon oft gesehen. Er tat einfach so, als ob nichts geschehen wäre, versuchte, den Mord regelrecht auszublenden. Gleichzeitig bettelte er beinahe darum, daß man ihn entlarvte. Ich hätte erkennen müssen, daß er meine Hilfe wollte.«
    »Du hättest nichts für ihn tun können!« erklärte Petronius schroff. »Er war ein entlaufener Sklave, und er hatte einen Legionär ermordet: Kein Mensch hätte ihn retten können, Marcus. Wenn er sich heute nicht selbst gerichtet hätte, wäre er gekreuzigt worden, oder man hätte ihn in die Arena geschickt. Kein Richter hätte anders entscheiden können.«
    »Um ein Haar wäre ich auf der Anklagebank gelandet«, bemerkte ich mit Grabesstimme.
    »Niemals!« warf Apollonius ein. »Das hätte er nicht zugelassen. Dazu war er deiner Familie viel zu ergeben. Was dein Bruder für ihn getan hat, bedeutete ihm mehr als alles andere auf der Welt. Er war verzweifelt, als er erfuhr, daß man dich eingesperrt hatte. Er muß schreckliche Qualen ausgestanden haben, immer in der bangen Hoffnung, du könntest deine Unschuld beweisen, ohne ihn als den wahren Täter zu entlarven. Aber seine Lage war von Anfang an aussichtslos.«
    »Was für ein trauriges Schicksal!« Helena seufzte.
    »Nach dem, was er in Alexandria erdulden mußte, war das ruhige Leben hier wie eine Offenbarung für ihn. Darum ist er auch durchgedreht bei dem Gedanken, man könnte ihn in die Knechtschaft zurückschicken.«
    »Aber deswegen einen Menschen umzubringen!« rief Helena entsetzt.
    Wieder war es Apollonius, der ihr antwortete: »Ihnen, liebe Dame, kommt diese Caupona vielleicht schauderhaft vor. Aber hier hat ihn niemand geschlagen oder ausgepeitscht oder noch entsetzlicher mißhandelt. Er hatte genug zu essen und zu trinken. Die Arbeit war leicht, und die Gäste redeten mit ihm wie mit einem Menschen. Er hatte den Kater zum Schmusen – und mich vor der Tür, falls er auf jemanden herabsehen wollte. In dieser kleinen Welt hatte Epimandos Prestige, Würde und Frieden gefunden.« Aus dem Munde eines Mannes, der selbst in Bettlerlumpen ging, war das eine herzzerreißende Ansprache.
    Wir verstummten. Aber dann hielt ich es nicht mehr aus. »Wie erklärst du dir die Sache mit dem Messer?« fragte ich Petro.
    Helena Justina warf mir einen verstohlenen Blick zu. Petronius aber erwiderte

Weitere Kostenlose Bücher