Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
Ort für sie. Ich würde sie wieder nach unten bringen müssen, nur durfte ich nicht überstürzt handeln, um sie nicht zu kränken.
    Ich beobachtete Helena, um den rechten Moment abzupassen, und so wurde ich von dem Gedanken, der mir da plötzlich durch den Kopf schoß, völlig überrumpelt. »Irgendwas stimmt nicht mit diesem Zimmer.« Verwirrt blickte ich mich um und überlegte krampfhaft, was mir so merkwürdig vorkam. »Die Größe stimmt nicht.«
    Ich brauchte keinen Grundriß von einem Experten wie Apollonius. Einmal aufmerksam geworden, sah ich auf einen Blick, daß die Räume hier oben viel kleiner waren als die im Erdgeschoß. Trotzdem stand ich auf und ging raus auf den Flur, um mich zu vergewissern. Die beiden anderen Gästezimmer, die so winzig waren, daß sie kaum zählten, lagen über der Küche und Epimandos’ Verschlag. Knapp ein Quadratmeter Fläche ging noch für die Treppe ab. Doch jene Kammer in der man Censorinus ermordet hatte, war mit ihren etwa vier Quadratmetern nur halb so groß wie unten der Schankraum der Caupona.
    Helena war inzwischen doch hereingekommen. »Hier gibt’s ja bloß ein Fenster.« Was für ein scharfer Blick! Mir war sofort klar, wovon sie sprach. Als Petronius und ich von der Straße aus Steinchen geworfen hatten, erblickten wir über uns zwei quadratische Fenster. Dieser Raum aber hatte nur ein einziges. »Es muß hier oben noch ein Schlafzimmer geben, Marcus – aber zu dem fehlt die Tür.«
    »Oder man hat sie zugemauert.« Und noch während ich das sagte, fiel mir ein möglicher Grund dafür ein. »O ihr Götter! Helena, vielleicht ist hier oben was versteckt – am Ende noch eine Leiche!«
    »Also wirklich, Marcus! Daß du immer gleich alles so dramatisieren mußt!« Helena Justina war eine vernünftige junge Frau, eine Partnerin, wie jeder Detektiv sie haben sollte. »Wie kommst du denn ausgerechnet auf eine Leiche?«
    Ich versuchte, mich nicht lächerlich zu machen. »Epimandos war jedesmal außer sich vor Angst, wenn man ihn nach den Zimmern hier oben fragte.« Ich merkte selbst, wie ich unwillkürlich flüsterte, als fürchtete ich, belauscht zu werden. Natürlich war außer uns niemand da – und wenn doch, dann war dieser Jemand seit Jahr und Tag gut versiegelt und eingesperrt. Eine Unterhaltung fiel mir ein, die ich seinerzeit offenbar mißdeutet hatte. »Irgendwas ist hier versteckt, Helena, glaub mir. Ich hab mal einen Witz gemacht über verborgene Geheimnisse, und Epimandos hätte fast einen Anfall gekriegt.«
    »Du meinst, er hat hier was versteckt?«
    »Nein.« Mich überkam jene vertraute Vorahnung, daß in nächster Nähe etwas Unabwendbares lauerte. »Jemand anders. Aber jemand, dem Epimandos so ergeben war, daß er sein Geheimnis bewahrt hat …«
    »Festus!« rief sie. »Dein Bruder hat hier etwas versteckt und nicht mal dir was gesagt.«
    »Tja, anscheinend hat er mir nicht getraut.«
    Nicht zum ersten Mal mußte ich gegen ein Gefühl brennender Eifersucht ankämpfen, weil sich wieder mal herausstellte, daß Festus und ich uns nie so nahe gewesen waren, wie ich gern geglaubt hätte. Vielleicht hatte ihn ja niemand wirklich gekannt. Vielleicht hatte auch unser Vater ihn nur für kurze Zeit erreicht. Denn nicht einmal Papa wußte von diesem Versteck hier, dessen war ich mir sicher.
    Ich dagegen kannte es jetzt. Und was immer mein Bruder darin zurückgelassen hatte – ich würde es finden.
LXII
    Ich rannte nach unten, um nach Werkzeug zu suchen, und sah mir auf dem Wege gleich noch einmal den schmalen Treppenabsatz an. Falls es jenes Zimmer gab, so war es nie vom Flur aus zugänglich gewesen, denn da, wo die Tür hätte sein müssen, waren entschieden die Stufen im Weg.
    Als ich mit Hackbeil und Fleischklopfer aus der Küche zurückeilte, kam ich mir vor wie ein Fleischer, der im glutheißen August Amok läuft. »Der Zugang zu dem versteckten Raum muß in diesem Zimmer gewesen sein.« Das ist in Rom nichts Ungewöhnliches. Tausende von Leuten erreichen ihr Schlafzimmer nur durch einen anderen Raum, manchmal sogar erst eine ganze Reihe von Räumen. Die häusliche Privatsphäre gilt in unserer Kultur nicht viel.
    Als ich jetzt die Wand abklopfte, versuchte ich, nicht an das Blut des Soldaten zu denken, das sie bespritzt hatte. Die grob verputzte Lattenkonstruktion war ein solches Pfuschwerk, daß sie glatt von meinem Schwager Mico hätte stammen können. Und jetzt fiel mir ein, wie Mico mir erzählt hatte, Festus habe ihm Arbeit verschafft … Ich

Weitere Kostenlose Bücher