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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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bezweifelte allerdings, daß Mico je gesehen hatte, was in dem neu abgetrennten Raum eingemauert war. Nein, den Eingang hatte gewiß jemand anderes heimlich zugebaut – höchstwahrscheinlich jemand, den ich kannte.
    »Festus!« murmelte ich. Festus, an seinem letzten Abend in Rom … Festus, der mitten in der Nacht aus Lenias Wäscherei verschwand, weil er angeblich noch was zu erledigen hatte.
    Bestimmt hatte er mich deswegen gesucht: Er brauchte meine Hilfe fürs Grobe. Jetzt war ich ohne ihn hier und würde seine Arbeit wieder zerstören. Ein komisches Gefühl, ein Gefühl, das nicht unbedingt nur liebevoll war.
    Wenige Zentimeter neben dem Kleiderhaken fand ich eine Unregelmäßigkeit in der Wand. Also ging ich diese Seite des Zimmers noch einmal ab und beklopfte die Mauer mit den Knöcheln. Und tatsächlich: Der Ton änderte sich, so, als würde ich einen Hohlraum abtasten, der etwa sechzig Zentimeter breit war. Gerade groß genug für eine Tür.
    »Marcus, was hast du vor?«
    »Was Riskantes.« Zerstören geht mir gegen den Strich, und die Caupona war so windig gebaut, daß ein falscher Schlag die ganze Bude zum Einsturz bringen konnte. Aber ich sagte mir: Türstöcke sind in der Regel stabil. Zur Vorsicht hopste ich auf dem Fußboden herum, aber auch die Dielen wirkten zuverlässig. Jetzt mußte ich nur noch die Daumen drücken, daß das Dach nicht runterkam.
    Ich tastete nach einem Spalt, rammte das Hackbeil wie einen Meißel hinein und schlug mit dem Fleischklopfer dagegen. Der Verputz bröckelte und rieselte zu Boden, aber ich war doch zu zaghaft gewesen. Ich mußte mehr Kraft einsetzen, wollte aber auch saubere Arbeit leisten. Schließlich hatte ich nicht vor, in einem Geröllhagel in das verborgene Zimmer reinzukrachen. Was sich darin verbarg, war sicher sehr empfindlich.
    Als ich die oberste Schicht des Verputzes abgeklopft hatte, konnte ich bereits Türstock und -rahmen ertasten. Der Eingang war mit Schamottsteinen aufgefüllt, eine schlampige Arbeit, die vermutlich in großer Eile erledigt worden war. Der Mörtel, eine schwache Mischung, zerbröckelte einem praktisch unter den Händen. Ich versuchte, von oben her die Steine herauszulösen: ein schrecklich staubiges Unternehmen. Mit großer Mühe bekam ich den ersten frei, danach ging es schon etwas leichter. Einen nach dem anderen löste ich jetzt aus der Wand und reichte sie Helena, die sie an der Seite stapelte.
    Das verborgene Zimmer existierte und hatte auch ein Fenster, das zu dem im Nebenraum paßte, aber in dem verstaubten Gemach war es trotzdem stockdunkel. So angestrengt ich auch durch das Loch spähte, ich konnte nichts erkennen. Also machte ich mich geduldig daran, die Öffnung in der ehemaligen Tür so weit zu vergrößern, daß ein Mensch sich hindurchschieben konnte.
    Als das geschafft war, trat ich zurück, um zu verschnaufen, während der Staub sich setzte. Helena legte mir den Arm auf die verschwitzte Schulter und wartete ab, was ich weiter unternehmen würde. Dreckverschmiert grinste ich sie an; wir waren beide sehr gespannt.
    Ich griff nach der Keramiklampe, leuchtete damit ins Dunkel und zwängte mich dann seitwärts durch den engen Spalt in die Grabesstille des angrenzenden Zimmers.
    Halb und halb hatte ich gehofft, darin auf kostbare Schätze zu stoßen. Allein, die Kammer war leer bis auf einen einzigen Bewohner. Als ich die Schultern durch den Spalt bugsiert hatte und mich aufrichtete, sah ich dem Mann genau in die Augen. Er stand an der gegenüberliegenden Seite und fixierte mich mit durchdringendem Blick.
LXIII
    »O Jupiter!«
    Es war kein Mensch, sondern ein Gott; unverkennbar der Herr über alle anderen Götter.
    Vor fünfhundert Jahren hatte ein Bildhauer mit göttlichem Talent einem massiven Marmorblock Leben eingehaucht und dieses Wunderwerk geschaffen. Derselbe Künstler, der später den Parthenon ausschmücken durfte, hatte zu der Zeit, als sein Ruhm noch nicht in aller Munde war, für ein anonymes Inseltempelchen einen Zeus modelliert, der alle Erwartungen übertroffen haben mußte. Fünfhundert Jahre später verscherbelte eine Bande priesterlicher Banausen ihn an meinen Bruder. Und jetzt stand er hier.
    Diesen Koloß die enge Treppe hinaufzuwuchten mußte eine Herkulesarbeit gewesen sein. Die Stricke, mit denen mein Bruder sich eine Seilwinde gebastelt hatte, lagen noch achtlos hingeworfen in einer Ecke. Ob Epimandos ihm wohl geholfen hatte? Wahrscheinlich.
    Helena hatte sich inzwischen auch hereingeschoben. Sie

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