Poseidons Gold
mit unergründlicher Miene: »Epimandos hat gelogen, als er behauptete, das Messer nie gesehen zu haben. In Wahrheit hat er es viel benutzt. Übrigens bin ich gestern darauf gestoßen, wie das Messer in die Caupona gekommen ist«, setzte er hinzu. Ich war sprachlos.
»Und wie?«
»Lassen wir das.« Auf einmal war der Wachhauptmann verlegen. Und da er sah, daß ich ihm widersprechen wollte, rief er: »Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden, Falco!«
»Nein, wir sollten auch dieses Rätsel noch klären«, sagte ich ruhig. »Ich glaube, das Messer hat Mutters Küche zusammen mit meinem Vater verlassen …«
Petro unterdrückte einen Fluch. »Stimmt! Ich wollte es nicht eigens erwähnen. Du bist ja bei gewissen Themen so was von empfindlich …«
»Wovon redest du, Petro?«
»Wie? Ach, nichts, gar nichts.« Er versuchte, etwas vor mir zu verbergen; das war offensichtlich. Und lächerlich. Den Mord hatten wir aufgeklärt, und trotzdem schlitterten wir anscheinend nur immer tiefer in ein Geheimnis hinein. »Schau, Falco, dieses Messer hat von Anfang an zum Besteck der Caupona gehört. Es war dort, seit das Lokal vor zehn Jahren eröffnet wurde.« Noch nie war er mir so schlitzohrig, ja hinterhältig vorgekommen.
»Woher weißt du das?«
»Ich hab die Besitzerin gefragt.«
»Flora?«
»Flora«, wiederholte Petronius, als ob damit alles gesagt wäre.
»Ich dachte, diese Flora gibt’s nicht.«
»O doch.« Petronius stand auf und wandte sich zum Gehen.
»Und wie«, fragte ich energisch, »ist diese Flora an das Messer gekommen, wenn mein Vater es doch hatte?«
»Zerbrich dir darüber nicht den Kopf«, meinte Petro. »Ich führe in diesem Fall die Ermittlungen, und ich weiß alles über das Messer.«
»Ich hab ein Recht, zu erfahren, wie es hierhergekommen ist!«
»Aber nicht von mir!«
»Menschenskind, Petro! Um ein Haar hätte man mir wegen dem verdammten Ding den Prozeß gemacht.«
»Tja, das Leben ist hart.«
Petronius Longus konnte ein absolutes Ekel sein, wenn er’s drauf anlegte. So ein Beamtenposten steigt einem scheint’s leicht zu Kopf. Ich sagte ihm, wie ich über ihn dachte, aber er ignorierte meinen Wutausbruch einfach.
»Ich muß gehen, Falco. Ich muß die Eigentümerin darüber informieren, daß der Kellner tot und die Caupona verwaist ist. Die Menge da draußen lauert nur auf einen Vorwand, das Lokal zu stürmen und das Mobiliar kurz und klein zu schlagen, während sie sich den Wein gratis genehmigt.«
»Wir bleiben hier«, erbot sich Helena ruhig. »Marcus wird Diebe und Plünderer fernhalten, bis Sie einen Wachmann herschicken können.«
Petro sah mich fragend an. »Geht in Ordnung«, sagte ich. »Schließlich bin ich Epimandos was schuldig.«
Petronius zuckte die Schultern und lächelte. Warum, war mir schleierhaft, aber ich hatte eine solche Wut auf ihn, daß es mir auch egal war.
LXI
Ich sagte Helena, sie solle nach Hause gehen; widerspenstig, wie sie ist, kam sie mit mir.
»Ich brauch’ keine Aufpasser.«
»Da bin ich anderer Ansicht!« widersprach sie schnippisch.
Der Leichnam des Kellners lag immer noch im Schankraum, und so verdrückten wir uns in die Hinterzimmer. Helena marschierte geradewegs in die winzige Kammer, in der Epimandos geschlafen hatte, und setzte sich aufs Bett. Ich blieb in der Tür stehen. Sie kochte vor Wut.
»Warum haßt du deinen Vater so sehr, Falco?«
»Wie kommst du denn jetzt darauf?«
»Vor mir kannst du’s nicht verbergen. Ich weiß Bescheid!« tobte sie. »Ich durchschaue dich, Marcus. Und ich habe dir angesehen, was für einen perversen Verdacht du wegen des Messers hattest.«
»Petronius hat recht gehabt. Vergiß das Messer.«
»O ja, er hat recht – aber dich zu überzeugen war eine Plackerei. Du und deine verdammten Vorurteile – du bist ein hoffnungsloser Fall! Dabei hatte ich wirklich geglaubt, daß du nach Capua und nach deinen Begegnungen mit Geminus während der letzten Wochen hier in Rom endlich kapiert hättest. Ich hatte so darauf gebaut, daß ihr euch wieder vertragen würdet«, jammerte sie.
»Manche Dinge ändern sich eben nicht.«
»Du nicht, das ist mal sicher!« Es war lange her, daß ich Helena so zornig erlebt hatte. »Marcus, dein Vater liebt dich!«
»Jetzt mach aber mal halblang! Dem liegt ebensowenig was an mir wie an meinen Schwestern. Festus war sein Liebling, aber das ist eine andere Geschichte. Festus konnte jeden um den Finger wickeln.«
»Du hast dich da in was verrannt«, widersprach Helena unglücklich.
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