Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
Stare stob wie eine dunkle Wolke vom Dach und kreiste verschreckt über den Nachbarvillen. Ich marschierte mit zwei Helfern die Straße entlang, und jeder von uns schlug einen gewaltigen Gong.
    In einem vornehmen Viertel wie diesem pflegen die Anlieger selbst wüste Exzesse außerhalb ihrer vier Wände zu ignorieren und die Nase einfach etwas tiefer in die Kissen zu pressen, aber wir schafften es, sie aufzuwecken. Wir lärmten einfach so lange weiter, bis die ganze Straße wach war. Fensterläden flogen auf. Wachhunde schlugen an. Strubbelköpfe lugten aus den Türen, indes wir feierlich drauflosläuteten und -hämmerten wie die Anhänger eines furchteinflößenden religiösen Kultes.
    Zu guter Letzt kamen auch Carus und Servia aus ihrem Haus gestürzt.
    »Na endlich!« brüllte mein Vater, und ich schritt mit meinen Helfern würdevoll zu ihm und dem Karren. »Die Geier erscheinen zur Abrechnung!« erklärte Papa dem zusammengeströmten Publikum. »Wohlan, so höret: Aulus Cassius Carus und Ummidia Servia behaupten, daß mein Sohn Didius Festus – der hoch dekoriert den Heldentod auf dem Schlachtfeld starb – mit einer halben Million Sesterzen bei ihnen in der Kreide stand. Sei’s, wie es sei: Niemand darf der Familie Didius nachsagen, daß sie ihre Schulden nicht begleicht!« Es war ein glanzvoller Auftritt. Jahrelanger Umgang mit düpierten Kunden in der Auktionshalle hatte Papa den Trick gelehrt, so zu reden, als fühle er sich übers Ohr gehauen, auch wenn er den Schwindel nicht recht durchschaute. »Hier ist nun der fällige Betrag, und ich rufe alle Anwesenden als Zeugen auf.«
    Damit trat mein Vater an den Rand der Ladefläche, wo ich schon bereitstand.
    »Hier haben Sie Ihr Geld, Carus! Sie brauchen nicht nachzuzählen!«
    Gemeinsam stemmten wir die erste Truhe hochkant, klappten den Deckel hoch und schütteten den Inhalt auf die Fahrbahn. Den Kunstsammlern rollte die erste Ladung unserer halben Million vor die Füße. Mit bangem Aufschrei stürzten die beiden näher und versuchten erfolglos, all die Münzen aufzuklauben, die klimpernd übers Pflaster und in den Rinnstein sprangen. Unterdessen hatten wir die leere Truhe beiseite gerückt und die nächste nach vorn an die Laderampe gewuchtet. Mit Hilfe unserer Gefährten setzten wir das Spiel fort, bis ein brusthoher Berg funkelnder Münzen den Eingang zur Villa Carus versperrte, wie einer dieser großen Haufen Streusand, die man im Winter am Rand besonders steiler Straßen findet.
    Es war lauter Kleingeld. Kiste für Kiste bunt sortierter Kupfer-, Bronze- und Silbermünzen klirrten zu Boden wie die Glimmerplättchen, die zuhauf im Sand des Circus Maximus flimmern. Wir kippten den vollen Betrag aufs Pflaster. Quittung brauchten wir keine, denn die ganze Straße konnte unsere Lieferung bezeugen. Tatsächlich rannten, als wir den Karren wendeten und abfuhren, viele der so hilfsbereiten Nachbarn des kunstsinnigen Paares in Nachtgewand und Pantoffeln herbei, um Carus und Servia beim Einsammeln des Geldes zur Hand zu gehen.
    »Viel Spaß damit, Carus!« rief mein Vater und schoß zum Abschied noch einen letzten Pfeil ab: »Dies kleine Sümmchen dürfte für eine Weile die Latrinengebühr decken!«
LXVI
    Ein paar Wochen später versetzte ein angekündigter Privatverkauf die ganze Kunstwelt in Aufruhr.
    In der Galerie Cocceius stand eine interessante Marmorplastik.
    »Ich kann keinerlei Garantie geben«, sagte Cocceius, eines der seltenen Fossile vom Typ ehrbarer Händler, »weder für den Künstler noch für das Alter des Werkes.«
    Unter den Sammlern sprach sich bald herum, wie auffallend schön die Statue sei, und sie kamen in Scharen, um sie zu bestaunen. Es war ein Poseidon: nackt mit lockigem Vollbart, den Dreizack in der wurfbereit erhobenen Rechten. Sehr griechisch – und eine wahre Augenweide.
    »Die Statue hat eine interessante Geschichte«, erzählte Cocceius. Er war ein ruhiger, vertrauenerweckender Mensch, eine wahre Stütze der Auktionatorengilde. »Als der ehrenwerte Senator Camillus Verus den Haushalt seines verstorbenen Bruders auflösen wollte, fand er diese recht ansehnliche Plastik auf dem Dachboden.«
    Das alte Ammenmärchen!
    Überall in Rom stürmten die Leute auf ihre Dachböden und suchten nach vergessenen Marmorstatuen.
    Niemand außer dem Senator hatte eine.
     
    Zwei Leute, ein Mann und eine Frau, kamen dick vermummt und verschleiert, um die Statue inkognito zu besichtigen. Cocceius nickte ihnen vertraulich zu.
    »Wie steht’s mit der

Weitere Kostenlose Bücher