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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Augenblick jegliche Freude vergangen.
     
    Ich spazierte übers Forum. Auf seinen Wunsch hatte ich meinen Vater in die Saepta begleitet und in seinem Büro gelassen. Er stand noch unter Schock, war aber wieder leidlich nüchtern. Er wollte allein sein, und auch ich mochte niemanden sehen. Meine ganze Familie, einschließlich Helena, war bestimmt schon bei meiner Mutter versammelt; und die Vorstellung, mit Girlanden empfangen zu werden, wenn ich ihnen doch nichts weiter mitbrachte als meine eigene Dummheit, war unerträglich.
    Ich hätte dem Kerl auf die Finger gucken müssen. Orontes hatte mir weisgemacht, daß er ungestört arbeiten wollte. Und ich war auf diese plumpe Lüge reingefallen.
    Kreativität ist was sehr Delikates. Betrug ist eine hohe Kunst.
    Die Parzen verstehen sich auf die Kunst, unserer Arroganz einen Dämpfer aufzusetzen. Ich streifte durch Rom, trieb mich rastlos rum, wollte einen Weg finden, um das, was ich angerichtet, und die Chancen, die ich verspielt hatte, zu akzeptieren. Wenn ich nicht verrückt werden wollte, mußte ich was unternehmen.
    Noch waren einige Fragen zu klären. Über dem ganzen Rummel hatte ich den ursprünglichen Auftrag meiner Mutter nicht vergessen. Wir hatten einen Mord aufgeklärt, Papa und ich, und beinahe wäre uns im Namen der ganzen Familie ein erfolgreicher Rachefeldzug geglückt, aber eines blieb dennoch offen: Welche Rolle hatte mein älterer Bruder wirklich gespielt?
    Vielleicht war sein Rechtsempfinden getrübt, damals. Carus hatte ihn, mit Orontes’ Hilfe, hereingelegt. Festus konnte ich das kaum vorwerfen, nachdem Orontes auch mich betrogen hatte. Ein Geschäft war schiefgegangen, das einzige, von dem ich wußte. Aber obwohl er die Fakten nicht kannte, hatte Festus versucht, das wieder in Ordnung zu bringen. Nur sein Tod hatte ihn daran gehindert. Nur die Tatsache, daß er niemandem traute – nicht mal Vater, nicht mal mir –, hatte dafür gesorgt, daß sein Plan nicht aufging.
    War Festus ein Held?
    Ich glaube nicht an Heldentum. Und ich glaube nicht, daß Festus Rom ein glorreiches, selbstloses Opfer gebracht hat. Ehrlich gesagt, habe ich das nie geglaubt. Ja, er war ein Romantiker – aber wenn er aus unerfindlichem Grund jemals diesen Weg gewählt hätte, dann hätte er vorher seine Geschäfte unter Dach und Fach gebracht. Der Gedanke, ein unvollendetes Projekt zu hinterlassen, wäre meinem Bruder zuwider gewesen. Der Phidias, der so geschickt in Rom eingemauert war, daß ihn womöglich keiner gefunden hätte; die Marmorblöcke auf dem Hof meiner schlafmützigen Onkel – beides bewies mir, daß Festus vorgehabt hatte, nach Rom zurückzukommen.
    Oder dachte er, ich würde den Handel zu Ende bringen? Nein. Ich war zwar sein Testamentsvollstrecker, aber nur, weil die Armee ihn gezwungen hatte, ein Testament zu machen. Das ganze war ein Witz, denn offiziell hatte Festus nichts zu vererben. Es war nie vorgesehen, daß ich jene Projekte übernehmen sollte, die meines Bruders ganzer Stolz waren. Die gingen nur ihn etwas an, und er hatte sie selbst zum Abschluß bringen wollen.
    Mir fiel als Vermächtnis jetzt nur die Entscheidung darüber zu, ob sein Name künftig unbefleckt strahlen würde oder nicht.
    Aber wie konnte ich das entscheiden?
    Mir blieb nichts weiter übrig, als um ihn zu trauern. Es gab keinen zweiten wie ihn. Zu jeder Schlechtigkeit, die ich je begangen hatte, war ich von ihm angestiftet worden. Aber das galt umgekehrt auch für jede liebevolle oder großzügige Tat. Auch wenn ich nicht glaubte, daß Festus ein Held war, blieb noch vieles, woran ich glaubte: sein großes Herz, sein schillerndes, kompliziertes Wesen, das uns alle auch drei Jahre nach seinem Tod noch prägte.
    Ich hatte schon viel zuviel Zeit mit Grübelei vertan. Heute abend würde ich, falls es sie denn irgendwo gab, die Wahrheit herausfinden.
     
    Ich war über die Scalae Gemoniae vom Felsen des Kapitols zum Forum hinuntergestiegen und auf die Straße gekommen, auf der die Leichen der im Staatsgefängnis Hingerichteten zum Tiber geschleift werden. Vorbei an Rostra und Goldenem Meilenstein wanderte ich die Basilica Julia bis zum Castortempel, wo ich kurz daran dachte, in die Thermen zu gehen, den Gedanken aber gleich wieder verwarf. Ich war jetzt nicht in der Stimmung, mich von Sklaven verwöhnen zu lassen und mit Freunden zu parlieren. Also ging ich weiter, vorbei an Vestatempel und Atrium Vestae, bis zur Anhöhe zwischen Forum und Titusbogen, die bei den Republikanern die

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