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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Außerdem hätte Censorinus den Eindringling lange vorher gehört.
    »Ich glaube«, sagte ich kopfschüttelnd, »daß der Mörder die Treppe genommen hat.«
    »Und wer war’s?«
    »Hetz mich nicht, ich arbeite ja dran!«
    »Dann leg aber mal einen Zahn zu! Marponius hat mich morgen zum Rapport über diesen verdammten Fall bestellt, und ich prophezeie dir jetzt schon, daß ich dich hinterher einlochen soll.«
    »Dann gehe ich dir lieber aus dem Weg.«
    Petro knurrte etwas Unverständliches und ließ mich ziehen.
    Ich war schon um die Ecke, als mir einfiel, daß ich ihn nach der Wirtin der Caupona hatte fragen wollen, jener geheimnisvollen Vermieterin, die laut Epimandos den Leichnam gefunden hatte.
     
    Schweren Herzens kehrte ich zu Mama zurück. Bis auf ein paar Vermutungen zum Verlauf des Abends, an dem Censorinus ermordet wurde, war ich keinen Schritt weitergekommen. Und was sein Tod mit Festus zu tun hatte, war mir absolut schleierhaft. Censorinus war von jemandem umgebracht worden, der ihn abgrundtief haßte. Derart krasse Feindseligkeiten paßten nicht zu meinem Bruder, der zwar ein Luftikus, aber mit aller Welt gut Freund gewesen war.
    Oder täuschte ich mich? Vielleicht hatte ja irgendwer, von dem ich nichts wußte, einen Zorn auf Festus, und womöglich hatte das einen Menschen das Leben gekostet, der als Partner meines Bruders aufgetreten war?
    Die grausige Szenerie des Mordzimmers verfolgte mich noch, als ich Mamas Haus betrat.
    Durch meine Scherereien mit Petro war ich ohnehin schon arg in die Enge getrieben, doch sobald ich in die Wohnung kam, stellte sich mir ein neues Problem: Helena Justina erwartete mich, und zwar allein.
    Meine Mutter war ausgegangen – sie besuchte eine meiner Schwestern und würde wahrscheinlich über Nacht bleiben. Ich hielt das für ein abgekartetes Spiel. Unser Kutscher aus Germanien hatte seinen mageren Lohn bekommen und war seiner Wege gegangen. Helena hatte ihre Zofe an ihre Mutter ausgeliehen. Auf dem Aventin hat niemand eine Zofe.
    Wir waren also ganz allein in der Wohnung. Seit Wochen waren wir nicht mehr so für uns gewesen, aber leider war die Stimmung alles andere als romantisch.
    Helena wirkte auffallend still. Das machte mir angst. Es brauchte schon eine ganze Menge, um mein Mädchen aus der Fassung zu bringen, aber ich schaffte es ziemlich oft. Wenn sie gekränkt war und verletzt, dann verlor ich jeden Zugang zu ihr, und jetzt war sie zutiefst gekränkt. Ich ahnte, was kommen würde. Helena hatte den ganzen Tag über das nachgegrübelt, was Allia ihr gesteckt hatte, und nun wollte sie mich über Marina ausfragen.

XVII
    Erst mal ging es ruhig an. Helena erlaubte mir, sie auf die Wange zu küssen. Ich wusch mir die Hände, zog die Stiefel aus, und dann gab’s Abendbrot, das wir stumm hinter uns brachten. Ich ließ das meiste von meinem Essen stehen.
    Für taktisches Vorgeplänkel kannten wir uns einfach zu gut. »Magst du drüber reden?«
    »Ja.« Immer direkt, die Frau.
    Nach dem, was mir heute abend vor Augen gekommen war, fühlte ich mich eigentlich keinem Streit mehr gewachsen, aber ich hatte Angst, daß alles zu Ende sein könnte, wenn ich mich jetzt drückte.
    Also versuchte ich, meine Gedanken zu sammeln, und sah sie dabei an.
    Helena trug ein langärmeliges dunkelblaues Wollkleid und dazu passenden Achatschmuck. Beides stand ihr gut, beides hatte sie schon vor meiner Zeit besessen, und ich erinnerte mich noch lebhaft, daß sie genau das angehabt hatte, als wir uns damals in Britannien kennenlernten. Helena war seinerzeit eine hochnäsige, äußerst unabhängige junge Frau gewesen, und obendrein frisch geschieden. Zwar hatte die gescheiterte Ehe ihr Selbstvertrauen untergraben, doch der Trotz und der Zorn, die sie erfüllten, sind mir noch deutlich in Erinnerung. Wir hatten uns gleich in die Haare gekriegt, aber der Konflikt löste sich dank einer geheimnisvollen göttlichen Metamorphose rasch in einträchtigem Gelächter auf, worauf wir uns fast zwangsläufig ineinander verliebten.
    Das blaue Kleid und die Achate waren für mich ein deutliches Zeichen. Helena mochte das nicht beabsichtigt haben. Vorsätzlich geplante dramatische Auftritte waren absolut nicht ihr Fall, aber ich interpretierte ihre Kleiderwahl als Fanal, das mir zeigen sollte, sie wäre durchaus imstande, zu jedem ihr passenden Zeitpunkt wieder ihre eigene Herrin zu sein.
    »Helena, man soll spätabends keinen Streit anfangen.« Ein aufrichtig gemeinter Rat, der hier leider fast wie eine

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