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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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reizte es mich auch nicht, unter den Dielenbrettern rumzustöbern. Außerdem stellten sich da rein praktische Probleme: Ich hatte nur sehr wenig Zeit, kein Brecheisen dabei und durfte keinen Lärm machen. Wahrscheinlich würde Petro wiederkommen und den Fußboden aufreißen. Besser, daß er fand, was immer dort versteckt sein mochte.
    Ich versuchte, mir alles genau einzuprägen, um später daheim darüber nachzudenken. Im nachhinein gewinnen manchmal Kleinigkeiten, die zunächst gar nicht wichtig scheinen, unversehens an Bedeutung.
    Endlich schob ich mich mit abgewandtem Blick an der Leiche vorbei und schlüpfte hinaus.
    Ich mußte mich ordentlich zusammenreißen, um mit halbwegs ruhiger Hand die Absperrseile so zu verknoten, daß niemand Verdacht schöpfen würde. Als ich das geschafft hatte und mich zum Gehen wandte, sah ich eine Gestalt unten an der Treppe stehen, die mich schier zu Tode erschreckte.
    »Epimandos!«
    Wir starrten einander an, und ich erkannte selbst auf die Entfernung, daß er genausoviel Angst hatte wie ich.
    Langsam, ganz langsam stieg ich die Treppe hinunter und spürte auf jeder Stufe, wie das Grauen von oben mir nachschlich und mich im Nacken kitzelte.
    Epimandos versperrte mir den Weg. Er trug eine Tonschüssel voller Austern, die er mühelos in der Armbeuge zu balancieren schien; offenbar trainiert es die Muskeln, wenn man jahrelang riesige Töpfe vom Feuer auf die Thekenlöcher und wieder zurück hievt.
    »Ach, du bringst die Austern … So ein Pech, ich hab keinen Appetit mehr.«
    »Weißt du schon, wer’s war?« flüsterte der käsebleiche Kellner ängstlich.
    »Ich jedenfalls nicht!«
    »Natürlich nicht.« Epimandos hatte gelernt, seinen Stammgästen die Stange zu halten.
    Eigentlich hätte ich mir eine kleine Verschnaufpause gewünscht, aber weil ich den Kellner ausnahmsweise einmal hier draußen in der Küche sprechen konnte, wo keine fremden Ohren uns belauschten, fragte ich ihn nach der Mordnacht.
    »Das hab ich alles schon dem Wachhauptmann erzählt.«
    »Du hast doch Gemeinschaftssinn. Erzähl’s mir einfach noch mal.«
    »Das gleiche, was ich Petronius gesagt habe?«
    »Nur, wenn’s die Wahrheit ist! Also: Wann ist Censorinus nach dem kleinen Zwist mit mir wieder hier aufgekreuzt?«
    »Noch am selben Abend.«
    »Allein?«
    »Ja.«
    »Da bist du ganz sicher?«
    Epimandos war sicher gewesen, bis ich ihn ins Kreuzverhör nahm. Als er noch einmal gründlich nachdenken sollte, kamen ihm prompt Zweifel. Seine Augen rollten wild, als er zitternd beteuerte: »Jedenfalls war er allein, als er hier gegessen hat.«
    »Aha. Und danach – ist er im Flora geblieben?«
    »Ja.«
    »Und hat getrunken?«
    »Nein, er ist gleich nach oben gegangen.«
    »Hat er irgendwas gesagt?«
    »Was soll er denn gesagt haben?« erkundigte Epimandos sich argwöhnisch.
    »Na, irgendwas.«
    »Nein.«
    »Und hat später am Abend jemand nach ihm gefragt?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Hattest du denn an dem Abend viel zu tun?«
    »Jedenfalls mehr als Valerius.« Das hieß normaler Betrieb.
    »Hätte an dem Abend jemand an dir vorbei in die Küche und hinauf zu den Fremdenzimmern gehen können, ohne daß du ihn bemerkt hättest?«
    »Könnte sein.« Vorn am Tresen und in der Gaststube war es so eng, daß sich eigentlich keiner unbemerkt hineinmogeln konnte. Aber den Hintereingang der Caupona, durch den wir Stammgäste entwischten, wenn wir den Schuldeneintreiber kommen sahen, den konnte der Kellner unmöglich die ganze Zeit im Auge behalten. Darum nahmen auch die Gerichtsvollzieher samt ihren Schergen diesen Weg mit Vorliebe, weil sie so ihre Opfer überrumpeln konnten.
    »Bist du zwischendurch mal weg gewesen?«
    »Nein, doch nicht bei dem Sauwetter.«
    »Und du hast den ganzen Abend bedient?«
    »Bis zur Sperrstunde, ja.«
    »Wohnst du eigentlich auch hier?« Epimandos nickte widerstrebend. »Zeig mir mal deine Kammer.«
    Der Verschlag neben der Küche, in dem der Kellner hauste, war ein elendes Loch. Die Schlafstelle war nichts weiter als ein Mauersims, notdürftig mit einem Strohkissen und schmutziger Decke ausgestattet. An persönlicher Habe entdeckte ich nichts weiter als ein Amulett, das an einem Nagel hing, und eine Wollmütze. Das Amulett hatte ihm mein Bruder gegeben, wahrscheinlich als Pfand für eine unbezahlte Rechnung.
    Von hier aus hätte Epimandos es eigentlich hören müssen, wenn nach der Sperrstunde noch jemand in die Caupona gekommen wäre, egal, ob durch die Schiebetür vorn oder durch den

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