Poseidons Gold
trällerte Junia obenhin.
»Aber sobald das Wetter besser wird, stehen dir ja noch vier Monate in deiner Privatvilla in Surrentum in Aussicht!« Natürlich war das bloß ein Witz von mir, aber meine Schwester wurde rot, denn genau das pflegte sie Leuten, die beide nicht gut kannten, weiszumachen. »Gaius Baebius, ich muß dringend mit dir reden!«
»Warum frühstückst du nicht mit uns, Marcus?« Meine Schwester hoffte wahrscheinlich, ich würde die Einladung ablehnen, und darum sagte ich (obwohl ich mir unterwegs schon ein Brötchen gekauft hatte) aus purer Bosheit ja. Manch einer, der zu Geld kommt, gibt es mit vollen Händen wieder aus. Junia und ihr Mann gehörten nicht zu diesem Typ, sondern waren in gewissen Dingen geradezu ekelhaft knauserig. Zwar richteten sie sich ständig neu ein, aber es war ihnen äußerst zuwider, Geld an hungernde Verwandte zu verschwenden.
Junia führte mich ins Eßzimmer, einen Raum, der nicht mal einen Meter breit war. Die beiden hatten eine der üblichen kleinen Mietwohnungen, aber Gaius Baebius hatte die Platzverhältnisse vor kurzem mittels einiger Trennwände verbessert. Das funktionierte, solange sich keiner an die Wand lehnte, und das Paar konnte sich nun mit einem eigenen Triklinium brüsten, in dem angeblich stilvolle Bankette stattfanden. In Wirklichkeit mußten die Gäste sich in einer Reihe auf schmalen Schemeln hinter einen niedrigen Tisch zwängen, denn als sein eigener Innenarchitekt hatte mein Schwager leider nicht daran gedacht, neben dem Tisch noch Raum für wenigstens ein passables Speisesofa zu lassen. Ich klemmte mich auf den angebotenen Platz und verkniff mir jeden Kommentar, weil Gaius Baebius so stolz auf ihren gehobenen Lebensstil schien.
Junia servierte mir ein kleines Stück Brot (natürlich das mit der verkohlten Kruste) und eine hauchdünne Scheibe eines weißlichen, geschmacklosen Käses. Gaius Baebius dagegen mampfte einen Berg kaltes Fleisch.
»Neue Teller?« fragte ich höflich, da von dem meinen reichlich viel zu sehen war.
»Ja, wir dachten, es ist an der Zeit, daß wir mal in wirklich gutes Geschirr investieren, und da haben wir uns – wenn schon, denn schon – gleich Arretinische Keramik angeschafft. Allein die Glasur …«
»Doch, die Manufaktur in Arretium ist nicht übel. Wir haben selbst da eingekauft«, parierte ich. »Aber Helena und ich wollten ein bißchen was Originelleres, weil wir es so fad finden, im Restaurant die gleichen Gedecke vorgesetzt zu kriegen, die wir auch daheim haben … Unser Geschirr ist das Präsent eines ganz reizenden Töpfers aus einem kleinen Ort, den ich zufällig auf unserer Reise nach Germanien entdeckt habe.«
»Wirklich?« Junia auf den Arm zu nehmen war seit jeher hoffnungslos. Meinen Ausflug in die Welt des vornehmen Tafelgeschirrs nahm sie mir einfach nicht ab.
»Ehrenwort!« In den seltenen Fällen, da es mir gelang, diese Snobs zu übertrumpfen, wollte ich auch, daß es bekannt wurde.
»Was sagt man dazu!« Junia klimperte mit ihren Armreifen und setzte ihre liebenswürdigste Miene auf. »Was wolltest du denn von Gaius Baebius?«
Da es keinen Spaß machte, so humorlose Gastgeber zu beleidigen, besann ich mich aufs Geschäftliche. »Ich bin leider gezwungen, eine konfuse Geschichte zu entwirren, die unser geliebter Festus uns hinterlassen hat.« Ich sah, wie die beiden verstohlene Blicke wechselten; sie wußten also bereits Bescheid. Junia musterte mich, als wisse sie im voraus, daß Festus als Schurke entlarvt werden würde, und daran gab sie mir die Schuld. »Habt ihr zufällig den Soldaten kennengelernt, der sich bei Mutter einquartiert hatte? Er ist tot …«
»Und du sollst ihn umgebracht haben, nicht?« Typisch Junia.
»Jeder, der das glaubt, braucht einen neuen Kopf, Schwester!«
»Wir wollen nicht gern darüber reden.«
»Besten Dank, Junia! In der Kunst, Dinge unausgesprochen zu lassen, bis das Faß überläuft, ist unsere Familie ja Meister, aber diesmal kommt ihr damit nicht durch. Ich muß mich von dem Mordverdacht befreien, bevor man mich tatsächlich vor Gericht stellt und Anklage gegen mich erhebt. Und der Schlüssel zu allem scheint bei Festus und seinen weitverzweigten Geschäften zu liegen. Hör zu, Gaius, dieser Soldat hat uns was über importierte Waren erzählt. Und nun frage ich dich: Wenn Festus eine Ladung aus dem Ausland nach Italien schickte, sind seine Schiffe dann in Ostia gelandet?«
»Soviel ich weiß, ja. Ich nehme an«, erklärte Gaius zurückhaltend, »daß
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