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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Bruders mit der Phidias-Statue erfahren hatte. Zum Schluß beschrieb ich noch, wie Gaius, dieser schreckliche Bengel, mich von Papa weggeholt und wie ich diesen in seinem Büro zurückgelassen hatte: umgeben von Strandgut, wie ein alter Meeresgott in einer Grotte.
    »Klingt ganz wie du«, bemerkte Helena. »Du ziehst dich ja auch von der Welt zurück, da oben in deiner Wohnung im sechsten Stock auf dem Aventin.«
    »Das kann man nicht vergleichen!«
    »Aber du magst auch nicht, wenn dich dort jemand besucht.«
    »Weil Menschen nur Ärger machen.«
    »Ich auch?« neckte sie.
    »Nein!« Ich schnitt ihr eine Grimasse. »Du nicht – nicht einmal heute.«
    »Vielleicht«, meinte Helena nachdenklich, »hatte dein älterer Bruder ja auch irgendwo ein heimliches Versteck?«
    Wenn ja, dann hatte ich davon keine Ahnung. Aber hinter seiner offenen, fröhlichen Fassade war Festus tatsächlich immer ein rechter Geheimniskrämer gewesen. Und da er bei unserer Mutter wohnte, konnte er eine sturmfreie Bude irgendwo bestimmt gut gebrauchen. Jupiter allein wußte, was mich dort erwartete, falls ich das Versteck je fand.
    Vorerst konnten wir das Gespräch nicht weiterführen, denn in diesem Moment kam Marponius persönlich, um Helena mitzuteilen, daß ihr Vater gekommen sei, sie auszulösen. Der Richter trug seine beste Toga zu Ehren dieses illustren Besuchers, und sein breites Grinsen verriet mir, daß die Summe, die er dem edlen Camillus für die Freilassung seiner staatsgefährdenden Tochter abgeknöpft hatte, sich in schwindelerregenden Höhen bewegte. Als Marponius mich mit Helena im selben Zimmer vorfand, zog er ein böses Gesicht, sagte aber nichts dazu, sondern gönnte sich nur die Freude, anzukündigen, daß auch für mich Kaution gestellt worden sei.
    »Von wem denn?« fragte ich mißtrauisch.
    »Von Ihrem Vater«, feixte Marponius, der offenbar wußte, wie sehr mir der Gedanke zuwider war.
    Da man uns unseren Eltern als Mörder nebst Komplizin vorführte, nahmen wir uns zusammen und verkniffen uns jedes alberne Kichern, obwohl wir uns wie zwei übermütige Halbwüchsige vorkamen, die aus dem Stadtgefängnis ausgelöst werden, nachdem sie auf dem Forum einen Streich verübt haben, der unsere betagten Großtanten maßlos schockiert hätte.
    Als wir auf der Bildfläche erschienen, waren unsere Erretter bereits Bundesgenossen. Kennengelernt hatten sie einander schon früher. Doch nun verband sie eine gemeinsame Schande, und dank der Freigebigkeit des richterlichen Mundschenks hatten beide einen Schwips. Geminus hatte sich auf ein Knie niedergelassen und musterte eine große Urne aus Süditalien, die vorgab, griechischen Ursprungs zu sein. Camillus Verus hatte sich ein kleines bißchen besser in der Gewalt, aber der Unterschied war minimal. Er nickte mir aufgeräumt zu und sagte, an meinen Vater gewandt: »Na, das ist doch mal was anderes, nicht, als sich immer nur über ihre teuren Hobbys, wilden Partys und schrecklichen Freunde aufzuregen!«
    »Schaffen Sie sich nur ja keine Kinder an!« riet Papa dem Richter. »Ach, Ihre Urne hat übrigens einen Sprung, Marponius.«
    Der Richter eilte sofort zu ihm, um sein fehlerhaftes Eigentum zu inspizieren. Und noch während er dort am Boden kauerte, preßte er rasch ein paar Floskeln über die Obhut der Familie heraus, in die er uns nunmehr entlasse, über die väterliche Aufsichtspflicht et cetera. Papa revanchierte sich mit der Adresse eines Mannes, der den Sprung würde unsichtbar machen können (einer dieser fragwürdigen Kunsthandwerker, die sich in den Saepta Julia rumtrieben). Daraufhin rappelte der Richter sich wieder hoch, schüttelte reihum so eifrig Hände wie ein Schmierenkomödiant auf der Bühne, der im letzten Akt die verloren geglaubten Zwillinge zurückbringt, und ließ uns endlich gehen.
    Als wir in die Winternacht hinaustraten, beglückwünschten sich unsere angeheiterten Väter immer noch gegenseitig zu ihrer Großmut, rissen Witze darüber, wie wir während der Bewährungsfrist zu beaufsichtigen seien, und stritten sich darum, wer die Ehre haben solle, uns zum Essen in sein Haus zu laden.
    Rom war kalt und finster, und in den Straßen lauerte um diese Stunde Gefahr. Helena und ich waren furchtbar hungrig, aber wir hatten auch genug ausgestanden für einen Tag. Also erklärte ich unseren alten Herren, wir würden (falls sie es nachprüfen wollten) bei Mama unterschlüpfen, dann sanken wir in den Tragstuhl, den sie für Helena mitgebracht hatten, und trieben die

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