Poseidons Gold
Festus glaubte, sich mit einem Schwager im Zollamt vor den Hafengebühren drücken zu können.«
Ich grinste. »Das hat er bestimmt geglaubt! Aber er hat sich gewiß geirrt, oder?«
»Selbstverständlich!« rief Gaius Baebius. Also war Festus zumindest einige Male damit durchgekommen.
»Könntest du in deinen Akten feststellen, ob ein ganz bestimmtes Schiff wohlbehalten gelandet ist oder nicht? Es handelt sich um das Jahr, in dem Festus starb, wir müßten also ein Weilchen zurückgehen.«
Zwischen zwei großen Happen widmete sich Gaius Baebius dem Thema auf seine gewohnt langsame, pedantische Art. »Sprichst du von dem Schiff, das angeblich verschollen ist?« Von der Geschichte mußte mehr im Umlauf sein, als die zuständigen Stellen bisher zugegeben hatten.
»Ganz recht, ich meine die Hypericon.«
»Wenn sie gelandet ist, dann hat einer meiner Beamten sie in die Liste aufgenommen. Im anderen Fall ist sie nicht aufgeführt.«
»Na, prima!«
»Falls die gesamte Ladung in Ostia gelöscht wurde, dann sind auch die Dokumente in Ostia. Wenn die Ladung aber auf Frachtkähne umgeladen und zum Verkauf ins Emporium gebracht wurde, müßten die Papiere hier in Rom sein. Aber da Festus nicht über offizielle Kanäle verkauft hat, wirst du wohl eher in Ostia fündig werden.«
»Macht nichts, Ostia ist ja nicht weit«, antwortete ich lässig. »Aber was wäre, wenn das Schiff irgendeinen anderen Hafen Italiens angelaufen hat?«
»Um das herauszufinden, müßtest du jeden in Frage kommenden Hafen abklappern und die Schiffslisten einsehen – das heißt, falls dir die zuständigen Behörden Einblick gewähren. Immer unter der Voraussetzung«, setzte Gaius Baebius schwerfällig hinzu, »daß die Hypericon legal vor Anker ging.« Was, wie wir beide wußten, eher zweifelhaft war. »Und vorschriftsmäßig den Zoll entrichtet hat.«
»Wenn Festus sich das Geld sparen wollte«, ergänzte ich niedergeschlagen, »hätte er den Kahn leicht in irgendeine Bucht manövrieren und die Ware an Land schmuggeln lassen können.«
»Außerdem liegt das Ganze ja schon Jahre zurück.« Gaius war der geborene Optimist.
»Und vielleicht ist das Schiff tatsächlich auf Grund gegangen, so daß ich hier nur meine Zeit vergeude.«
»Kolportiert wurde jedenfalls die Geschichte vom gesunkenen Schiff. Ich erinnere mich noch gut an den Zirkus, den Festus deswegen aufgeführt hat.«
»Endlich treffe ich jemanden, der etwas über den Fall weiß!« schmeichelte ich ihm. »Ich denke, wir können davon ausgehen, daß die Hypericon nie bis Ostia gekommen ist. Entweder ist sie tatsächlich untergegangen, oder man hat sie irgendwo entlang der Küste versteckt. Aber hör zu, alter Freund, wärst du wohl bereit, mir einen Gefallen zu tun? Um der Familie zu helfen, versteht sich.«
»Du meinst, ich soll Nachforschungen anstellen über den Verbleib der Hypericon?«
»Nicht nur. Ich möchte dich bitten, die Landelisten für das ganze Jahr durchzusehen.«
»Dafür müßte ich aber nach Ostia.«
»Ich zahle dir die Maultiermiete.« So, wie ich Gaius Baebius kannte, würde er ohnehin auf Staatskosten reisen.
Ich sah ihm an, daß er dem lästigen Auftrag nicht abgeneigt war; vermutlich betrachtete er es als guten Vorwand, Junia für eine Weile zu entwischen. Und sie wiederum würde zustimmen, weil Festus auch ihr Bruder gewesen war. Bestimmt hatte Junia unter dem Damoklesschwert eines drohenden Skandals weit mehr gezittert als wir übrigen, denn schließlich war sie die einzige von uns, die mit aller Gewalt nach Höherem strebte.
»Also laß uns das mal klarstellen, Falco: Du möchtest wissen, ob außer der Hypericon noch ein anderes von Festus gemietetes Schiff in Ostia gelandet ist?« Gaius Baebius war sichtlich entzückt. »Oho! Du meinst, er hat die Fracht heimlich umgeladen?«
»Keine Ahnung, ich möchte nur alle Eventualitäten überprüfen. Hätte ich, als sein Testamentsvollstrecker, schon längst tun sollen. Und selbst wenn diese Ladung gesunken ist, gibt’s vielleicht noch irgendwas anderes, wonach sich zu suchen lohnt. Ich hoffe einfach, daß ich irgendwo auf ein geheimes Warenlager meines Bruders stoße, das ich verkaufen kann, um mir mit dem Erlös die Legion vom Hals zu schaffen.« Natürlich hoffte ich auf mehr als das.
»Warum sagst du nicht einfach, daß nichts da ist?« fragte Junia ärgerlich.
»Das hab ich schon getan, aber entweder glauben sie mir nicht, oder sie wollen unter allen Umständen ihr Geld, selbst wenn das unsere Familie
Weitere Kostenlose Bücher