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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Sesterzen nehmen sollte, war schon schlimm genug. Soviel Geld mußte ich auftreiben, wenn ich Helena haben wollte, was natürlich weit über meine Verhältnisse ging. Doch noch mehr graute mir vor der nächsten Aufgabe, die ich mir gestellt hatte: vor dem Besuch bei einem weiteren meiner Schwager.
    Ich suchte ihn zuerst an seinem Arbeitsplatz, doch da war er nicht. Hätte ich mir denken können. Der Mann war Beamter, also hatte er natürlich Urlaub.
     
    Meine Schwester Junia, die eingebildete Person, hatte einen Zollbeamten geheiratet. Mit siebzehn war das ihre Vorstellung von gesellschaftlichem Aufstieg gewesen. Jetzt war sie vierunddreißig, und Gaius Baebius hatte es inzwischen zum Abteilungsleiter im Emporium gebracht, doch Junia träumte fraglos von höheren Sphären, in denen ein Gatte, der bloß im Hafen rumhing und die Zollgebühren einzog, keinen Platz hatte. Ich hatte mich schon manchmal gefragt, ob Gaius Baebius nicht gut daran täte, seinen Hund als Vorkoster einzusetzen.
    Einen Hund hatten sie, aber der diente eigentlich nur als Vorwand für eine Türfliese mit der stolzen Inschrift Cave canem . Ajax war ein lieber Hund, jedenfalls war er’s früher mal gewesen, bevor ihn die Widrigkeiten des Lebens niederdrückten. Mittlerweile nahm er seine Pflichten als Wachhund ebenso ernst wie sein Herr seine wichtige Rolle im Zollamt. Ajax’ freundlicher Gruß für Lieferanten bestand darin, ihnen den Saum von der Tunika zu reißen, und ich weiß von mindestens zwei Prozessen, die gegen seinen Besitzer geführt wurden, nachdem der brave Hund Besuchern ein saftiges Stück Fleisch aus dem Bein gebissen hatte. In einem Fall war ich sogar als Zeuge des Klägers aufgetreten, was mir die Familie bis heute nicht verziehen hat.
    Ajax mochte mich nicht. Als ich vor dem etwas müffelnden Hauseingang erschien, zerrte er gleich so heftig an der Kette, daß seine ganze Hütte in Bewegung geriet. Ich schaffte es trotzdem, an ihm vorbeizuwitschen, aber seine lange Schnauze war dabei nur eine Handbreit von meinen Waden entfernt, und so betrat ich das Haus mit einem unterdrückten Fluch auf den miserablen Köter.
    Auf meinen etwas verkrampften und aufs Geratewohl an die Hausgemeinschaft gerichteten Gruß erschien Junia. Sie teilte Ajax’ Meinung über mich, was in ihrem Fall auch gerechtfertigt war, denn meine Geburt hatte sie vom Platz des Nesthäkchens verdrängt. Junia hatte mir das dreißig Jahre lang nachgetragen, ihr Groll gegen mich bestand also schon lange bevor ich in besagtem Prozeß gegen ihren bösartigen Hund aussagte.
    »Ach, du bist es! Wenn du reinkommen willst, zieh dir vorher die Stiefel aus, die starren ja vor Schmutz!« Ich war schon dabei, sie aufzubinden, denn ich kam nicht zum ersten Mal in Junias Wohnung.
    »Sei so gut und ruf deinen Hund zurück, ja? Brav, Ajax, brav. Wie viele Zwiebelverkäufer hat er denn heute schon auf dem Gewissen?«
    Meine Schwester würdigte mich keiner Antwort, rief aber nach ihrem Mann. Den aufgebrachten Hund samt Hütte konnten sie nämlich nur zu zweit wieder an seinen angestammten Platz zurückschleifen.
    Ich begrüßte Gaius Baebius, der anscheinend eben erst vom Frühstück kam, denn er leckte sich noch den Honig von den Fingern. Es schien ihm peinlich zu sein, daß man ihn in seiner zweitbesten Tunika und offenbar seit Tagen unrasiert überraschte. Gaius und Junia zeigten sich in der Öffentlichkeit am liebsten in voller Gesellschaftskleidung, sie unterwürfig am rechten Arm des Gatten. Die beiden verbrachten ihr ganzes Leben damit, für das Bild auf dem Grabstein zu proben. Wann immer ich in ihrer Nähe war, überkamen mich depressive Anwandlungen.
    Das Ehepaar war kinderlos, was vielleicht ihre Nachsicht gegen Ajax erklärte, der sie wie ein verwöhnter Stammhalter auf Trab hielt. Bestimmt hätten sie ihn offiziell adoptiert, falls das gesetzlich erlaubt gewesen wäre.
    Als einzige kinderlose Frau unserer sonst so überaus fruchtbaren Familie hielt Junia es für ihr gutes Recht, verbittert durch die Welt zu gehen. Im übrigen war sie sehr gepflegt und ihre Wohnung so sauber, daß die Fliegen vor Schreck krepierten, und wenn man sie auf Nachwuchs ansprach, sagte sie nur, sie habe schon mit Gaius Baebius alle Hände voll zu tun. Warum der Mann soviel Arbeit machte, war mir ein Rätsel. Ich fand seine Gesellschaft ungefähr so aufregend, wie einem Vogelbad beim Verdampfen zuzuschauen.
    »Ich höre, du hast Urlaub?«
    »Ach, nur ein paar Tage, nicht der Rede wert«,

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