Poseidons Gold
als Kunstsammler weitermachen wollen – ein Geschäft, das bekanntlich nicht ohne Risiko ist. In dem Gewerbe braucht man einen erstklassigen Ruf, und dem schadet es natürlich, wenn Patzer publik werden.«
»Hat man die beiden übers Ohr gehauen?« fragte ich.
»Sie haben wohl den Eindruck. Carus und Servia hatten ganz fest mit dem Phidias gerechnet, doch dann verlor Festus sein Schiff und konnte natürlich nicht liefern.«
»Hatten die Galeristen die Ware im voraus bezahlt?«
»Leider ja.«
Ich schnitt eine Grimasse. »Dann hat man sie garantiert übers Ohr gehauen – und wir werden mit Recht gejagt. Wieviel, falls die Frage gestattet ist, sollen wir zwei ehrlichen Hinterbliebenen denn auftreiben?«
»Ach … sagen wir rund eine halbe Million«, brummte Papa.
XXXVII
Als ich die Saepta Julia verließ, war es draußen kalt und windig. Beinahe hätte ich einen Abstecher in die Thermen des Agrippa gemacht, aber dann graute mir doch vor der Aussicht auf den langen Heimweg durch die winterliche Abendkälte nach der wohligen Wärme des Bades. Nein, besser erst die Arbeit und dann das Vergnügen.
Papa hatte mir angeboten, mich in seinem dekorativen Tragstuhl in den Dreizehnten Bezirk mitzunehmen, aber ich wollte lieber zu Fuß gehen. Mir reichte es für heute, und ich mußte ein Weilchen allein sein, um nachdenken zu können.
Helena wartete schon auf mich.
»Gib mir rasch einen Kuß, mein Schatz, und dann gehen wir aus!«
»Was ist denn passiert?«
»Freu dich, es geht aufwärts mit mir! Erst hat meine Mutter mich engagiert, damit ich beweise, daß Festus kein Verbrecher ist, und nun nimmt mein Vater mich unter Vertrag, weil der große Bruder wahrscheinlich doch einer war.«
»Hauptsache, Festus bringt dir Arbeit ein«, sagte meine Liebste, die ewige Optimistin. »Soll ich mitkommen, um dir zu helfen?«
»Nein. Der gute Geminus hat mir den Raub des Phidias in die Schuhe geschoben, und nun müssen wir damit rechnen, daß ein paar aufgebrachte Gläubiger hier aufkreuzen, um mit mir abzurechnen. Da will ich dich, bis die Sache vorbei ist, irgendwohin bringen, wo du sicherer bist als hier. Such dir aus, bei welchen Verwandten du am liebsten unterschlüpfen möchtest.«
Sie entschied sich wieder für Mama. Ich brachte sie hin; wich allen mütterlichen Fragen aus; versprach, beide sobald wie möglich wieder zu besuchen, und stapfte dann durch die zunehmende Dunkelheit in Richtung Caelius.
Ich war entschlossen, endlich die Freunde meines Bruders, diese abscheulichen Pinselkleckser, aufzuspüren.
In der Jungfrau, wo ich es zuerst versuchte, hatte ich kein Glück.
Anschließend klapperte ich alle anderen Pinten ab, in denen Varga und Manlius angeblich verkehrten, fand sie aber nirgends. Das war ärgerlich, doch in meinem Beruf nicht anders zu erwarten. Als Detektiv steckt man in der Hauptsache Fehlschläge ein. Man braucht für diese Arbeit vor allem feste Stiefel, ein starkes Herz und überdurchschnittliche Ausdauer im Wachbleiben für jene Beschattungsaktionen, bei denen man in einer zugigen Pergola hockt und hofft, daß das, was da so seltsam raschelt, nur eine Ratte und kein Messerwerfer ist. Und wenn die Person, der man seit undenklichen Zeiten auflauert, wider Erwarten tatsächlich erscheint, hat sie natürlich von nichts eine Ahnung.
»Warum gehst du nicht einfach zu diesen Kunstsammlern und erklärst ihnen alles?« hatte Helena mich gefragt.
»Das werde ich, aber vorher möchte ich ein paar Informationen auftreiben, mit denen ich ihnen imponieren kann.«
Schließlich landete ich vor einer besonders schäbigen Pension in der schlimmsten Gegend eines der übelsten Bezirke dieser herzlosen Stadt. Und je länger ich dort wartete, desto unwahrscheinlicher kam es mir vor, daß ausgerechnet hier eine alte griechische Statue rumstehen sollte, deren Zehen genauso kalt waren wie meine und die auf eine Mitfahrgelegenheit in ein standesgemäßeres Viertel hoffte.
Schätzungsweise vier Stunden harrte ich auf meinem Posten aus. Ganz schön lange für eine kalte Märznacht!
In der Gasse war es stockfinster. Sie war kurz, eng und stinkend, genau wie das Leben. An Nachtleben bestand allerdings kein Mangel! Ich sah Betrunkene, Huren, noch mehr Betrunkene, Katzen, die bei den Huren gelernt hatten, und noch trunkenere Betrunkene. Wahrscheinlich auch besoffene Katzen. Alle hatten die Nase in irgendeine Amphore gesteckt, wofür ich durchaus Verständnis hatte, denn es waren allesamt verlorene Kreaturen: die Hunde,
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