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Post Mortem

Post Mortem

Titel: Post Mortem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Stimme des jungen Mannes. Mehr launischer Junge in der Pubertät als angehender Naturwissenschaftler.
    Das konnte passieren, wenn man mit einem Elternteil zusammen war.
    »Und ich habe in der Beziehung nie Druck auf dich ausgeübt, Kyle, nicht wahr?«, sagte Myron.
    Kyle antwortete nicht.
    Milo sagte: »Gehen Sie doch ein bisschen frische Luft schnappen, Kyle, aber bleiben Sie in der Nähe.«
    Bevor Kyle antworten konnte, sprang Myron mit schwappendem Drink in der Hand auf und stellte sich wieder zwischen uns und seinen Sohn. Er berührte Kyle an der Wange. Kyle erstarrte. Myron zog seine Hand zurück, küsste ihn aber an der gleichen Stelle.
    Kyles Kinn zuckte.
    »Ich entschuldige mich, mein Sohn. Für jede Missetat, an die du im Moment denken magst, und die Vielzahl derer, die dir noch nicht in den Sinn gekommen sind, aber sicher noch kommen werden. Du könntest jedoch in Erwägung ziehen, sie im richtigen Kontext zu sehen. Ich bin siebenundfünfzig, genieße habituell zu viel, was Essen und flüssige Erfrischungen betrifft, verschmähe körperliche Bewegung, ignoriere meinen Cholesterinspiegel. Also ist meine Langlebigkeit -«
    »Dad!«
    »- ernsthaft in Frage gestellt. Falls ich aus diesem Grund -«
    »Hör auf damit, Dad!«, sagte Kyle. »Ich hasse es, wenn du das machst.«
    Myron bekreuzigte sich. »Mea culpa. Mein ewiges Man-tra.« Er verwuschelte Kyles Haare. »Komm schon, Brother, lass mir ein bisschen von meiner Würde und entspann dich eine Weile.«
    Kyle sprang auf und stapfte davon.
    »Wir plaudern später, mein Sohn. Ich will dir alles über Venedig erzählen.«
    Als der junge Mann draußen war, sagte Myron: »Er ist ambivalent, was mich betrifft, wie sollte es auch anders sein? Aber ich liebe ihn bedingungslos. Vom ersten Tag an hat er sich gut benommen - ein kleiner Racker war er nie. Und er ist brillant, hält sich in einer völlig anderen intellektuellen Stratosphäre auf. Er ist erst vierundzwanzig und ein Jahr von einem Doktortitel in Plasmaphysik entfernt. Ich kann nicht mal begreifen, was das ist.«
    Vaterstolz machte einer Anspannung Platz, die die Breite seines Mundes halbierte. »Muss eine Generation übersprungen haben. Worauf Vater mich mehrfach hinwies. Er war auch ein wissenschaftlicher Typ. Ein Autodidakt, aber einen ganzen Haufen Patente unter seinem Namen. Kyle hält sich für antimaterialistisch, aber eines Tages wird er steinreich sein, ob er will oder nicht, vermutlich wegen irgendeiner Erfindung im Hightechbereich. Sie schlagen Forbes auf, und da ist er, auf der Großverdienerliste. Wenn das passiert, mag er mich hoffentlich ein bisschen. Hat einer von Ihnen Kinder?«
    »Nein, Sir«, sagte Milo.
    »Es ist lehrreich. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass ich ein beschissener Vater gewesen bin.
    Damals hab ich natürlich geglaubt, ich wäre ein ziemlich guter Vater.«
    »Wann damals?«
    »Als Kyle jung war. Ich habe ihn nie überwacht oder dominiert, aber ich habe wirklich die Neigung, impulsiv zu sein, und ich befürchte, das könnte…« Er hob sein Glas, leerte es, kehrte zur Bar zurück und goss sich einen Doppelten ein. Als er wieder bei der Couch ankam, war die Hälfte verschwunden.
    »Ihre Impulsivität hat sich auf Kyle ausgewirkt?«
    »Es ist kompliziert, Lieutenant.« Bedards Augen schlossen sich, und seine Atemzüge wurden länger.
    »Inwiefern?«
    Bedard bewegte sich nicht. Milo wies mich mit einem Kopfnicken an weiterzumachen.
    Die Erwähnung Peterson Whitbreads hatte Bedard bewogen, in seinem Haus Zuflucht zu suchen.
    Sobald er drinnen war, hatte er gewollt, dass Kyle sich verzog.
    »Meinten Sie mit impulsiv, dass Sie Kyle zu Ihrer Geliebten mitgenommen haben?«, fragte ich.
    Bedards Augen öffneten sich flatternd. »Geliebte.« Das Wort amüsierte ihn. »Mary war eine nette Zwischenstation, mehr nicht.«
    Milo fragte: »Haben Sie viele von denen?«
    »Was soll ich sagen, ich liebe die Frauen. Bewundere jede einzelne von ihnen.« Bedard trank und zerbiss knirschend Eiswürfel und benutzte eine Hand, um die Gitarrenkonturen der weiblichen Form zu umreißen. »Ich nehme an, man könnte sagen, dass ich in die Hälfte der Welt verliebt bin - wie viel sind das? Drei Milliarden? Minus einer - meine Exfrau. Herr im Himmel, können Sie sich ausmalen, sich durch diese Masse an Weiblichkeit hindurchzuarbeiten? Die Vorstellung ist atemberaubend.« Er hob sein Glas und sagte: »Auf das X-Chromosom.«
    »Wann haben Sie angefangen, bei Mary Whitbread Zwischenstation zu machen?«,

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