Post Mortem
Buntglaseinsätzen, ein ebener Rasen anstelle einer Parknische mit einer jungen trauernden Birke exakt in der Mitte.
Links davon steckte das Schild einer Wach und Schließgesellschaft. Im ersten Stock brannte Licht.
Die Eingangstreppe wurde von Scheinwerfern mit hohen Voltzahlen grell beleuchtet.
Tanya öffnete die Tür, bevor ich die letzte Stufe erreicht hatte. Ihr offenes Haar lag wie ein Schal auf ihren Schultern. Sie machte einen erschöpften Eindruck.
»Gott sei Dank bin ich nicht zu spät gekommen«, sagte sie.
»War die Arbeitsgemeinschaft anstrengend?«
»Anstrengend, aber es hat viel gebracht. Kommen Sie doch bitte rein.«
Das Wohnzimmer hatte einen Boden aus Eichenparkett und eine blassrosa Kassettendecke.
Cremefarbene, mit Lilien bemalte Fliesen bildeten die Vorderseite des offenen Kamins. Ein fliederfarbenes Chintzsofa und zwei dazu passende Sessel standen vor dem Panoramafenster, dessen Vorhängezugezogen waren. Dazwischen befand sich ein Couchtisch aus gebleichtem Holz mit vergoldeten Rokokobeinen.
Patty hatte davon geredet, sie mache einen maskulinen Eindruck, aber ihre Inneneinrichtung sprach eine andere Sprache.
Über der Couch hingen ein Dutzend Fotografien, die identisch in imitiertem Treibholz gerahmt waren, tief an der Wand.
Tanyas Geschichte vom Kleinkind zum Teenager. Die vorhersagbaren Verschiebungen in Frisur, Kleidung und Makeup, während aus einer süßen Göre ein hübsches Mädchen wurde, in modischer Hinsicht keine Spuren einer pubertären Rebellion.
Patty hatte ihren Auftritt erst auf dem letzten Foto: Tanya mit purpurrotem Barett und Robe, ihre Mutter in einem dunkelblauen Jackett und weißem Rollkragenpullover, wie sie strahlend ein Diplom hochhielt.
»Hier ist eins, das ich gerade gefunden habe«, sagte Tanya und zeigte auf das einzige Foto auf dem Couchtisch. Das schwarz gerahmte Porträt einer jungen Frau mit breitem Gesicht in einer weißen Uniform.
Pattys Blick nach oben war feierlich und so gestellt, dass es fast komisch war. Ich stellte mir einen routinierten Fotografen vor, der drauflos knipste und mechanische Anweisungen von sich gab. Denken Sie an Ihre Berufsaussichten, meine Liebe… das Kinn höher - höher - noch höher - da haben wir's. Die Nächste!
»Sie sieht so voller Hoffnung aus«, sagte Tanya. »Bitte, machen Sie es sich bequem, ich hole den Kaffee.«
Als sie zurückkam, trug sie ein schwarzes Plastiktablett, das mit seinem Seidensiebdruck wie lackiert aussah. Fünf Oreos waren auf einem Teller gestapelt wie ein Minisilo. In einem Auflaufförmchen zwischen einem Becherpaar mit den Insignien der Uni steckten Päckchen mit Kaffeeweißer, Zucker und Süßstoff, eng zusammengedrückt wie winzige Prospekte.
»Milch und Zucker?«
»Schwarz ist prima«, sagte ich.
Ich setzte mich in einen der Sessel, und sie entschied sich für das Sofa. »Ich kenne niemanden, der ihn schwarz trinkt. Meine Freundinnen halten Kaffee für ein Dessert.«
»Halbgemixte Soja-Mokka-Frappes mit einer Extraportion Schokolade?«
Sie brachte ein müdes Lächeln zustande, riss drei Zuckertütchen auf und schüttete den Inhalt in ihren Becher. »Kekse?«
»Nein danke.«
»Ich trinke meistens Tee, aber Kaffee ist gut, wenn man abends noch lange lernen muss.« Sie rutschte zur Vorderkante des Sofas. »Wollen Sie bestimmt kein Oreo haben?«
»Ganz bestimmt.«
»Ich nehme mir dann mal eins. Man hört von vielen, dass man sie aufklappen sollte, aber eine Menge Leute mögen den Sandwich-Effekt, und ich gehöre zu denen.« Sie redete schnell. Knabberte schnell.
»Nun denn«, sagte sie.
»Ich bin an jedem der Häuser auf Ihrer Liste vorbeigefahren. Eine ziemliche Mischung.«
»Die Villa im Gegensatz zu all den Wohnungen?«, sagte sie. »Tatsächlich haben wir nur in einem Zimmer der Villa gewohnt. Ich weiß noch, wie merkwürdig ich es gefunden habe, dass wir in einem so riesigen Haus weniger Platz hatten als in der Wohnung davor. Ich hab mir immer Sorgen gemacht, dass ich mitten in der Nacht auf Mommy draufrolle.«
»Ist das je passiert?«
»Nein«, sagte sie. »Manchmal nahm sie mich in den Arm. Dann fühlte ich mich sicher.« Sie legte den Keks hin. »Manchmal hat sie geschnarcht.« Ihre Augen wurden feucht. »Sie haben uns den Swimmingpool benutzen lassen, wenn Mommy freihatte, und der Garten war wunderschön, mit vielen großen Bäumen. Dann habe ich mir ein Versteck gesucht und so getan, als wäre ich irgendwo in einem Wald.«
»Wem gehörte das Haus?«
»Der Familie
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