Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Post Mortem

Post Mortem

Titel: Post Mortem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
doppelten Durchmesser des anderen. Kniff die Augen zusammen, zog die Schultern hoch und fügte primitive Charakteristika hinzu.
    »Wieder hubbelig«, verkündete sie. Noch ein Ausflug zum Papierkorb.
    »Hubbelig gefallt dir wirklich nicht«, sagte ich. »Mir gefällt es, gut zu sein.«
    Sie nahm sich ein drittes Stück Papier, legte den Bleistift hin und zog Kreise mit dem Finger.
    Blickte hoch zur Decke. Klopfte mit den Fingern einer Hand, dann der anderen.
    »Was für Dinge machen du und Mommy zusammen?«
    Sie nahm den Bleistift wieder in die Hand. Drehte ihn zwischen den Fingern. »Es gab eine Mutter, als ich ein Baby war. Sie war zu schwach, und Mommy wollte sich um mich kümmern… sie war Mommys Schwester.«
    »Die andere Mutter.«
    »Sie hieß Lydia. Sie ist bei einem Unfall gestorben. Mommy und ich werden traurig, wenn wir an sie denken.«
    »Denkt ihr oft an sie?«
    Sie schnippte gegen den Papierstapel, suchte ein weibliches Figürchen aus und stellte es in das Wohnzimmer des Hauses. »Wir haben auch einen Fisch.«
    »Zu Hause?«
    »In der Küche.«
    »In einem Aquarium?«
    »In einer Schale.«
    »Ein Goldfisch?«
    »Nein, Goldfische machen zu viel Schmutz, hat der Mann gesagt.«
    »Was für ein Mann?«
    »Aus dem Fischladen. Mr. Stan Park.«
    »Was für einen Fisch hat Mr. Park euch verkauft?«
    »Einen Guppy. Echt klein.«
    »Hat der Guppy einen Namen?«
    »Wir haben gedacht, es wäre ein Mädchen, aber der Schwanz ist farbig geworden.«
    »Also ist es ein Junge.«
    »Wir haben den Namen geändert.«
    »Von einem Mädchennamen in einen Jungennamen?«
    »Erst hieß er Charlotte, jetzt heißt er Charlie.«
    »Was hält Charlie davon, dass er ein Junge und kein Mädchen mehr ist?«
    »Er ist ein Fisch. Er denkt nicht.«
    »Er denkt nie über irgendwas nach? ›Ich würde gern wissen, wann Tanya mein Wasser wechselt«, beispielsweise?«
    »Sein Gehirn ist zu klein für Wörter.«
    »Also schwimmt er nur hin und her und macht sich um nichts Sorgen«, sagte ich.
    Schweigen.
    »Machst du dir Sorgen?«
    »Ein Fisch hat auch keinen Magen«, sagte sie. »Das Futter geht rein und wieder raus, und deshalb gibt man ihnen nicht so viel.«
    »Du weißt eine Menge über Fische.«
    »Ich habe ein Buch über sie gelesen.« Kleine Hände schwebten zu dem Papierstapel und machten die Kanten gerade.
    »Ich habe auch Fische.«
    »Guppys?«
    »Nein, sie heißen Koi. Sie ähneln riesigen Goldfischen, haben aber lauter verschiedene Farben.« Ein skeptischer Blick. »Wo?«
    »Draußen in einem Teich. Willst du sie sehen?«
    »Wenn Mommy nichts dagegen hat.«
    Wir gingen nach draußen zu dem Van. Patty blickte von ihrer Zeitung auf. »So bald?«
    »Er hat riesige Fische, Mommy.« Tanya breitete die Arme aus.
    »Wirklich?
    »Draußen in einem riesigen Teich.«
    »Wir gehen sie füttern«, erklärte ich. »Wollen Sie mitkommen?«
    »Hmm«, sagte Patty. »Nein, ihr zwei solltet euch einfach ein bisschen besser kennen lernen.«

9
    An der Ecke Beverwil und Pico, weniger als eine Meile von Tanyas Haus entfernt, piepste mich mein Telefondienst an.
    »Hier ist Flora, Dr. Delaware. Detective Sturgis hat angerufen. Er ist eine Weile nicht zu erreichen, aber Sie können es in zwei Stunden bei ihm versuchen.«
    »Hat er gesagt, worum es geht?«
    »Nein, Doktor. Er war einfach nur er selbst.«
    »Was heißt das?«
    »Sie wissen schon«, erwiderte sie. »So wie er immer ist, Mr. Smiley. Er hat zu mir gesagt, mit meiner Stimme müsste ich im Radio auftreten und Eigentumswohnungen mit Meerblick in Colorado verkaufen.«
    »Sie haben tatsächlich eine schöne Stimme, Flora.«
    »Die hatte ich«, sagte sie. »Wenn ich nur mit dem Rauchen aufhören könnte. Er klingt irgendwie süß. Ist er es auch?«
    »Das kommt auf Ihre Perspektive an.«
    Die Canfield Avenue war schmal, dunkel und still, aber es war nichts zu sehen, was auch nur im Entfernten unheilschwanger wirkte.
    Dafür bestand auch kein Grund. Ich hatte mich zu dem Gedanken verleiten lassen, dies sei real.
    Man richte meine Aufmerksamkeit auf ein Rätsel, und der Rest geht wie von selbst.
    Jahre zuvor war ich der perfekte Psychotherapeut für Patty und Tanya gewesen. Den wahren Grund dafür kannten sie nicht und würden ihn nicht kennen lernen.
    Alexander ist sehr klug, aber er scheint ein Bedürfnis nach absoluter Perfektion zu empfinden, das zu Emotionen im Klassenzimmer führen kann. Ich bezeichne ein Kind selten als allzu gewissenhaft, aber in diesem Fall mag es zutreffen.
    Alexander muss

Weitere Kostenlose Bücher