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Postkarten

Titel: Postkarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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gegeben?«
    »Also, wenn du neunmalklug sein willst, dann sag’ ich’s nicht.«
    »Ma! Sag’s! Was hat sie damit gemacht?«
    »Sie hat sie gekocht. Hat sie eine Stunde lang gekocht und dann auf einer Platte zum Tisch getragen, auf jeder ein großer Batzen geschmolzener Butter obendrauf. Und stell dir vor, die haben die Grapefruits gegessen, heiß und buttrig, wie sie waren. Opa hat gesagt: ›Die werden die Kartoffeln nicht vom Markt verdrängen.‹«
    Der Obstgarten kam in Sicht und dann der Stall mit der durchhängenden, windschiefen Vorderfront. Jewell keuchte beim Anstieg. Außerhalb des Waldes war der Straßenstaub wie Mehl, wirbelte bei jedem Schritt auf. Sie blieb stehen, um Atem zu schöpfen, blickte zu den Wiesen der Nipples hinauf.
    Die wilden Kirschen waren weiß vor Staub. Ebenso die Astern. »Schau, wie der Wacholder auf die Weide vorgedrungen ist«, sagte sie. »In so wenigen Jahren. Wenn ich mir überlege, wie schwer Loyal geschuftet hat, um ihn aus unseren Wiesen rauszuhalten, wird mir ganz schlecht. Jetzt wird er wohl wieder mächtig wuchern. Aber jetzt, wo der Krieg vorbei ist, finden wir vielleicht eine Aushilfe. Obwohl’s so aussieht, als würden die Jungs, die zurückkommen, nicht für andere arbeiten wollen. Haben wohl genug davon, herumkommandiert zu werden. Wollen ihren eigenen Grund. Und ich glaub’ immer noch, daß es Loyal im Westen nicht gefallen wird. Er kommt bestimmt bald zurück. Und bringt die Farm auf Vordermann.«
    »Ich weiß nicht mal mehr, wie er aussieht. Groß. Er hatte ›Wildwurzelöl Charlie‹ im Haar. Lockiges Haar. Als ich klein war, hat er mich huckepack getragen. Weißt du noch, als er mir das blaue Puppengeschirr zum Geburtstag geschenkt hat?«
    »Das Puppengeschirr war von ihm und Dub gemeinsam.«
    Der Stall der Nipples war an der Westseite von Tausenden von Fliegen gefleckt, und weitere Tausende kreisten in der Luft und stürzten in den Misthaufen. Das Wohnhaus stand südöstlich davon, wo es im Winter morgens Sonne hatte und an Sommernachmittagen im Schatten des Stalles lag. Als sie die Stufen hinaufstiegen, konnten sie durch das Fliegengitter Mrs. Nipple auf der Veranda stehen sehen, auf den Fersen wippend und in ein Geschirrtuch weinend. Ihre Geraniensammlung in leeren Schmalzbüchsen und durchgerosteten Emailkesseln säumte die Umrandung der Veranda. An dem zu Boden gefallenen Radio hing noch das verräterische Kabel.
    »Wir kommen, um Ihnen beim Suchen zu helfen«, sagte Jewell, als sie die Fliegentür öffnete. Das gebohnerte Linoleum glänzte wie Wasser. »Mernelle dachte, der Hund kann vielleicht nützlich sein.« Der Hund sah töricht aus, kratzte nach seinen Flöhen.
    »Ronnie ist zu den Davis gefahren, um von ihnen aus nach Hilfe zu telefonieren. Doris schaut wieder im Stall. Da haben wir zuerst gesucht, weil sie sagt, daß er die Kühe so gern hat, daß er dort sein muß. Auf seinen Beinchen kann er nicht weit gekommen sein. Es waren bloß ein paar Minuten vergangen, seit wir ihn zuletzt gesehen hatten. Wir haben gerade die Nachrichten gehört, daß der Krieg vorbei ist und in New York alles tobt, standen ums Radio rum, als Doris plötzlich sagt ›Wo ist Rollo?‹« Mrs. Nipple konnte einfach nicht anders, als eine Geschichte daraus zu machen. »Tja, sie und ich fangen an zu suchen, oben, unten, in der Speisekammer, unten im Keller, Ronnie hört immer noch Radio, da sieht Doris, daß die Verandatür offensteht, und wir suchen draußen, dann im Stall. Inzwischen ist Doris völlig aus dem Häuschen und schickt Ronnie zu Ihnen und den Davis. Es ist jetzt schon über’ne Stunde her, und von dem Kleinen keine Spur! Ich hab’ zu Ronnie gesagt: ›Was wir an Zeit verlieren, bloß weil wir kein Telefon haben. Ich will, daß ein Telefon ins Haus kommt.‹«
    Mrs. Nipple holte Rollos Pullover, damit der Hund daran schnüffeln konnte. Er nahm ihn ins Maul und schüttelte ihn, als wäre es ein Spiel, bis Mernelle ihm den Pullover wieder wegnahm, den Hund an der Leine nach draußen führte und sagte: »Wo ist er? Such den Kleinen! Wo ist er? Hol den Kleinen!« Der Hund trottete um die Hausecke und hob das Bein, um auf den Steinen um Mrs. Nipples Blumenbeete sein Wasser abzuschlagen.
    »Na mach schon«, sagte Mernelle, aber der Hund hockte sich hin und starrte sie mit blödem Blick an. »Such den Kleinen, oder ich mach’ Hackfleisch aus dir«, fauchte sie. Der Hund wedelte zögernd mit dem Schwanz und sah ihr ins Gesicht. »Du doofer Köter«, sagte sie und

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