PR 2625 – Das Plejaden-Attentat
Sekretär den Tod Unbeteiligter in Kauf nahm, verriet dessen eigene Furcht.
Jagans erster Schuss jagte dicht über die Köpfe der Menschen hinweg, der zweite ... Die tödliche Glut floss plötzlich in der Luft auseinander. Ein eben noch unsichtbares Hindernis rettete damit mehreren Menschen das Leben. Schon die Schockwirkung eines Streifschusses konnte schlimmste Folgen haben.
Gucky!
Die brodelnde Energie ließ die Umrisse des Mausbibers erkennen. Er breitete schützend die Arme aus, dann stürzte er aus knapp einem Meter Höhe zu Boden. Sein Aufprall wurde von mehreren schwachen Explosionen begleitet.
Ein Thermostrahl schlug in Tekeners Schutzschirm ein. Als er herumfuhr und den Nadler auslösen wollte, bot sich ihm aber schon kein Ziel mehr.
*
Rasch waren die ersten Roboter der Stadtpolizei da, trotzdem kamen sie zu spät für ein Eingreifen. Ihnen blieb nur, mithilfe energetischer Sperren die Gaffer zurückzudrängen – wahrscheinlich genau diejenigen, die vor wenigen Minuten als Erste geflohen waren und sich dabei rücksichtslos gegen alle anderen behauptet hatten.
Ronald Tekener kannte solche Szenen. In der Hinsicht glichen alle Jahrhunderte einander.
Er kniete neben Jagan.
Die Roboter akzeptierten seine Kennung, die er via Kombiarmband aktiviert hatte, und ließen ihn gewähren.
Wer nur flüchtig hinsah, mochte glauben, dass Jagan schliefe. Der Sekretär saß mit dem Rücken an die Säule gelehnt, sein Kopf war weit nach vorn gesunken.
Ein fingerdicker Thermoschuss hatte seinen Brustkorb durchschlagen und eine verkrustete Wunde hinterlassen. Nirgendwo war Blut zu sehen, nicht einmal auf Jagans Kombi. Ein verdammt gut gezielter Schuss aus schätzungsweise fünfzig Metern Distanz hatte ihn getötet.
»Es gibt also Probleme im Vorfeld der Konferenz.« Tekener redete mit sich selbst, so leise, dass es niemand hätte hören können, der nicht neben ihm kauerte. Mit Daumen und Zeigefinger fuhr er über die Augen des Toten und schloss die Lider. »Das Ende dieses Tages hast du dir sicher anders vorgestellt. Aber womöglich kannst du mir immer noch einiges sagen.«
Er tastete den Leichnam ab, suchte in dessen Taschen nach etwas, das ihm hätte weiterhelfen können. Eine handschriftliche Notiz, ein Datenspeicher, kodierte Informationen. Er fand nichts dergleichen.
Und der Mann, mit dem Jagan gesprochen hatte? Spurlos verschwunden. Nicht anders als die Attentäter, die aus der Menge heraus das Feuer eröffnet hatten.
Für ein paar Sekunden schloss Tekener die Augen und rief sich die Szene ins Gedächtnis. Der Angriff hatte Jagan gegolten, ihm und dem anderen Mann, den Tek nur von der Seite gesehen hatte. Er selbst war von den Angreifern womöglich als Komplize Jagans eingestuft worden. Oder sie hatten ihn einfach als Bedrohung identifiziert.
Missmutig betrachtete Tekener den Toten, dann richtete er sich auf und winkte einen der Roboter heran. »Ich nehme nicht an, dass gute Spuren vorhanden sind«, sagte er nachdenklich.
»Möglicherweise gibt es Aufzeichnungen einer Orbitalsonde, das bedarf noch der Klärung«, erwiderte der Roboter. »Infrarot wurde aufgezeichnet, ist aber wohl nur in Teilbereichen aussagekräftig.«
»Hier waren zu viele Passanten«, bestätigte Tekener. »Und sie sind wie aufgescheuchte Hühner in alle Richtungen gelaufen.«
»Hühner?«, fragte der Roboter. »Mir ist kein Volk ...«
»Vergiss es!«
Tek schaute sich um. Er nickte zufrieden, weil die Energieschirme mittlerweile auf trüb geschaltet worden waren. Die Gaffer waren damit ausgeschlossen.
Zwei Roboter standen dort, wo Gucky zu Boden gesunken war.
Der Sekretär hatte sich gegen die Angreifer zur Wehr gesetzt. Offensichtlich war es ihm egal gewesen, ob er damit Unbeteiligte gefährdete. Und genau das wäre geschehen, hätte sich Gucky nicht in die Schussbahn geworfen – unbewaffnet und ohne Schutzschirm. Der Thermostrahl hatte den Mausbiber voll erwischt und sein Fell großflächig verbrannt. Der Schuss hatte den Körper geradezu aufgebrochen und zweifellos schwere Schäden verursacht. Vielleicht gerade deswegen entblößte Gucky seinen Nagezahn. Das Grinsen wirkte schief und deplatziert.
»Gut gemacht, Kleiner«, sagte Tek.
»Ich bin verpflichtet, menschliches Leben zu schützen.«
»Du hast Aufzeichnungen?«
Der Mausbiber hob eine Hand. Zwei Finger waren weggebrannt, das Kunstfell am Arm zu einer bizarren Masse zusammengeschmolzen. Trotzdem griff der kleine Roboter in seinen aufgebrochenen Leib, tastete
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