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PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS

PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS

Titel: PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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ähnelte einem Strom, der sich sein Bett graben musste.
    Nur wenige Meter vom Shift entfernt lagen die beiden Piloten in verkrümmter Haltung. Sie wurden eben von der Flüssigkeit unterspült, hochgehoben und in eine aufrechte Position gebracht. David sah die Brandspuren, die die Thermostrahler hinterlassen hatten, und das verbrannte Fleisch.
    Die beiden Begleiter verschwanden bald in einem Kubus an wabbeliger Flüssigkeit, die scheinbar kaum die Form halten konnte – und dann doch verfestigte.
    Er wollte die Blicke abwenden, aber konnte sich der Faszination des Vorgangs nicht entziehen. Der Wissenschaftler in ihm versuchte, die Geheimnisse der Masse zu ergründen, ihr Entstehen zu bewerten und zu verstehen, was sie darstellte.
    Mit einem Mal herrschte Stille. Kerstin und Paro standen da, hoch aufgerichtet. Nur ihre Köpfe ragten noch ins Freie. Die Körper blieben unter der verfestigten Masse verborgen, die nun ruhig aus sich heraus zu leuchten begann.
    Im Inneren des Shifts ertönte ein Quietschen und Knarren. David zuckte zusammen. Vielleicht drehten die Ketten des Fahrzeugs ein letztes Mal durch, vielleicht brach ein Teil des angehäuften Schutts in sich zusammen.
    Hatte jemand das Geräusch wahrgenommen? Befanden sich die feindlichen TARAS in der Nähe? David schob den Kopf so vorsichtig wie möglich zurück und legte sich flach auf das schräge Dach.
    Er zählte die Sekunden und wartete. Eine Minute, dann zwei. Nichts geschah.
    Davids Herz schlug wie verrückt. Er hielt es in seiner eigenen Haut nicht mehr aus! Er wollte aufspringen und davoneilen. Sofort! Warum sollte er noch länger warten? Er wollte weg, zurück in die Zentrale, wo andere Besatzungsmitglieder der GEMMA FRISIUS warteten. Er brauchte seinesgleichen um sich. Er benötigte Gesellschaft, wollte er nicht vollends durchdrehen.
    »Reiß dich zusammen, David!«, murmelte er. »Du bist ein Glückskind. Du hast dieses Himmelfahrtskommando überlebt, und du wirst auch heil zurück zu Tivelani, Ormaject und den anderen gelangen.«
    Er zwang sich zu ruhiger Atmung. Denk nach! Du warst immer stolz auf deinen scharfen Verstand. Du musst dir einen Plan zurechtlegen. Du musst wissen, welchen Weg du nimmst. Du weißt, welche Teile des Schiffs von 37 besetzt sind und welche nicht. Du darfst bloß nicht durchdrehen.
    Mit zittrigen Fingern holte David die zerknüllte Schreibfolie aus einer Tasche seines Anzugs. Er legte sich auf den Rücken und konzentrierte sich. Immer wieder drohten seine Gedanken abzuschweifen. Hin zu den unheimlichen Geschehnissen rings um ihn. Hin zum Tod, dem er während der letzten Stunden in so mannigfaltiger Gestalt begegnet war. Die Angst drohte ihn zu verschlingen; doch irgendwie schaffte er es, sich zu orientieren und einen Plan zu fassen.
    David schob seinen Kopf neuerlich so weit vor, dass der Harzblock mit den darin eingefrorenen Piloten in sein Blickfeld geriet. Ringsum war alles ruhig.
    Er tastete um sich, bis er Halt fand und sich aus einer Höhe von mehr als drei Metern zum Boden hinablassen konnte. Seine Knie schmerzten beim Aufprall, er knickte zur Seite weg. David wollte sich irgendwo festhalten, rutschte aus, kam auf einem der Harzstränge zu liegen und bekleckerte sie mit Kondensmilch.
    Die Masse fühlte sich weich und warm und nachgiebig an. Und klebrig. Sie blieb an seinem Anzug haften und zog Fäden. Fäden, die immer mehr aushärteten und ihn mit der Masse zu verbinden drohten, während das Leuchten im Inneren des Stranges greller wurde.
    David strampelte sich frei, irgendwie, und ließ sich zur Seite plumpsen. Er atmete schwer, vor seinen Augen flimmerte es.
    Nicht nachdenken, Mann! Beweg dich! Du weißt, was du zu tun hast!
    Er kam auf die Beine und stieg vorsichtig über die Stränge. Womöglich waren sie ein Teil von 37. Es war müßig, darüber nachzudenken.
    David erinnerte sich des Wegs, den er nehmen wollte. So leise wie möglich schlich er davon, ohne noch einmal zurückzublicken. Er wollte nicht sehen, was er hinter sich ließ. Wenn die TARAS auftauchten, sollten sie ihm eben in den Rücken schießen. Er wollte dem Tod nicht ins Auge blicken. Nicht diesen schrecklichen Maschinen, deren hauptsächliche Funktion das Morden war.
    Wo war seine Waffe geblieben? Das Holster war leer, der Verschluss stand offen.
    David schloss die Augen, ihm schwindelte. Er war dumm, so unglaublich dumm! Er hatte das verdammte Ding im Shift zurückgelassen!
    Er schluchzte und lachte und schluchzte. Sollte er umkehren und den

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