PR 2636 – Das Schema des Universums
Schranken zu weisen.
Eins von Ledrut-Strywens Stielaugen bog sich mir entgegen, es berührte fast den Rand der Luke. »Die Ingenieure warten darauf, einen Versuch zu starten und Energie in das Terminal auf dem Hauptdeck zu leiten.«
»Prognosen?«
»Keine Aussage möglich.«
Natürlich nicht. Wie sollte es auch anders sein? Das Schema dieses Artefakts lag noch im Dunkeln, die grundlegende Funktionsweise war nach wie vor unbekannt. Konnte der geplante und von langer Hand vorbereitete Versuch Ordnung in das Chaos bringen?
Jegliche Technologie dieser uralten Station entzog sich bislang unserem Zugriff. Die Lebenserhaltung und Klimatisierung, sogar die Beleuchtung, mussten wir mit eigenen Geräten gewährleisten.
Ohne unsere Aggregate wäre dieser Ort ein riesiges, von Weltraumkälte durchzogenes Grab, in dem nichts und niemand überleben konnte.
Aber einst musste es anders gewesen sein. Überall in der bernsteinfarbenen Weite, in den ewigen Korridoren und Hallen, existierte Technologie – und mehr als überall sonst in dem Bereich, den wir das Hauptdeck nannten.
Von vergleichbaren Stationen, die QIN SHIS Truppen schon vor langer Zeit gefunden hatten, wusste ich, dass sich dort die grundlegende Technik des Artefakts verbarg. Aber das brachte uns hier nicht weiter.
In aktiviertem Zustand entstanden auf dem freien Platz in der Mitte der gigantischen Halle vier energetische, bläulich schimmernde Röhren von fünfzig Metern Durchmesser. Sie erstreckten sich über mehr als einen halben Kilometer, ehe sie verblassten, als würden sie von dort aus durch ein sechsdimensionales Medium weiterführen.
Dies ähnelte den von unseren Vorfahren entwickelten Hyperadern, die durch die zahlreichen Viibad-Riffe dieser Doppelgalaxis einen raschen Transport über lichtjahreweite Strecken ermöglichten.
Genau jene Röhren, die Herzstücke dieses riesigen Artefakts aus tiefer Vergangenheit, sollten aktiviert werden, indem die Ingenieure Energie in das Steuerterminal leiteten, an dem wir in mühevoller Kleinstarbeit einige Vorbereitungen getroffen hatten.
Es war ein Spiel mit dem Tod, das wussten wir alle, aber der einzige Weg, der möglicherweise zum Ziel führte. Ohne Risiko kein Erfolg – und kein großer Erfolg ohne ebenso großes Risiko.
Als wäre diese ganze Mission nicht ohnehin ein großes Risiko. Es gab Augenblicke, in denen ich mich fragte, ob es wirklich klug und logisch gewesen war, die Entdeckung dieser Station vor den Xylthen geheim zu halten.
Wenn QIN SHIS Kriegervolk, meine Vorgesetzten, jemals davon erfuhren, brauchte ich mich nicht mehr um möglicherweise gefährliche Experimente zu sorgen. Dann waren wir alle schneller tot, als wir eine Entschuldigung oder Rechtfertigung vorbringen konnten.
Und ich als Verantwortlicher würde dann den langsamsten und grausamsten Tod sterben. In dieser Hinsicht galten manche xylthischen Protektoren als geradezu legendär erfindungsreich.
*
Ich verließ meinen Rückzugs-Container. Sofort nahm mich der Anblick der ewigen bersteinfarbenen Weite gefangen. Alles und jedes in der Station schien in kristallinem Orange erstarrt, und an den wenigsten Stellen hatten die geheimnisvollen Erbauer für eine Abdeckung dieser Oberfläche gesorgt. »Begleite mich zum Hauptdeck.«
»Ist das eine Bitte?«
Mit einem beiläufigen Blinzeln des Taroyjehret-Organs stelle ich klar: »Ein Befehl.«
Er fügte sich. Was blieb ihm auch anderes übrig? Hätte ich den Befehl nicht erteilt, hätte er wohl darum gebeten, mich begleiten zu dürfen. Seit der Entdeckung der Station ging es in jeder Sekunde um Macht, um einen winzigen Vorteil im allgegenwärtigen Intrigenspiel, denn leider nahmen die beiden mächtigsten Badakk vor Ort – Ledrut-Strywen und ich selbst – einander entgegengesetzte Positionen ein.
So wunderte es mich nicht, dass er die Gelegenheit nutzte, um das alte Thema wieder einmal zur Sprache zu bringen.
»Wir hätten die Entdeckung der Station längst den Xylthen melden müssen! Wenn sie aus anderer Quelle von diesem Artefakt erfahren und ihnen klar wird, dass wir sie nicht informiert haben, werden sie ...«
»... äußerst ungehalten reagieren, ich weiß«, unterbrach ich ihn. Schließlich fühlte ich mich selbst unwohl genug und konnte nur mit Mühe verhindern, dass meine weiße Lederhaut sich grau verfärbte. »Aber ohne Risiko kein Erfolg.«
»Erfolg?«, wiederholte mein Gegenüber. »Den werden wir genauso erringen, wenn wir den offiziellen Weg gehen! Oder glaubst du,
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