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PR 2640 – Splitter der Superintelligenz

PR 2640 – Splitter der Superintelligenz

Titel: PR 2640 – Splitter der Superintelligenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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setzte sie sich in weiser Voraussicht so weit wie möglich von dem Stützskelett entfernt an die Tafel. Falls sie tatsächlich etwas aß, wollte sie weder den Gestank noch den widerwärtigen Anblick der Maden ertragen müssen. Sie dachte noch darüber nach, ob sie das Essen verweigern sollte.
    »Carmydea«, sagte ihr Zwillingsbruder, »wie sehr mich diese Familienvereinigung freut! Du kannst es dir gar nicht vorstellen.«
    Doch, das konnte sie. Dieser Erfolg brachte ihm noch mehr Ansehen im Reich der Harmonie. Craton Yukk, der große Militär, der den Widerstand der Jyrescaboro zerschlagen hatte, indem er eine Anführerin gefangen nahm.
    Dass es sich dabei ausgerechnet um seine Zwillingsschwester handelte, würde er auch noch zu seinem Vorteil ausnutzen. Wahrscheinlich sprach er von einem schmerzhaften persönlichen Opfer, das er für das Reich auf sich nahm.
    Heuchler!
    In seinen Augen war es wohl das Beste, was ihm seit Jahren widerfahren war, dass ihm ein Zufall ausgerechnet Carmydea in die Hände gespielt hatte. Oder war es gar kein Zufall gewesen? Hatte er sie gezielt gejagt?
    Sie schwieg, gönnte weder den aufgetragenen Speisen noch ihrem Zwillingsbruder einen Blick. Stattdessen musterte sie ihre Umgebung. Je besser sie sich auskannte, umso schneller und effektiver konnte sie im Notfall reagieren. Oder fliehen.
    Der Saal maß etwa zwanzig auf fünf Meter. An den Wänden reihten sich Wachtposten, die Waffen im Anschlag. In einer der hinteren Ecken des Raumes stand ein Kampfroboter. Er sah harmlos aus, konnte sich jedoch binnen einer Millisekunde in eine Verderben spuckende tödliche Maschine verwandeln, gegen die Carmydea ohne eigene Waffen oder einen Schutzschirm völlig hilflos bleiben musste.
    So viel zu der freundlichen Atmosphäre, die Craton vorspielte.
    Was sollte diese Posse? Welchen Vorteil glaubte er sich damit zu verschaffen? Wollte er Carmydeas Begleiter, die zweifellos bald auftauchten, auf seine Seite ziehen?
    Weder Rizinze Baro noch Alaska Saedelaere würden darauf hereinfallen; wobei sich gerade Saedelaere seit der Rückkehr in den Normalraum seltsam verhielt. Manchmal schien er sekundenlang wie abwesend. Extrem auffallend war es gewesen, kurz nachdem die RHYLINE in das Fesselfeld gelegt worden war. Was geschah mit ihm? Hatte er in der Anomalie durch die besonderen hyperphysikalischen Bedingungen womöglich einen psychischen Schaden davongetragen?
    »Du willst nicht mit mir sprechen, Schwester?« Craton klang belustigt. »Bist du ... beleidigt?«
    Sie verkniff sich einen beißenden Kommentar, strafte seine Herablassung mit Nichtbeachtung. Das jedoch entlockte ihrem Bruder nur ein leises Lachen.
    Die Tür öffnete sich, und Saedelaere betrat den Raum, eskortiert von zwei Wachen. Er schien ebenso unverletzt zu sein wie Carmydea. Man hatte sie etwa zwei Syr lang in einer kargen, aber sauberen Zelle schmoren lassen, ehe sie vor wenigen Kim in diesen Speiseraum geführt worden war.
    Der Neuankömmling nickte ihr kurz zu, wollte sich neben sie setzen, doch Craton verweigerte es ihm mit einem scharfen Zuruf.
    »Lass dich ihr schräg gegenüber nieder!«, forderte er.
    Saedelaere stockte, als überlege er, den Befehl zu verweigern, tat aber doch, wie ihm geheißen. Wahrscheinlich glaubte er, Widerstand in solchen Detailfragen sei sinnlos. Carmydea beurteilte die Lage anders, was aber wohl von ihrer Abneigung gegen ihren Bruder herrührte, den sie besser kannte als jeden anderen. Craton genoss es, alles wie ein Puppenspieler zu leiten – bis in die letzte Kleinigkeit.
    Ob er diese Farce eines Kapitänsdinners genauso sah? Als Puppenspiel, als inszeniertes Theaterstück, in dem er die Figuren hin und her schob und sie wahrscheinlich exakt so reden lassen würde, wie es ihm gefiel?
    Von früh auf hatte er sich vom Theater und gespielter Wirklichkeit begeistert gezeigt. Als Kind hatte er die traditionellen Theaterfiguren alle selbst nachgespielt – der Kanzler, der Narr, der König, der Bote, ja sogar die weiblichen Rollen wie die Prinzessin Arden Drabbuh.
    Diese Leidenschaft teilten sehr viele im Reich der Harmonie, gefördert durch die Vielfalt möglicher Masken.
    Dabei waren die Masken gar kein Spiel ...
    Rizinze Baro betrat den Raum, und ihr Bruder deutete huldvoll auf eine der Sitzmulden, wo sich der Krötenartige niederließ.
    Craton erhob sich. Jede Faser seines Körpers verkörperte ganz den Regisseur, den Puppenspieler, der diese Farce leitete. Es fehlten nur noch die ebenso überlegenen wie

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