PR 2647 – Der Umbrische Gong
wurde.
Simpel ausgedrückt: Ofner suchte immer noch mit allen Kräften nach seiner Mutter. Vergeblich; jedoch fand er dafür andere Subjekte, zu denen er eine ansatzweise vergleichbare Bindung aufgebaut hatte.
Im Gegensatz zu bekannten Ortermutanten wie Fellmer Lloyd, Startac Schroeder oder vielen Abkömmlingen des arkonidischen Zweigvolks der Dryhanen unterlag Ofner allerdings einer mentalen Einschränkung. Er konnte nur den Aufenthaltsort solcher Intelligenzwesen räumlich bestimmen, die ihm etwas bedeuteten.
Dazu musste er sie nicht unbedingt persönlich kennen gelernt haben. Den Ausschlag gab, ob er so viel Interesse an ihnen entwickelte, dass ihre Abwesenheit ihn betrübte.
Die Parapsychologen des TIPI protzten mit Ausdrücken wie »Gestalt-Parallelen« oder »Verlust-Kongruenz«. Fydor Riordan bevorzugte den bodenständigeren Vergleich mit einem Fährtenhund, der ein Geruchsbild benötigte, um Witterung aufnehmen zu können.
Weder Undine Comerell noch irgendein Mitglied von Sharoun Beffegors Guerilla-Grüppchen kam als »Zielscheibe« für die Psi-Fähigkeit des Jungen in Frage. Ihnen fehlte ein Merkmal, das sie aus seiner speziellen, eingeengten Perspektive von den unzähligen anderen Terranern und einzelnen Matten-Willys im Solsystem unterschied.
Anders verhielt es sich mit einem Fagesy, der zwei seiner fünf Arme eingebüßt hatte ...
*
Unter Aufsicht des Xeno-Chirurgen und des Hohen Marschgebers vollzogen zwei Medoroboter die Amputation.
Es gab erbaulichere Anblicke. Außerdem fragte Fydor Riordan lieber nicht nach, wie freiwillig der Fagesy-Soldat, ein einfacher Marschierer, sich für diese Rolle gemeldet hatte. Immerhin würden seine Arme, inklusive der Stacheln und Sinnesorgane, mit der Zeit wieder zur vollen Länge von drei bis vier Metern nachwachsen.
Ofner Kiwanika beobachtete die ganze grausige Prozedur, ohne sich abzuwenden oder auf seinem bleichen Mondgesicht eine Regung erkennen zu lassen. Bekam er überhaupt mit, was gerade passierte?
Fydor warf der Stillen Ve einen fragenden Blick zu. Die Telepathin nickte.
»Dieses Wesen hat starke Schmerzen«, sagte Riordan zu dem Jungen. »Es ist sehr arm. Es tut uns leid, nicht wahr?«
Er bekam keine Antwort. Aber aus Ofners Augenwinkel löste sich eine Träne und rollte die Wange hinab.
Na also.
»Komm, wir gehen ins Nebenzimmer. Da spielen wir etwas. Das wird dir Spaß machen.«
Der Junge ließ sich widerstandslos mitziehen. Im Nebenraum drückte Fydor ihn in einen Sessel. Die Stille Ve schaltete die medizinischen Überwachungsgeräte ein und setzte eine Infusionskanüle.
»So, Ofner. Du hast den hübschen, bedauernswerten Riesenseestern gesehen. Jetzt ist er weg, weit weg. Kannst du ihn wiederfinden? Du weißt schon, so wie deine Kuscheltiere bei den Übungen im TIPI.«
Er reichte ihm einen Stift und mehrere Folien: einen Stadtplan von Terrania City, eine Übersichtskarte der Gobi-Region, Gebäudepläne des TLD-Towers.
»Nun, wo ist der arme, verstümmelte Seestern? Wo hält er sich auf?«
Der Junge zögerte nur kurz. Dann tippte er, ohne dabei länger als ein, zwei Sekunden hinzusehen, mit dem Stift der Reihe nach auf die Folien.
Jede Position, die er bezeichnete, stimmte exakt. Dabei hatte seine Betreuerin geschworen, er könne eigentlich keine Karten lesen und fände sich ohne Hilfe nicht einmal auf dem Campus des Instituts zurecht, in dem er seit über zehn Jahren lebte.
»Ausgezeichnet, Ofner! Ganz toll. Jetzt machen wir das Spiel ein bisschen kniffliger.«
*
Riordan verständigte den Xeno-Chirurgen, der daraufhin den Marschierer von seinen Qualen erlöste, indem er ihn in künstlichen Tiefschlaf versetzte.
Bei der Vorbesprechung hatte Chossom angeboten, seinen Artgenossen zu töten, damit nicht die geringste Gehirntätigkeit die Ausforschung des abtrünnigen, mit den Guerilleros geflohenen Fagesy namens Oachono behinderte. Fydor war der Vorschlag vernünftig erschienen.
Aber die Stille Ve hatte sich dagegen ausgesprochen und gemeint, solange sie telepathisch nichts mehr von dem Soldaten wahrnahm, sollte auch Ofner Kiwanika nicht beim Einsatz seiner Psi-Fähigkeit gestört werden.
Einige Minuten verstrichen. Schließlich hob sie den Arm. »Total weggetreten. Ich empfange auch keine Träume. Gar nichts.«
»Fein. Es geht weiter. Hörst du mich, Ofner? Dein Freund, der traurige Seestern, der zwei Arme verloren hat, hat sich jetzt woanders versteckt. Kannst du uns zeigen, wo?«
Der Junge raschelte mit den
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