PR 2653 – Arkonidische Intrigen
Eindruck entsteht, dass es sich um einen Orden gehandelt haben muss, der nur unter bestimmten Umständen getragen wurde.«
»Wann der Stern verschwunden ist ...?«
»Ein vager Zeitraum.«
Tormanac verschränkte die Hände im Nacken und streckte sich. »Du gibst auf?«, fragte er freiheraus. »Ich würde es dir nicht verübeln.«
»Ich habe gelernt, niemals aufzugeben«, sagte Cregon. »Neunhundertneunundneunzig Augenblicke mögen nicht das vollbringen, was der tausendste vermag.«
»Das klingt beinahe schon philosophisch«, stellte Tormanac fest. »Von wem stammt dieser Ausspruch?«
Cregon zögerte.
»Du kennst diesen Mann, das nehme ich jedenfalls an«, antwortete er nach einer Weile. »Du weißt nur nicht, dass du ihm schon begegnet bist«, fügte er mit leicht amüsiertem Tonfall hinzu, als Tormanac fragend eine Augenbraue hob.
*
Cregon war verschwunden.
Am frühen Morgen, wenn auch an diesem Tag erst eine Tonta nach Sonnenaufgang, hatte der Mann im bodenlangen Mantel den Khasurn wieder betreten und sich bis kurz nach dem Mittag im Haupttrichter umgesehen. Das ließ sich leicht anhand seines von der Hauptpositronik zusammengestellten Bewegungsbilds nachvollziehen.
Der Alte hatte erneut die Bibliothek aufgesucht, die sich mit allen Abteilungen über drei Etagen erstreckte und mehrere hundert Infoplätze bot. Er hatte einige historische Folianten zurate gezogen, teils im gewichtigen Original, teils als holografische Umsetzung, und er hatte den Inhalt mehrerer Kristallspeicher abgerufen. Die Auflistung der Dateien, die Tormanac vorlag, verriet den raschen Wechsel zwischen unterschiedlichen Themen. Er stufte dieses sprunghafte Interesse als wankelmütig und vor allem als Anzeichen wachsender Verunsicherung ein.
Cregon hatte offenbar nicht mehr gewusst, was er unternehmen sollte.
Tormanac da Hozarius grinste in sich hinein. Cregon war die Zeit davongelaufen, das musste der Alte während des Vormittags deutlich erkannt haben. Nicht zuletzt deshalb war er dazu übergegangen, wahllos Männer und Frauen anzusprechen und sie über Tormanacs Gewohnheiten auszufragen.
Die letzte Gewissheit gab Cregons Bemühung, Legatem aufzusuchen. Das Oberhaupt des Hozarius-Khasurn hatte allerdings schon am Vorabend den Planeten für eine mehrtägige Reise verlassen. Als habe Legatem geahnt, dass sein »Freund« auf ihn zukommen würde.
Im Lauf des Nachmittags hatte der Mann dann den Trichterbau verlassen – und war nicht mehr zurückgekehrt.
Tormanac startete einen neuerlichen Suchlauf, der die an allen Zugängen aufgezeichneten Individualdaten erfasste. Cregon war zweimal registriert worden: am Morgen und als er den Khasurn verließ; später hatte er nicht versucht, den Trichterbau noch einmal zu betreten.
Nun herrschte Nacht.
Der Alte hatte keine Chance mehr, die Suche nach dem Kristallstern abzuschließen. Tormanac fragte sich, ob er diesen Mann, der sich wie ein Dieb davongeschlichen hatte, überhaupt jemals wiedersehen würde.
Für seine Erkenntnis, dass Cregon scheitern musste, hatte es keines aktivierten Extrasinns bedurft. Zum ersten Mal seit der fehlgeschlagenen dritten Stufe der ARK SUMMIA fühlte Tormanac sich ruhiger werden, auf gewisse Weise wieder ausgeglichener. Er war bislang ohne Logiksektor ausgekommen, das würde auch künftig so sein.
Tormanac da Hozarius trat nah an die Panoramaverglasung seines Wohnbereichs. Sein Blick schweifte hinüber zu den Gipfeln des Shuluk-Ahaut-Gebirges. Eine dunkle Silhouette. Wie ein Scherenschnitt zeichnete sie sich gegen den Sternenhimmel ab. Ein Hauch von Abendrot umfloss die höchsten Grate und Zinnen, verwehte aber sehr schnell.
Tormanac nickte zufrieden. Für Cregon war es endgültig zu spät, in den Khasurn zurückzukehren. Damit war auch das erledigt.
In Gedanken hatte Tormanac sich eine Liste erstellt. Sie war sein Lebenslauf. Geburt und Kindheit auf der Kristallwelt Gos'Ranton: abgehakt. Er war überbehütet gewesen, von Robotern beschützt und umsorgt. Den Bereich des Khasurn hatte er so gut wie nie verlassen.
Mit fünf oder sechs Arkonjahren hatten seine Schulungen begonnen. Plötzlich hatte er mit anderen Kindern Bekanntschaft geschlossen. Aras, Blues, zwei Terraner. Irgendwann waren sogar vogelähnliche Wesen aufgetaucht und bunt geschuppte Echsen, die eine geradezu perfekte Fähigkeit besessen hatten, sich unsichtbar zu machen. Alles nur Schein, das wusste er inzwischen. Holodarstellungen, um sein Verständnis für fremdartige Geschöpfe zu
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