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PR 2658 – Die Stunde des Residenten

PR 2658 – Die Stunde des Residenten

Titel: PR 2658 – Die Stunde des Residenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Themsen
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beißende Luft, die schlimmer wurde, sobald dieser feste Regen herunterkam. Ihr Blut, ihre Muskeln, alles fühlte sich träge an. Sie wollte schlafen.
    Schrill machte einen letzten Schwenk. Sie hörte, dass die anderen in ihrer Nähe ihr folgten. Gemeinsam hielten sie auf die Höhle tief unter dem schroffen Gebirge mit den vielen Lichtern zu.
    Sie würden nicht warten, bis die schützende Nacht dem Licht wich, denn es schien, als würde die Nacht nicht enden.
     
    *
     
    Ohne sichtliche Eile bewegte der Mann im SERUN sich vom Evakuierungs-Sammelpunkt SW-8 beim Hangarbereich des südwestlichen Pylons weg.
    Bull wusste, dass Kameras ihn registrierten. Sobald der programmierte Ersatz-SERUN, den er an seiner statt losgeschickt hatte, sein kurzes Eigenleben aushauchte, musste die Nachricht von der Öffnung des Schirms erste Auswirkungen zeigen. Zusammen würden diese beiden Faktoren hoffentlich dafür sorgen, dass die Aufnahmen aus diesem Bereich nicht so schnell ausgewertet wurden.
    Weil er aus einem hochgesicherten Schutzbereich kam, hatte es keiner Identifikation bedurft, um zu einem Sammelpunkt in einem der vier für die Öffentlichkeit geschlossenen Regierungsflügel zu springen. Er hatte den Sitz der Ersten Terranerin gewählt, weil er mit Henrike Ybarri reden musste. Falls sie nicht selbst den Geheimbefehl erteilt hatte, wusste sie zumindest, wer sonst dazu in der Lage war.
    Das Problem war, dass er zuvor vom Basisbereich bis hinauf in das Toplevel gelangen musste. Es war der wahrscheinlichste Aufenthaltsort für die Erste Terranerin, da sie der Regierungsgeschäfte inzwischen vollständig enthoben war, sich aber definitiv noch in der Residenz aufhielt. Dort oben befand sich ihr privater Rückzugsort, so, wie im Südostpylon bis vor wenigen Tagen Bulls Heim gewesen war.
    Wenigstens genoss er Heimvorteil. Er hatte bereits mehr Zeit in diesen Bereichen der Solaren Residenz verbracht als jeder andere.
    Heimvorteil. Hier brauchte ich nicht mal eine Nachschulung. Gleicht das aus, ihr Möchtegern-Usurpatoren!
    In einem Seitengang, den eigentlich nur die Hangartechniker benutzten, nahm Bull eine kurze Ortung zur Mitte des Pylons hin vor. Er empfing gemischte Lebenszeichen. Während die der Fagesy meist Fünfereinheiten bildeten, waren die Lebenszeichen von Terranern und Angehörigen anderer Ligavölker in größeren Gruppen in den unteren Wohnungen der Residenzminister und den Gästebereichen massiert. Wachen schienen die Fagesy nicht für nötig zu halten. Vermutlich hatten sie die Zugänge verriegelt.
    Einen Moment rang Bull mit sich, dann stand sein Entschluss fest: Er würde eine dieser Gruppen aufsuchen. Vielleicht konnten sie ihm mit Sicherheit sagen, wo Henrike steckte.
    Er ging im Kopf die Aufenthaltsorte der Terraner und die möglichen Wege dorthin durch. Als seine Entscheidung gefallen war, öffnete er das Schott zum Hangar.
    Die nächste Kletterpartie stand an.
     
    *
     
    Isabelle Jordan stand am Projektionsfenster und starrte hinaus. Der Blick über Terrania war vom Restaurant Marco Polo im Toplevel des Nordpylonen aus aufgezeichnet worden, als die Residenz noch in zwei Kilometer Höhe geschwebt hatte. Unzählige Gebäudefronten reflektierten das Licht der hoch im Zenit stehenden Sonne. Der Fluss und der Goshun-See glitzerten unter der Helligkeit. Gleiter schwebten in geregelten Bahnen über der Stadt und in ihren Gebäudeschluchten.
    Nichts war zu sehen von den Narben, die bei der Versetzung des Solsystems in das seltsame Universum geschlagen worden waren. Nichts von den Effekten der schwankenden Naturgesetze, welche die Solare Residenz wegen der Unzuverlässigkeit der Antigravaggregate zur Landung gezwungen hatten. Nichts von den Einschlägen der ins Innere des Systems versetzten Meteore.
    Ihre Gedanken wanderten zum Vortag zurück. Alles hatte so gut ausgesehen. Die Nachricht in SIN-TV, dass die Bedrohung durch die Nanofabriken aufgehoben war. Anicees Erklärung, die eine ausgestreckte Hand vorgetäuscht hatte. Der Rückzug der Fagesy aus der Stadt.
    Doch hier in der Residenz hatten sie schnell erfahren, dass es so schnell nicht zu einem guten Ende kommen würde. Während nach außen Verhandlungsbereitschaft signalisiert wurde, hatte man sie bereits zusammengetrieben und weggesperrt. Ohne Verbindung zur Außenwelt waren sie zusammen mit der neuen Regierung und deren Handlangern unter dem Paratronschirm gefangen.
    Oder eher mit deren Puppenspielern. Anicee mag wirklich meinen, was sie sagt. Man muss sich

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