PR 2661 – Anaree
Fiberglas, aus deren Boden nach Bedarf Bedienterminals emporgefahren werden konnten.
Die Morgenschwester erwartete sie bereits. Bei ihr befanden sich drei Frauen aus dem Tagvolk, die Anaree nur beiläufig kannte. Mit Haphia hatte sie sich einmal am Fluss unterhalten, mit Imela und Basake hatte sie höchstens ein paar Worte gewechselt. Sie waren in den letzten Jahren aufgewachsen und ausgebildet worden, während Anaree ihre Ausbildung bei M'ian Mor absolviert hatte.
Sie glichen einander stark, als wären sie Schwestern, wenn nicht sogar Drillinge, auch wenn die eine etwas jünger, die andere etwas älter aussah.
Die Morgenschwester aktivierte ein Akustikfeld, das lediglich Anaree und sie umschloss. »Das sind unsere Begleiterinnen. Offiziell werden wir im Auftrag der Kosmokraten unterwegs sein. In dieser Hinsicht ist unsere Mission genau umrissen. Unser eigentliches Ziel ist es jedoch, Sholoubwa zu finden.«
»Sholoubwa?« Anaree horchte auf. Sie war einem Wesen dieses Namens bei ihrer ersten Mission begegnet. Und der Name war ebenso gefallen, als sich die Morgenschwester mit dem unbekannten, alten und doch jungen Mann unterhalten hatte.
Was hatte sie damals noch gesagt? Sholoubwa ... Er scheint kein Kosmokratenknecht zu sein ...
Die Morgenschwester ließ ein Holo entstehen. Es zeigte einen spinnenbeinigen Roboter von vielleicht zwei Metern Größe. »So könnte er aussehen. Er kann seine Gestalt verändern.«
Also handelte es sich um den Sholoubwa, den Anaree meinte.
Warum weiht die Morgenschwester mich überhaupt in ihre Pläne ein?, fragte sich Anaree. Was für ein Interesse hat sie an diesem Sholoubwa? Wieso äußert sie sich so ... so abfällig über ihre Auftraggeber, die Kosmokraten? Und hat dieser junge, alte Mann etwas damit zu tun? Welche Rolle spielt er bei alledem?
Natürlich wagte sie es nicht, der Morgenschwester diese Fragen zu stellen.
»Ich will Sholoubwa«, fuhr die Göttin des Tagvolks fort. »Ich habe etwas mit ihm zu klären. Das ist das primäre Ziel der Mission. Hast du verstanden?«
»Ja, Herrin.«
»Gut.« Die Morgenschwester schaltete das Akustikfeld aus. Anaree entfernte sich, rotierte unbemerkt in den Hyperraum und kehrte zur Einsatzbesprechung zurück. Von nun an würde sie wieder die Rolle der unsichtbaren Leibwächterin übernehmen, von der niemand etwas wusste.
Und sie würde beobachten.
»Die LEUCHTKRAFT hat den Überlichtflug soeben beendet«, sagte die Herrin des Tagvolks gerade. »Das Holo zeigt unser Ziel.«
Es war ein System aus einer weißen Sonne und vier Planeten.
Die Morgenschwester projizierte eine Vergrößerung, die einen – den gesammelten Daten zufolge – 830 Kilometer langen und 590 Kilometer durchmessenden Irrläufer-Planetoiden am Rand des Systems zeigte, einen atmosphärelosen Steinbrocken, der vielleicht schon seit Ewigkeiten seine ferne Bahn um die Sonne zog.
»Diese Stadt ist unser Ziel«, erklärte die Morgenschwester.
Ein paar Sekunden lang sprach niemand, dann räusperte sich Haphia. »Herrin? Welche Stadt? Da ist keine Stadt. Da ist gar nichts, nur dieser kleine Irrläufer. Oder ist er selbst die Stadt?«
»Kampfanzüge schließen.« Die Morgenschwester erzeugte ein Ultradim-Fenster und trat hindurch. Anaree folgte ihr auf dem Fuße, dann kamen die drei Frauen vom Tagvolk hinterher.
Das Fenster hatte sie direkt auf den Planetoiden geführt.
Und da war eine Stadt. Eine prachtvolle, atemberaubend schöne, ultramarinfarbene Stadt.
Anaree sah ein Konglomerat verschachtelter, eleganter, filigran-zerbrechlicher Türme, die auf einer exakt kreisförmigen Grundfläche mit einem Durchmesser von dreieinhalb Kilometern standen, wie die Ortung ihr verriet. Die größten Türme waren 180 Meter hoch, und alle schimmerten in einem ultramarinfarbenen Licht.
Die Stadt schien verlassen zu sein. Es war totenstill, kein Geräusch drang aus der Stadt, und Bewohner konnte Anaree auch nicht sehen.
Aber ... sie spürte etwas anderes.
Die Stadt schien einen seltsamen mentalen Lockruf auszustrahlen. Komm zu mir, und ich werde dir alle Wünsche erfüllen ...
»Alle Wünsche«, murmelte Anaree. Plötzlich bekam sie Angst vor sich selbst. Eine unerklärliche Gier nach Macht lockte sie an.
Macht. War das ihr größter Wunsch?
Anaree schrie leise auf, als sie bemerkte, dass sie sich fast gegen ihren Willen in Bewegung setzte und sich der Stadt näherte. Sie spürte, dass ihr Energie entzogen wurde und sie die Kontrolle über sich verlor.
Egal!, dachte sie. Ich
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