PR 2663 – Der Anker-Planet
Partijan scheinbar völlig ruhig. »Aber zuletzt raste ein gewaltiger Strukturschock durchs Normaluniversum, und es sieht aus, als würden sich die Hyperenergien nun beruhigen.«
Rhodan räusperte sich. Er versuchte erst gar nicht, alldem einen Sinn zuzuordnen; und schon gar nicht wollte er seine Zeit mit vertrackten Theorien verschwenden, wenn es einen Fachmann gab, der genau das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits getan hatte.
»Nemo, bitte Klartext! Hältst du das für ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Was hat es mit diesem Strukturschock auf sich?«
»Gut oder schlecht sind relative Bewertungen«, antwortete Nemo Partijan. Rhodan konnte das unbestimmbare Grinsen des Hyperphysikers förmlich vor sich sehen. »Die Ursache dafür kann ich dir jedoch mit einer Wahrscheinlichkeit von über 98 Prozent nennen. Der Kalte Raum existiert nicht mehr. Sein Inhalt ist ins Standarduniversum zurückgefallen.«
3.
Im Shikaqin
Wie traurig, dass sich die Dinge nicht verändern, sondern alles stirbt, ehe ...
Wo bist du? Shaanna, mein Kind, wo bist du?
Ich schlief, als der Tod mich hinwegraffte. – Ich verschmolz mit meiner Geliebten. – Und ich flog mit weit ausgebreiteten Schwingen.
Shikaqin stand wie immer im Zentrum der Ruhe. Der Planet war in Aufruhr. Milliarden Gedanken drängten an die Oberfläche. Reste von einzelnen Leben formierten sich, Splitter von Individuen fügten sich zusammen und verschmolzen zu grotesken Lebensformen, die aufblitzten und wieder vergingen, kaum dass sie ihren ersten telepathischen Schrei getan hatten.
Der Planet war alles, der Anfang und das Ende, das Leben und der Tod, das Universum und das Nichts. Shikaqin war die Heimstatt, doch das, was es im Innersten zusammenhielt ...
... löste sich.
Ich pflegte die Blumen im Garten, als ich verpuffte und starb. – Ich schwamm in den Tiefen des Ozeans und sammelte Sporen. – Und ich baute ein Haus.
*
Es wäre ein Traum gewesen, wenn Protektor Kaowen geschlafen hätte.
Aber er schlief nicht, sondern lag in tiefer Ohnmacht. Sein Bewusstsein dämmerte unter einem mentalen Schock und trieb am Rand des Todes entlang.
Aber er widerstand der ewigen Finsternis. Vielleicht war es seine innere Stärke, die ihm das ermöglichte. Möglicherweise hatte etwas auch beschlossen, ihn am Leben zu erhalten, weil es ihn noch brauchte.
Kaowen trieb in einem diffusen Nebel. Die Schwaden schälten sich aus der Schwärze, als leuchteten sie aus sich heraus. Doch sie zerfaserten nicht, wie es bei echtem Dunst geschehen würde, sondern sie formten Gestalten aus.
Gesichter?
Augen blickten ihn an. Sie waren schwarz und blau und grün und gelb und weiß: Sie veränderten sich.
Ein Mund öffnete sich und sprach zu ihm, doch Kaowen verstand es nicht. Er hörte nur einen Fetzen der Botschaft: ... horch ...
Wünschte das Wesen in diesem bizarren Traum, der keiner war, dass er ihm zuhörte? Horch, was ich dir zu sagen habe?
Nein, das war es nicht. Ganz sicher nicht. Es steckte viel mehr dahinter.
Die roten und grünen und farblosen Augen starrten ihn an, klein wie ferne Lichtpunkte im All und groß wie seelenlose Bergseen, in deren unergründlichen Fluten Dunkelheit trieb.
Etwas klickte in seinem Hirn, er glaubte es fast zu hören; wie ein mechanischer Prozess, der einen neuen Abschnitt einleitete. Ein flammender Schmerz ließ all seine Nervenenden glühen, er fühlte sich, als wolle die Hitze seine Gedärme schmelzen.
Mitten aus der tiefsten Ohnmacht öffnete Kaowen die Augen: Die Schwärze wich einem Licht, das sich wie mit Nadeln in seine Sehnerven bohrte. Langsam und tief atmete er durch.
Er lag in der Zentrale, vor seinem Kommandantensessel. Eine entwürdigende Position, die er sofort veränderte, indem er aufstand. Die Muskulatur seiner Beine zitterte.
Alle anderen lagen ebenfalls am Boden, meist in verkrampfter Haltung. Sechs Xylthen konnte er sehen, einer halb von seinem Arbeitspult verborgen. Nur die Arme ragten daneben heraus. Sie blieben völlig reglos.
Kaowen fühlte sich schwindlig, als er sich rasch einen Überblick verschaffte. Alles drehte sich, doch zugleich stand er fest und sicher. Er zwang seinen Körper, sich seinem Willen unterzuordnen.
Etwas hielt ihn aufrecht.
Eine Macht, die er schon in der Ohnmacht gefühlt hatte.
Und mit einem Mal verstand der Xylthe auch die Botschaft, die er vor Kurzem empfangen hatte, von dem nebligen, sich verändernden Gesicht, das alles andere als ein Traum gewesen
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