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PR 2663 – Der Anker-Planet

PR 2663 – Der Anker-Planet

Titel: PR 2663 – Der Anker-Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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war.
    Gehorche mir!
    Nur diese beiden Worte, mehr nicht.
    Mehr war nicht nötig.
    Ohne zu wissen, was er eigentlich tat, ging der Protektor zum Kommandantenpult. Die fremden Augen schienen sich im Eingabedisplay zu spiegeln: grau und braun und lila und schlohweiß. Sie blinzelten nicht, und manches Mal besaßen sie keine Pupille, sondern waren nur eine glitzernde Masse.
    Noch während Kaowens Finger über die Eingabefelder huschten und Befehle eingaben, von denen er nie etwas gehört hatte, nahmen die Augen endlich feste Form an: Klein und verschrumpelt sahen sie aus, lagen wie ausgedörrt in fast knöchernen Höhlen.
    Ein Oracca?
    Das Schiffssystem verlangte die Eingabe eines Kodes, den Kaowen nicht kannte. Dennoch gab er ihn ohne das geringste Zögern ein.
    Gehorche mir!
    Der Xylthe rief ein Orterbild der beruhigten Zone auf und wunderte sich, dass es im Schiffssystem seiner RADONJU Bereiche gab, die ihm bislang verborgen geblieben waren.
    Ein fremdes Schiff flog in der Anomalie, näherte sich dem unsichtbaren Planeten im Zentrum.
    Es explodierte.
    Ein Lichtblitz, ein Feuersturm, kürzer als einen Atemzug lang, und es war vorbei.
    Gleichzeitig vergingen rund um die Shikaqin-Anomalie Dutzende, Hunderte der aufständischen Dosanthi-Einheiten in verheerenden Explosionen.
    Kaowen begriff, dass dies die Folge seiner Befehle war, die er gegeben hatte, ohne sie auch nur zu kennen. Etwas war von dem unsichtbaren Planeten gekommen und hatte sich seiner bemächtigt, etwas, das ...
    Er stockte.
    Unsichtbar?
    Nein, das war er nicht. Nicht mehr.
    Die optische Fernortung zeigte Shikaqin, den sonnenlosen Planeten, in völliger Klarheit. Das Tarnfeld war verschwunden, und so offenbarte sich eine atmosphärelose Welt von 3850 Kilometern Durchmesser.
    Die Oberfläche der gesamten Welt lag in wallender Bewegung.
    Doch es war kein gigantischer Ozean, auch kein planetenweiter Sumpf, sondern die Masse war ... zäher. Von einer völlig andersgearteten Natur. Kaowen hatte nie zuvor Vergleichbares gesehen, auch die automatischen Messungen kamen zu keiner eindeutigen Zuordnung. Sie lieferten nur die offensichtlichen Ergebnisse: Die Substanz lebte, sie ähnelte organischer Materie, und sie bedeckte die gesamte Welt.
    Kaowens Verstand klärte sich. Er fühlte sich nicht mehr wie ferngesteuert. Was immer ihn kurzfristig übernommen hatte, es war vom Shikaqin-Planeten gekommen, hatte sich aus dieser unbestimmbaren Masse gelöst.
    Gedanken und Empfindungen dieses Planeten ergaben zusammen eine große, neue Einheit, ein ... Gesicht in ständigem Wandel, das sich selbst zu finden versuchte.
    Der Herr der Gesichter, dachte der Protektor. QIN SHI.
    Doch zugleich wusste er, dass es nicht die Superintelligenz persönlich gewesen war. Er hatte in ihr Gesicht geschaut, war von QIN SHI angestarrt worden. Das, was sich dort unten auf dem Planeten befand, was diese Welt selbst war, ähnelte QIN SHI lediglich.
    Noch immer explodierten aufständische Schiffe rund um die Shikaqin-Anomalie. Der zerstörerische Impuls pflanzte sich inzwischen auch zu Einheiten fort, die nicht den Dosanthi gehörten.
    Nach welchem Auswahlverfahren der tödliche Befehl vorgehen mochte, Kaowen empfand tiefen Frieden – es war richtig so. Das Verhängnis kam nicht über seine Flotte – es starben nur Verräter.
    Er sah auf den Orterschirmen die Symbole, die für die Schiffe standen, aufblinken und erlöschen: ein sauberer, steriler Vorgang. Dort draußen im All bedeutete er den Tod und die Vernichtung zahlloser Intelligenzwesen.
    632 Einheiten waren bereits vergangen.
    632 Besatzungen.
    632 Gruppen von Verrätern.
    633.
    Auf Kaowens Lippen legte sich ein kaltes Lächeln, als er begriff, welchen Triumph er in diesen Augenblicken miterlebte.
    Die Präsenz, die sich von dem atmosphärelosen, lebenden Planeten gelöst hatte, durchstreifte die Anomalie, kehrte in die RADONJU zurück und geisterte durch alle Decks.
    Sie suchte.
    Nach ihm.
    Der Protektor sah die Erscheinung wie ein feines Nebelgespinst und fragte sich, ob er es tatsächlich mit den Augen oder nur mit seinem Verstand wahrnahm.
    Wie auch immer, es machte keinen Unterschied. Die Präsenz streifte ihn, drang in ihn ein, und er erkannte sie wieder. Sie hatte ihn bereits während seiner Ohnmacht berührt. Ihre erste Annäherung hatte ihn überhaupt erst in die dumpfe, tiefe Bewusstlosigkeit gestürzt.
    Wider Erwarten verließ ihn diese fremde Gegenwart eines unfassbaren Wesens nicht, sondern verharrte in ihm.
    Gehorche mir!,

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