PR 2664 – Hinter dem Planetenwall
Auf Anhieb konnte Joschannan wenig verstehen, massive Störgeräusche überlagerten die ohnehin verzerrt klingende Stimme.
»Versuch läuft, den Ausgangspunkt anzumessen!«, meldete die Funkpeilung.
Joschannan konzentrierte sich auf den Empfang. Er gewann den Eindruck, dass wenige Sätze permanent wiederholt wurden. Aber nicht einmal, ob es sich um eine menschliche Stimme handelte, war zweifelsfrei herauszuhören.
Für einen Moment hatte der Erste Terraner erwartet, dass ein Lebenszeichen von Admiral Ipthey-Hüriits Flotte aufgefangen wurde. Den Gedanken verwarf er indes schnell wieder, als sich die Funkortung erneut meldete.
»Das aufgeprägte Identifikationssignal ist identifiziert. Der Sender steht auf der WELLS FARGO, einem Handelsraumer der Liga. Heimatplanet ...« Der Sprecher zögerte kurz und seufzte. »Terra!«, brachte er dann hastig hervor.
Ein Prickeln überzog Joschannans Nacken. Terra! Sollte es ausgerechnet im Übergangsbereich zwischen Eastside und galaktischem Süden eine Spur des verschwundenen Solsystems geben? Er schüttelte die Überlegung sofort ab. Das anzunehmen wäre verrückt gewesen. Womöglich flog der Frachter seit Jahren auf Routen fernab des Heimat-Raumhafens.
»Keine Speicherdaten über die WELLS FARGO vorhanden!«, rief Oberstleutnant Pateng. »Das Schiff ist lediglich im Namenskatalog gelistet – ein Zweihundert-Meter-Kugelraumer. Darüber hinaus keine Angaben.«
Die Beschleunigung für das nächste Linearmanöver wurde angezeigt. Der Kommandant ließ den Vorgang stoppen.
Sekunden danach spuckte die Hauptpositronik die Extrapolation der aufgefangenen Sendung aus. Der Text mit den gefundenen Vervollständigungen erschien als Spruchband auf der Hologalerie.
... (ange)griffen und (können uns) kaum lange ver(teidigen). WELLS (FARGO und) WESTERN UNION (be)-nötigen Hilfe. (Ich wieder)hole: (Zwei) Schiffe der LFT (werden von) überlegenen Blu(esraum)ern (ange)griffen ...
Ein Notruf also. Wieder erklangen die aufgefangenen Sequenzen aus den Lautsprecherfeldern, nur waren die Störungen und Verzerrungen mittlerweile weitgehend ausgefiltert. Was die Positronik in Klammern gesetzt hatte, waren die hochgerechneten Bereiche der Botschaft, die durch die Störungen nicht herauszuhören gewesen waren. Auch manches andere ließ sich nur mit Phantasie wiedererkennen.
»Leider keine Spezifikation zu den Angreifern«, sagte Vanessa Pateng.
»Wir haben eine erfolgreiche Konferenz hinter uns«, wandte Joschannan ein. »Einen Angriff regulärer Einheiten der großen Eastside-Nationen halte ich für ausgeschlossen.«
»Zumal weder die mehrmaligen Beobachtungen von Admiral Ipthey-Hüriit vergessen werden dürfen noch das angeblich geplante Attentat auf den Ersten Terraner«, ergänzte der Kommandant.
»Somit können wir eine Falle nicht ausschließen!«, folgerte die Zweite Offizierin.
Joschannan schüttelte leicht den Kopf, als sie sich zu ihm umwandte. »Natürlich könnte es eine Falle sein«, bestätigte er. »Aber wer es schafft, fünfzig Schlachtschiffe der Jülziish irgendwie aus dem Weg zu räumen, hat es bestimmt nicht nötig, zwei Frachter anzugreifen. Der kommt auf andere Weise an uns heran.«
»So wirkt es unverdächtig«, sagte Vanessa Pateng.
»Tut es das?«, fragte Joschannan.
»Verdächtig unverdächtig«, bemerkte der Kommandant. »Es steht uns frei, den Notruf zu ignorieren.«
»Das werden wir nicht tun«, widersprach Arun Joschannan. »Ich werde niemandem, der Hilfe braucht, diese aus Furcht verweigern. Zumal wir wissen, dass dieser Sektor von LFT-Handelsraumschiffen angeflogen wird. Erst weiter im Süden würde ich das nicht mehr ohne Weiteres voraussetzen. – Was ist mit dem Funkempfang?«
»Unverändert. Die Sendung wird in einer Endlosschleife wiederholt. Möglicherweise stammt ein Teil der Verstümmelung schon aus dem Sendevorgang selbst.«
»Also gibt es schwere Schäden an der WELLS FARGO ...«, vermutete der Funker. »Wir wissen nicht, mit welchen Mitteln sich die Frachter zur Wehr setzen können.«
»Der Sender steht in rund siebenundzwanzig Lichtjahren Distanz!«, kam es von der Ortung. »Die Auswertung ist bis auf plus/minus wenige Lichtwochen genau.«
»Sehen wir nach, was dort vor sich geht?«, fragte Pateng. »Zugegeben, ein Risiko besteht. Aber wir sind zur Hilfeleistung verpflichtet.«
»Darüber gibt es keine Diskussion«, bestätigte Joschannan.
»Keine?« Der Kommandant machte eine abwehrende Geste. »Ich sehe das anders. Die Liga kann es
Weitere Kostenlose Bücher